1055 - Vampire, Karina und wir
Treppe hoch und wandte sich in der ersten Etage sofort der Zimmertür zu.
Licht machen. Stehenbleiben. Der Blick durch den ersten Raum.
Nachschauen, ob sich etwas verändert hatte und wenn es nur Kleinigkeiten waren.
Nein, da hatte sich nichts getan. Niemand schien in ihrer Abwesenheit die Wohnung betreten zu haben, denn auch in den anderen Räumen sah sie nichts.
Karina stellte die Einkaufstüten zur Seite und ging in das Bad. Es war hell und freundlich gekachelt und besaß sogar ein kleines Fenster. Sie öffnete es, schaute in den Park, entdeckte einen der Aufpasser neben einem Baum, der in sein Handy sprach, nickte, und zog sich wieder zurück.
Mit diesen Wächtern mußten auch John und Suko rechnen, wenn sie eintrafen. Das brauchte man ihnen nicht erst groß zu sagen. Sie kannten sich aus, denn sie waren ebenfalls Profis.
Karina wusch ihre Hände und ging wieder zurück in den großen Wohnraum. Die Zeit roch nach Feierabend. Das galt für normale Menschen bei ihrer normalen Arbeit und nicht für Karina. Sie wußte genau, daß es weitergehen würde. Für sie war an Feierabend nicht zu denken. Das Schlimme lag noch vor ihr.
Die Vorstellung, mit Vampiren unter einem Dach zu leben, auch wenn sie die Untoten noch nicht gesehen hatte, machte ihr Angst.
Bei ihnen nutzten auch die beiden Revolver nichts, die sie trug.
Vampire mußten mit anderen Waffen bekämpft werden, und sie wünschte sich so etwas wie einen vorn zugespitzten Eichenpflock, den sie den Blutsaugern in die Brust rammen konnte.
Nur keine Furcht zeigen. Sich so normal wie möglich bewegen.
Das hatte sie sich vorgenommen. Karina rechnete damit, überwacht zu werden, auch wenn sie den Beweis dafür noch nicht gefunden hatte.
Was tue ich sonst um diese Zeit? dachte sie. Essen und trinken.
Das wollte sie auch jetzt machen. Sie öffnete den Kühlschrank und schaute nach, was er ihr noch bot.
Einige Fertiggerichte der italienischen Art. Kein frisches Gemüse, ein paar Tomaten noch.
Die mußten reichen.
In der Küche bereitete sich die Frau das Essen zu. Sie viertelte die Tomaten und entschied sich noch für zwei Scheiben Knäckebrot.
Salz und Pfeffer nahm sie ebenfalls mit in ihrem Wohnraum. Dort ließ sie sich nieder, schaltete die Glotze ein, stellte den Ton leise, schaute zu und aß zugleich.
Die Tomaten schmeckten ihr nicht besonders, stillten aber den ersten Hunger. Zwischendurch glitt ihr Blick immer wieder vom Bildschirm weg auf das Fenster zu. Sie konnte nach draußen in den Park blicken, der bereits von den ersten Schatten der Dämmerung erreicht wurde.
Es war ein Zwielicht entstanden, das alle festen Konturen ineinander verschwimmen ließ.
Das letzte Stück Tomate war in ihrem Mund verschwunden, als ziemlich forsch an die Tür geklopft wurde.
Sofort war sie gespannt.
Der Ankömmling wartete ihre Antwort nicht ab. Er stieß die Tür auf und stand im Zimmer.
Es war Franco!
Karina bemühte sich, gelassen zu wirken, denn Franco war es nicht. Er kam ihr plötzlich vor wie der Scherge eines Henkers, der den Verurteilten zur Hinrichtung abholen wollte.
Karina riß sich zusammen. Nur nichts tun, was verdächtig machte. Gelassen leckte sie noch ihre Finger von Tomatensaft ab. Dann erst sprach sie Franco an.
»Was willst du?«
»Mit dir reden.«
»Wie schön. Ich will aber nicht mit dir reden. Ich habe frei bekommen und möchte meine Ruhe haben.«
Er schüttelte den Kopf und kam dabei näher. »Das zählt nicht, Süße.«
»Wer sagt das?«
»Hast du schlechte Ohren? Ich.«
»Hau ab.«
»Nein!« Er drehte sich mit einer geschmeidigen Bewegung herum und nahm Karina gegenüber Platz. Ein mehr langer als breiter Tisch trennte die beiden noch.
»Wo bist du gewesen?« fragte er.
Sie lachte ihn an. »Sag mal, bin ich dir Rechenschaft schuldig?«
»Mir wohl nicht. Aber Logan.«
Sie schaute in sein flaches Gesicht und auch auf die dunklen, fischartigen Augen. »Er hat mir frei gegeben, und diese Zeit habe ich genossen.«
»Er will aber wissen, wo du gewesen bist.«
»Kann er mich das nicht selbst fragen?«
»Logan ist beschäftigt.«
»Wenn das so ist…«
»Ja, es ist so. Also, wo hast du dich herumgetrieben?«
»In der City.«
»Was hast du gemacht?«
»Eingekauft.« Sie deutete auf die beiden Tüten, die nahe des anderen Sessels standen. »Du kannst hineinschauen. Ist das okay?«
Franco glotzte sie noch einen Moment starr an, bevor er den Arm nach den Tüten ausstreckte. Er zog sie beide an sich und schaute nicht nur
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