1056 - Blutsauger Costello
mich daran, daß es gefehlt hatte.
Und mit diesem Messer hatte der Mann bereits zugestoßen. Er hätte Karina auch getroffen, wenn diese nicht so rasend schnell reagiert hätte.
Sie hatte sich zurückgeworfen, ihren linken Arm hochgerissen und den Stoß mit dem Messer abgefangen. Allerdings hatte sie den Mann nicht zurückwuchten können. Sein Gewicht zerrte sie nach hinten, sie fiel - und landete quer auf dem Bett.
Geschossen hatte sie nicht, obwohl die Chance durchaus vorhanden gewesen war.
Jetzt lag sie auf dem Rücken, sah über sich das verzerrte Gesicht, aber kein Vampirgesicht. Deshalb hatte sie nicht abgedrückt. Sie zog ihre Beine an und stieß die Knie in den Unterleib des Mannes.
Er wurde zurückgetrieben. Karina ließ sein Gelenk nicht los. Sie bewies, daß sie in ihrer Zunft wirklich eine der besten Nahkämpferinnen war. Auf dem Rücken liegend, gelang es ihr, die Messerhand des Mannes so zur Seite zu drehen, daß er vor Schmerz aufschrie. Er mußte die Stichwaffe einfach fallen lassen, wollte er keinen Armbruch riskieren.
Und er ließ das Messer fallen.
Es landete auf dem Bett. Karina rollte sich zur Seite, auch über die Waffe hinweg und lag so dicht bei dem Mann, daß sie ihm die Mündung der Waffe zwischen Unterlippe und Kinn drücken konnte.
»Eine Bewegung, und ich schieße dich in die Ewigkeit!«
Sie tastete ihn mit der freien Hand routiniert und schnell ab, ohne eine andere Waffe zu finden. Der Mann hatte sich nur auf das Messer verlassen.
Sein Kopf war hochrot angelaufen. Er stöhnte auf, als Karina ihn losließ.
Ich stand jetzt an ihrer Seite. Sie hatte sich ebenfalls hingestellt und schüttelte den Kopf. »Das ist kein Vampir. Der hat einfach Angst gehabt.«
»Kennst du ihn?«
»Ja. Er heißt Ricco und spielt hier den Koch.«
»Kann er denn kochen?«
»Recht gut sogar.«
Ich schaute mir Ricco genauer an. Er war um die 30 und ziemlich gut gebaut. Ein Fall für das Fitneßcenter. Da hätte er aus Speck Muskeln machen können. Das dunkle Haar wuchs auf seinem Kopf in unzähligen Locken. In dem runden Gesicht stand der Mund halb offen. Er flüsterte Worte in seiner Heimatsprache. Die Angst war ihm deutlich anzusehen. Ich mußte beruhigend auf ihn einsprechen und ihm erklären, daß wir keine Vampire waren.
»Außerdem kennst du mich«, sagte Karina.
»Ja… ja… aber man kann keinem mehr trauen. Das habe ich alles gesehen. Es war schrecklich.«
»Erzähle uns das in der Küche - ja?«
Er deutete ein Nicken an.
Ich zog ihn vom Bett hoch und, mußte ihn noch auf die Füße stellen. Er rieb seinen malträtierten Arm und flüsterte immer wieder, daß er in diesem Horror-Haus nicht bleiben würde.
»Das brauchen Sie auch nicht«, sagte ich, ließ aber offen, wie ich es genau meinte…
***
Auch Suko hatte sich in der Küche eingefunden und von seiner ergebnislosen Suche berichtet. Gemeinsam stellten wir fest, daß Costellos Haus jetzt wohl vampirleer war.
Das konnte Ricco noch immer nicht nachvollziehen. Er mußte erst wieder zu sich finden und sich erholen. Dabei sollte ihm der Grappa helfen, den er aus einem Schrank geholt hatte. Er trank ihn aus einem Wasserglas. Nach zweimaligem Leeren wollte er wieder nachgießen, doch ich legte ihm eine Hand auf den Arm.
»Wenn Sie sich betrinken wollen, können Sie das später gern tun, aber nicht jetzt.«
»Sie haben gut reden. Sie wissen ja nicht, was hier alles abgelaufen ist.«
»Das sollen Sie uns ja erzählen.«
Er brauchte mehrere Anläufe, um endlich zum Thema zu finden. Dann hörten wir zu und erfuhren, daß die drei Vampire schrecklich aufgeräumt hatten. Sie waren über die Menschen hergefallen wie Wölfe über eine Schafherde. Sie hatten ihnen keine Chance gelassen, ihr Blut getrunken, um sie danach wegzuschaffen.
»Wohin?« fragte Suko.
»Das konnte ich nicht sehen.«
»Sie wissen gar nichts?«
»Doch, doch«, gab er zu. »Nach draußen. Ja, sie wurden nach draußen geschleppt. Das habe ich nicht mitbekommen. Da hatte ich mich bereits im Schrank versteckt.«
»In dem Sie auch geblieben sind.«
Er nickte Suko zu. »Ich habe es nur noch geschafft, mir ein Messer zu schnappen, das war alles. Schließlich muß man sich ja verteidigen können. Ich hätte versucht, ihnen die Kehlen durchzuschneiden…«
Karina lachte in seine Worte hinein. »Klar, Ricco, das hättest du ja beinahe geschafft.«
Er senkte den Kopf und starrte zu Boden. »Ich bin doch nur der Koch«, flüsterte er. »Mit allem anderen habe ich nichts zu
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