105 - Der Leichenfledderer
andere Ende um den Sattelknauf. Er stieß einen Triumphschrei aus und preschte an dem Krieger vorbei.
Dieser versuchte vergeblich, nach dem Skalpmesser zu greifen, um die Schlinge zu durchtrennen. Das Seil ruckte scharf an, und der Krieger wurde durch das Geröll des ausgetrockneten Flußbetts geschleudert.
Baxter gab seinem Pferd die Sporen. In den hellen Klang der trommelnden Hufe mischte sich der gellende Schrei des Kriegers.
Baxter hielt erst an, als er mitten im Flußbett die beiden letzten Mohaves erblickte, die den Schamanen mit ihren Körpern deckten.
„Jetzt bist du dran, Hexenmeister! “ preßte Baxter knirschend hervor.
Als hätte er gewußt daß der Schamane sein Pferd beeinflussen würde, sprang er rechtzeitig aus dem Sattel. Der Pumaschrei, den der Alte nachahmte, wirkte so echt, daß es Baxter eiskalt den Rücken hinunterlief. Das Pferd hatte Schaum vorm Maul. Sein Wiehern gellte durch den Canyon.
Baxter nahm eine schattenhafte Bewegung wahr. Von allen Seiten kamen auf einmal Leguane und Packratten herangesprungen. Trotz der höllischen Hitze liefen mehrere Kojoten durch die Schlucht. Baxter sah die leuchtenden Augen des Alten. Sie drückten grenzenlose Überlegenheit aus. Baxter wollte schießen, doch eine unsichtbare Kraft hielt ihn davon ab.
Der erdgraue Körper eines Chuckwalla-Leguans tauchte auf.
Das Winseln, Zischen und Scharren der Tiere wurde lauter. Es war unbeschreiblich, wie viele Kreaturen auf einmal das Flußbett bevölkerten.
Baxter wich zurück. Er stolperte über den toten Indianer, der mit dem Gesicht zum Boden dalag.
Die Schlinge hatte sich vom Sattelknauf des davonjagenden Pferdes gelöst.
Baxter war kreidebleich. Er raffte sich auf und wollte weglaufen.
,.Das ist doch Wahnsinn!" hörte er sich schreien, und ihm war, als würde jemand anderer aus ihm sprechen.
Ein paar zierliche Känguruh-Ratten hüpften an ihm vorbei. Fast hätte er das Zischen der Sidewinder-Klapperschlange überhört. Schweißtropfen perlten unter seinem Haaransatz hervor. Er sah das gesprenkelte Reptil vorschnellen. Fast gleichzeitig feuerte er. Er jagte einen zweiten Schuß aus seinem 44er und sprang zurück. Die Schlange hatte keinen Kopf mehr. Der geschuppte Leib wand sich unter einem Mesquite-Busch.
Mit dem Peitschen des Schusses verstummte das schauerliche Heulen des Schamanen. Er sank in die Hocke und stieß die beiden Krieger von sich. Sie warfen ihm einen verständnislosen Blick zu. „Worauf wartet ihr noch?" schrie Baxter und winkte mit dem Colt.
Die anderen ritten den Abhang hinunter. Sie mußten einzeln kommen, denn der Felsenpfad bot höchstens Platz für einen Reiter.
„Das sind die letzten", keuchte Baxter.
Die beiden Mohaves stießen den gellenden Kriegsschrei ihres Stammes aus. Sie sprangen nach links, wo ein paar Felsen eine natürliche Brücke zur Steilwand bildeten. Sie wollten über den Schluchtrand des Blue Creek entkommen.
Baxter feuerte die restlichen Kugeln hinter den Kriegern her. Sie liefen im Zick-Zack. Er sah, wie dicht neben ihren Füßen Felssplitter hochflogen. Staubwölkchen verwehten, doch er traf sie nicht. Der Schamane saß wie eine Statue in der Mitte des Flußbetts.
Die aufgescheuchten Tiere verkrochen sich wieder in ihre Löcher.
Baxter hatte das Gefühl, der Schamane hatte endgültig mit dem Leben abgeschlossen. Doch weshalb grinste der Alte so überheblich? Hatte er denn gar keine Angst vor dem Tod?
Die bewaffnete Meute legte an. Sie ließen die Mohaves bis an den Rand des Steilhangs kommen, dann schossen sie. Das Stakkato der Schüsse war unbeschreiblich. Baxter sah, wie die beiden Krieger von den Treffern hin- und hergerissen wurden. Dann krachten sie schwer auf den Felsboden. Tödliche Stille breitete sich aus. Am flammend-blauen Himmel kreiste ein Truthahn-Geier.
Als sie auf den Schamanen anlegten, hob Baxter eine Hand. Eine innere Stimme verlangte von ihm, die anderen am Schießen zu hindern.
„Laßt ihn! Vielleicht verrät er uns, wo er das Gold der Rothäute versteckt hat."
„Das glaubst du doch selbst nicht, Baxter."
Der Sheriff steckte den Colt in die Halfter zurück. Seine Bewegungen wirkten eckig und gezwungen. Er konnte den Blick nicht mehr vom Schamanen abwenden.
„Schafft ihn zum Plateau rauf! Dort ist es am heißesten."
Ein paar Männer lachten gehässig. Sie ahnten, was der Sheriff vorhatte.
Captain Benson lachte kindisch, als sie den Alten packten und wegzerrten. Er wollte sein Pferd dazwischentreiben, doch die anderen
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