1051 - Als Verfluchte grüßen...
weißt du über ihn?« Suko ließ nicht locker.
»Nichts, gar nichts. Ich habe ihn nur ab und zu hier gesehen. Er gehörte nicht zu uns, wenn ihr versteht. Er war weiß, er war Europäer, er war ein anderer Mensch. Aber wir sind tolerant und haben ihn akzeptiert.«
»Sehr gut!« lobte Suko den Mann. »Auch deshalb vielleicht, weil er sich in der Geschichte so gut auskannte?«
»Wieso?«
»Als wir zuletzt mit ihm telefonierten, berichtete er uns davon, daß er sich mit der Geschichte der Stadt Karthago auseinandersetzt. Er möchte viel darüber erfahren. Er hat sich schon immer für das Volk der Phönizier interessiert. Für ihre Lebensweise und auch für ihre Kultstätten und Religion, in der ja bekanntlich der Götze Baal eine große Rolle spielte.«
»Davon weiß ich nichts. Ich bin ein Moslem. Ich habe meinen Allah als Gott und…«
»Ist auch klar und verständlich, aber Karthago lag im heutigen Tunesien. William sprach auch von interessanten Ausgrabungen. Er ist ja dort gewesen. Hat er euch das hier nicht erzählt?«
»Ich kann mich nicht erinnern.«
»Schade.«
»Außerdem habe ich zu tun.« Das stimmte, denn an mehreren Tischen wurde bestellt.
Wenig später war er außer Hörweite, so konnten Suko und ich uns unterhalten. »Was meinst du, John? Habe ich durch meine Fragen schlafende Hunde geweckt?«
»Das hoffe ich.«
»Aber er hat nichts gesagt.«
»Das kann sich ändern.« Ich hatte mich etwas gedreht, damit ich in das Lokal hineinschauen konnte.
Achmed servierte zwar. Er beugte sich dabei tief zu seinen Gästen herab. Es sollte eben nicht auffallen, daß er ihnen etwas zuflüsterte.
Die anderen Männer trugen derart unbeteiligte Gesichter zur Schau, daß es schon auffiel.
»Die kochen da eine gemeinsame Suppe« flüsterte ich Suko zu.
»Kann sein, daß wir einen kleinen Brand gelegt haben.«
»Hoffentlich.«
Wir warteten ab, bis Achmed wieder an seinen Platz zurückgekehrt war. Er lächelte jetzt schmal. Anscheinend hatte ihm jemand irgendwelche Instruktionen gegeben. Er legte seine Hände auf den Tresen und nickte Suko zu.
»Gibt es etwas Neues?«
»Nicht direkt. Man hat mich nur gefragt, wer ihr seid. Ich habe die richtige Antwort gegeben und erzählt, daß ihr mit William Hurt befreundet gewesen seid.«
»Das stimmt auch.«
»Er war tatsächlich an einer alten Kultur interessiert, wie ich mir habe sagen lassen.«
»Wunderbar. Das sind wir auch in gewisser Hinsicht«, antwortete Suko.
Achmed grinste schmal. »Das hatte ich mir schon gedacht.«
»Und nun?«
»Man will mit euch sprechen.«
»Wer?«
»Wir nennen ihn den Sultan.«
Beide verbissen wir uns das Lachen. »Wie ungewöhnlich«, sagte Suko nur. »Wer ist denn der Sultan?«
»Er ist unser Ratgeber. Er ist der Mann, bei dem wir unsere Sorgen und Probleme abladen können.«
»Sitzt er hinter uns?«
»Nein, aber er ist in der Nähe. Er hat erfahren, über was wir uns unterhalten haben und möchte mit euch sprechen.«
»Ah – wir sind abgehört worden.«
Achmed ging nicht darauf ein. »Es wird gleich jemand hier erscheinen, der euch zu ihm geleitet.«
»Danke.«
Der Mann hinter der Theke hob nur seine Augenbrauen an. Eine Geste, die einiges im Unklaren ließ. Es konnte durchaus auch gefährlich für uns werden, da waren wir sicher, denn auf unserer Seite stand keiner der Männer hier. Sollte Hurt tatsächlich auf dieses brandheiße Eisen der Kindesentführung gestoßen sein, dann kannten diejenigen, die damit zu tun hatten, keine Rücksicht.
Hinter uns und sehr nah hörten wir die Schritte. Wir drehten uns langsam um.
Ein Berg von Mann stand vor uns. Einer, der in eine türkische Ringerschule gepaßt hätte. Oder in einen Action-Film. Kompakt, muskulös, glatzköpfig, vollbärtig. Eingezwängt in einen schwarzen Anzug, unter dessen Jackett er einen dunkelgrauen Pullover trug.
»Und?« fragte Suko.
»Der Sultan will euch sehen.«
»Wir ihn auch.«
»Dann kommt mit!« Er klang wie ein Befehl, den wir auch befolgten. Ich zumindest mit einem sehr unguten Gefühl…
***
Wir hatten das Lokal nicht zu verlassen brauchen, denn der Sultan residierte noch in der Oase. Wir waren den Weg nach hinten und dann zur Seite gegangen. Durch einen düsteren Flur, in dem es nach Toilette roch, um es einmal vornehm auszudrücken, und waren schließlich vor einer Tür stehengeblieben, an die der Leibwächter in einem bestimmten Rhythmus klopfte, einige Sekunden abwartete, die Tür dann öffnete und sich hinter uns stellte, um uns
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