1056 - Blutsauger Costello
einfach nicht gefallen, denn es war eine bedrückende Ruhe. Eine Vampirstille, wie ich sie aus alten Gruften her kannte, in dem sich die Blutsauger oft versteckt hielten. Meine Nase war empfindlich geworden, und so nahm ich auch den alten und typischen Geruch dieser Blutsauger auf.
»Die Luft ist rein!« meldete Karina.
»Dann los.«
Es dauerte nur Sekunden, dann standen wir in dem von Karina erwähnten Flur.
Er war dunkel und leer. Aber nicht so finster wie das Treppenhaus, durch das wir gegangen waren.
Man konnte schon etwas erkennen. Ein offener Durchgang führte in den nächsten stillen Raum.
Ich deutete nach vorn, als ich neben Karina stand. »Liegt dahinter Costellos Arbeitszimmer?«
»Ja.«
»Es ist nichts zu hören.«
»Schlafen wird er bestimmt nicht.«
»Wenn ja«, sagte ich, »ist es ein anderer Schlaf. Einer, aus dem er als Seelenloser erwachen wird.«
»Meinst du?«
»Ich kenne Mallmanns Pläne nicht. Doch um sein Ziel zu erreichen, nimmt er auf nichts Rücksicht und hält sich auch nicht an irgendwelche Absprachen.«
Karina gab keine Antwort. Sie kannte Mallmann nicht und mußte mir deshalb glauben. Wir gingen im Dunkeln auf das große Zimmer des Logan Costello zu.
Ich hatte im Laufe der Zeit schon mehrere seiner Häuser kennengelernt und wußte, daß der Mafioso es protzig, großräumig und immer irgendwie übertrieben liebte. Er brauchte Platz. Er hatte früher oft genug Empfänge gegeben, und es waren auch die entsprechenden Leute erschienen, denn Costello hatte sich stets als Mitglied der Gesellschaft gefühlt. Da hatte er eben Platz gebraucht und auch jetzt nicht darauf verzichtet, obwohl die Zeiten des Feierns bei ihm vorbei waren. Er lud nicht mehr ein, weil er sich den anderen Menschen gegenüber stets als Behinderter fühlte.
Das hatten wir zwar nicht von ihm gehört, aber es war bis an unsere Ohren gedrungen.
Nach einem kurzen Weg erreichten wir das große Zimmer, das ebenfalls im Dunkeln lag. Allerdings hoben sich die Fensterscheiben schon ab. Sie wirkten auf mich wie ein luftiges Gemälde.
Karina hatte mitbekommen, daß ich sie anschaute. »Panzerglas«, sagte sie. »Das schlagen wir nicht ein.«
Schon beim Eintreten hatte ich gewußt, daß wir Logan Costello hier nicht finden würden. Ich brauchte mich erst gar nicht groß umzuschauen, er war nicht da.
Auch Suko war der Meinung und bekundete sie mit einem leisen Lachen. »Der ist uns zuvorgekommen, John.«
Ich war in der Nähe des Schreibtisches stehengeblieben. Es fehlte der Rollstuhl. »Freiwillig?«
»Das überlasse ich dir. Es gibt ein sowohl als ein als auch.«
Ich hatte meinen Platz nicht verlassen. Suko und Karina standen in der Nähe des breiten Fensters.
Allerdings räumlich voneinander getrennt. Beide schauten in den Garten und auch in den dunklen Raum hinein. Vielleicht sahen sie meine Bewegung, als ich in die Tasche griff und meine kleine Leuchte hervorholte. Ich wollte nach Spuren suchen. Costello hatte sich bestimmt nicht in Luft aufgelöst.
Auf dem Teppich malten sich noch die Abdrücke der Rollstuhlreifen ab. Nicht nur in der Nähe des Schreibtisches. Als ich den Strahl über den Boden hinwegwandern ließ, da sah ich sie weiter entfernt wie eine Spur. Als hätte jemand ein Gleis in den Teppich gedrückt. Und dieses »Gleis« führte nicht nur gerade weiter, es schwenkte nach links ab, zur Tür hin, die in das breite Fenster integriert war und nach draußen ging.
Karina und Suko hatten den Weg des Lampenstrahls ebenfalls verfolgt. »Er ist im Park«, sagte die Russin. »Verflixt, da muß er einfach sein.«
Ich gab ihr recht und löschte das Licht, um nicht vom hellen Schein abgelenkt zu werden. Auf leisen Sohlen ging ich zu den beiden und schaute ebenfalls hinaus.
So angenehm es bisher gewesen war, im Dunkeln agieren zu können, so unangenehm war die andere Seite. Auch im Park leuchteten die Lampen nicht mehr. Das gesamte Gelände versteckte sich unter dem Mantel der Nacht. Da brauchte sich nicht einmal jemand hinter einen Baum oder einen Busch zu stellen, er konnte auch als frei stehende Person innerhalb dieses Hintergrunds nicht gesehen werden.
»Stellt sich die Frage«, sagte Suko leise, »ob er freiwillig nach draußen gefahren ist oder nicht.«
»Eine Flucht?« meinte Karina.
»Vor wem? Die Vampire stehen doch auf seiner Seite.«
So überzeugt wie Suko war ich davon nicht. »Das würde ich nicht unterschreiben. Ich kann es nicht beweisen, rein gefühlsmäßig scheint sich hier einiges
Weitere Kostenlose Bücher