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1050 - Die Nymphe und das Monster

1050 - Die Nymphe und das Monster

Titel: 1050 - Die Nymphe und das Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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entdecken, was mir leider nicht gelang. Das Wasser war einfach zu dunkel und wurde von den noch immer über die Oberfläche hinweggleitenden Wellen verschoben. Selbst eine ufernahe Sicht auf den Grund des Teichs war für uns beide unmöglich. Wir sahen nur diese schlammige Schwärze.
    In der Mitte des Wassers beruhigten sich die Wellen wieder und liefen aus. Was immer dort unten auch mit dem Pfarrer passierte, es war nicht so wild, daß es das Wasser des Teichs aufgewühlt hätte.
    Es mußte sich in Grenzen halten.
    Aber es passierte etwas, da war ich mir sicher. Und ich wußte auch, daß ich den Teich nicht so schnell aus den Augen lassen würde, auch wenn ich festfrieren sollte.
    Grace Felder, die eingepackt und trotzdem leicht zitternd neben mir wartete, wollte wissen, ob ich mich entschieden hatte.
    »Ja, Grace, ich werde warten.«
    »Und zu einer Statue aus Eis werden.«
    »Dann mache ich mir eben warme Gedanken.«
    »Schön, daß du noch scherzen kannst.«
    »Willst du gehen?«
    »Im Prinzip nicht. Ich kann dich ja nicht allein lassen. Aber ich möchte mich nur bewegen. Das soll ja eine gute Partie gegen Eisfüße sein, habe ich mir sagen lassen.«
    »Tu das.«
    Grace Felder wartete noch einen Augenblick, hob dann die Schultern und drehte sich um. Sie ging weg, aber nicht weit, dann hörte ich ihre heftig ausgestoßenen Worte.
    »Das kann doch nicht wahr sein. Du…?«
    Ich drehte mich um.
    Viel sah ich nicht. Die tiefhängenden, starren Zweige hinderten mich daran. Auch die Gestalt meiner Begleiterin nahm mir die Sicht. Grace schaute dabei in eine bestimmte Richtung.
    Ich löste mich von meinem Fleck. Diesmal war ich es, der auf sie zuging. Noch standen wir fast unter diesen traurigen Bäumen, aber wir sahen jetzt, daß wir Besuch bekommen hatten.
    Es war zwar düster, trotzdem war zu erkennen, daß vor uns eine alten Frau stand.
    Die Worte lösten sich leise von Grace Felders Lippen. »Hallo, Madge…«
    ***
    Das also war sie. Das war die alte Madge, die auch die Kräuterhexe von Llangain genannt wurde. Mochte der Himmel oder der Teufel wissen, wie sie den Weg zu uns gefunden und woher sie überhaupt gewußt hatte, daß wir im Ort waren. Jedenfalls war sie da und schaute uns an, wobei sich ihr Gesicht nicht bewegte.
    Grace Felder hatte ihre Überraschung verdaut und sprach die alte Frau direkt an. »Abgesehen davon, daß du mich erschreckt hast, Madge, aber wo kommst du jetzt her?«
    »Ich wußte eben Bescheid.«
    »Auch darüber, daß ich wieder nach Llangain zurückgekehrt bin?«
    »Ja.«
    »Woher?«
    »Laß es gut sein. Ich habe auf dich gewartet. Nachdem wir miteinander gesprochen hatten, konnte einfach nichts anderes passieren. Ist das für dich akzeptabel?«
    »Es muß ja wohl.«
    »Und wer ist der Mann, der dich begleitet? Ist es der, von dem du gesprochen hast?«
    »Ja, John Sinclair.« Sie flüsterte mir zu. »Wir haben über dich geredet.«
    »Ist nicht einmal überraschend.«
    Madge bewegte sich. Sie winkte uns dabei zu. »Meine Augen sind nicht eben die besten. Könnt ihr etwas näher zu mir kommen? Das wäre sehr gut.«
    »Klar doch.« Grace machte den Anfang. Ich folgte ihr etwas langsamer und schaute mir dabei die alte Frau genauer an. Sie war recht klein, wirkte aber durchaus kompakt. Es konnte auch an dem dicken Mantel liegen, der ihr bis zu den Stiefeln reichte. Sie hatte sich regelrecht darin eingewickelt und sich auch auf eine Stola verlassen, die sie um ihre Schulter gehängt und um den Kopf geschlungen hatte, wo sie wie ein Tuch wirkte.
    Von ihrem Gesicht war nicht viel zu sehen. Innerhalb des Schalausschnitts wirkte es schmal und auch blaß. Die Kälte hatte auf ihrer Haut ebenfalls Spuren hinterlassen. Trotzdem war ihr das Alter anzusehen, denn die zahlreichen Furchen hatten sich wie die Jahresringe der Bäume in das Gesicht eingegraben. Die Lippen waren kaum zu sehen, nur mehr blasse Striche.
    Ihr Alter war schwer zu schätzen. Jenseits der Siebzig lag es bestimmt. Aber die Augen waren noch wach und wirkten wie die eines jungen Menschen. Abwechselnd schaute sie uns an. Immer wenn sie den Blick wechselte, kam es zumindest mir so vor, als schimmerte auf ihren Pupillen ein dünner Eisfilm.
    Durch ihre Gestalt ging ein Ruck, bevor sie mir die Hand entgegenstreckte. Sie steckte in einem Vollhandschuh. »Ich bin Madge«, sagte sie, als ich ihre Hand umfaßt hatte und den sehr festen Händedruck spürte, als wollte sie etwas bestimmtes damit ausdrücken. »Ich freue mich, dich zu sehen,

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