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1050 - Die Nymphe und das Monster

1050 - Die Nymphe und das Monster

Titel: 1050 - Die Nymphe und das Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wußte er, daß dies eine Superschwere Aufgabe war, an der er möglicherweise verzweifelte.
    Der Wind brachte wie so oft einen bestimmten Geruch mit. Der Fluß Tywi und dessen sumpfige Ufer waren zu Fuß gut zu erreichen. Sie lagen recht nah, und der Geruch dieser Umgebung hatte sich festgesetzt. Er vermischte sich mit dem des alten Mauerwerks der Kirche, zwischen dessen alten Steinen das feuchte Moos eine feste Schicht gebildet hatte. Wilde Efeuranken glitten zudem an der Mauer hoch, und der Pfarrer mußte sie des öfteren schneiden, besonders im Bereich des Eingangs. Sonst wäre kaum jemand normal in die Kirche hineingelangt.
    Auch der Teich roch. Fäulnis. Abgestorbene Zweige und Blätter, die der Wind in das Wasser hineingeweht hatte oder die von den Zweigen der Trauerweiden gefallen waren und wie leichte Boote auf der Oberfläche schwammen.
    Carmacho seufzte. Er dachte daran, daß er schon ziemlich lange Pfarrer in Llangain war, doch eines stand fest. Er würde niemals ein Einheimischer werden. Man akzeptierte ihn, aber man ließ ihn nicht am normalen Leben teilhaben.
    Da waren die Waliser eisern, denn sie hatten ihre bestimmten Regeln.
    Nur einmal, es lag noch nicht lange zurück, da hatte er eine junge Frau kennengelernt, die ihn schon immer hatte besuchen wollen.
    Sie war die Tochter eines anglikanischen Kollegen gewesen, den er noch aus seinen jungen Jahren kannte. Leider war der Kollege gestorben. Das hatte im Grace Felder noch sagen müssen.
    Allerdings hatte sie sich nicht darüber ausgelassen, wie er gestorben war. Um diesen Tod rankte sich schon ein Geheimnis.
    Carmacho war so taktvoll gewesen und hatte nicht nachgefragt.
    Grace hatte einige Tage bei ihm gewohnt und auch einiges über die Bewohner in Erfahrung bringen wollen. Sie interessierte sich eben für die Geschichte des Landes und dessen Geschichten.
    Noch heute wunderte sich der Pfarrer darüber, wie vertrauensvoll er der jungen Frau begegnet war. Er hatte ihr von seinen Schwierigkeiten berichtet und auch seinen Problemen, die er mit dem Aberglauben der Menschen hatte. Da hatte Grace aufmerksam zugehört und anscheinend jedes Wort genau gespeichert.
    Er lächelte über sich selbst, weil er gerade jetzt an die Worte der jungen Frau denken mußte. Aber Gedanken kann man nicht lenken, das war ihm auch klar.
    Die Außenseite des Portals hatte ebenfalls Wind und Wetter standhalten müssen. Das dicke Holz schimmerte dunkel. Der Pfarrer wußte genau, daß es nicht so stabil war, wie es aussah. Es war weich geworden. Eigentlich hätte die Kirche ein neues Portal haben müssen. Dafür allerdings fehlten die finanziellen Mittel.
    Er öffnete das Portal. Der schwere Griff lag kalt unter seiner Handfläche, denn auf Handschuhe hatte der Geistliche verzichtet.
    Er lauschte den Geräuschen der alten Angeln, die sich darüber beschwerten, bewegt zu werden.
    Er ging in die Kirche hinein. Nur zwei Schritte weit. Dann blieb er neben dem Taufbecken stehen, lauschte, als die Tür ins Schloß fiel und schüttelte über sich selbst den Kopf. Gerade jetzt kam ihm wieder die Begegnung mit der alten Madge in den Sinn. Natürlich dachte er daran, was sie gesagt hatte.
    Das Blut auf dem Altar. Eine Kirche, in der es nach Blut riecht.
    All diese schaurigen Worte, die für ihn wie eine Warnung gewesen waren, und die ihm jetzt wieder hochkamen.
    Warum? Warum schnüffle ich? Warum versuche ich, das Blut zu riechen? Es ist doch Unsinn.
    Er wollte es sich mit Gewalt einreden. Nur war das nicht zu schaffen. Wenn er ehrlich gegen sich selbst war, dann hatte auch er schon den ungewöhnlichen Geruch nahe des Altars wahrgenommen. Ein Gestank, der so gar nicht in die Kirche hineinpaßte und auch nichts mit der feuchten Umgebung zu tun hatte.
    Der rot glühende Punkt des Ewigen Lichts nahe des Altars schien in der Luft zu schweben. Der Pfarrer wußte genau, daß dieses Licht auf einem Sockel stand. Der jedoch war, wie auch die meisten Gegenstände innerhalb des dunkelgrauen Lichts, verschwunden.
    Nein, dieses Dunkelgrau war kein Licht. Es waren Schatten, die aus irgendwelchen Untiefen hervorgekrochen waren und nun diese fremde Umgebung für sich beansprucht hatten. Sie waren eigentlich immer da. Am Tag ebenso wie in der Nacht. Da allerdings stärker.
    Es war kalt in der Kirche. Nicht nur fußkalt. Eine Heizung gab es nicht. Hinzu kam der Geruch nach Kerzenwachs und dunklen Dochten, um die einmal Flammen getanzt hatten. Die Kälte schien diesen Geruch noch stärker aktiviert zu

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