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1059 - Der Scharfrichter

1059 - Der Scharfrichter

Titel: 1059 - Der Scharfrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Sie roch auch. Nicht nach Frühling, Blüte und neuem Leben aus der Natur. Nein, hier umwehte mich der Geruch einer allmählich dahinfaulenden Natur, die sich hier ohne Einwirkung des Menschen ein Biotop erschaffen hatte.
    Ich suchte die Hütte, die es ja geben mußte. Bisher hatten mir die Weiden den Blick genommen. Sie hingen einfach zu tief nach unten.
    Was in ihrer Nähe stand, war nicht zu sehen. Dazu mußte ich dichter an sie herankommen. Das Wasser sah ich schon. Auf der Oberfläche des Weihers malten sich die Umrisse der Weiden ab, als hätte ein Maler rasch mit einem Pinsel darüber hinweggestrichen.
    Dann sah ich auch die Hütte. Sie stand rechts von mir, bewacht von zwei Bäumen. Ich hätte schon ein Stück um den Weiher herumgehen müssen, um sie zu erreichen.
    Das tat ich nicht. Vorläufig nicht. Ich blieb stehen, weil mich ein bestimmter Geruch irritiert hatte. Er war nur hier vorhanden, und das in der Nähe des Wassers. Er war auch okay, denn er paßte dazu. Dieser feuchte und faulige Geruch mußte einfach sein, aber ich dachte daran, daß ich ihn nicht zum erstenmal in den letzten beiden Stunden wahrnahm. Ich hatte ihn schon einmal gerochen. Das war nicht einmal lange her.
    In der Kirche, auf dem Klotz, wo der Scharfrichter gesessen hatte.
    Er hatte genau diesen feuchten und alten Geruch abgegeben, wie jemand, der ein Stück dieser Umgebung mit in die Kirche hineingebracht hatte.
    Es gab also einen Zusammenhang zwischen dem Ort hier und diesem Scharfrichter. Auch wenn es zunächst nur der Geruch war.
    Der Weiher und die Hütte mußten auch nach sehr langer Zeit noch dem Scharfrichter Ouinton eine Heimat sein.
    Zu sehen war er nicht.
    Langsam und sehr aufmerksam ging ich am Ufer des Weihers entlang. Ich beobachtete nicht nur das dunkle Wasser, ich schaute mich auch unter und zwischen den Bäumen um, ohne jedoch Spuren zu entdecken.
    Des öfteren strichen die dünnen Zweige der Weide über mein Gesicht wie schmale Finger. Auf der Haut hinterließen sie bei mir ein Kitzeln. Blätter streichelten mich, fielen aber nicht von den Zweigen und blieben demnach nicht an meinem Gesicht kleben.
    Keine Vögel segelten durch die Luft. Es war sehr still. Da es allmählich zu dämmern begann, mußte ich mit dem Quakkonzert irgendwelcher Frösche rechnen, doch auch sie hielten sich zurück.
    Kein Fisch erschien aus der Tiefe des Wassers. In der Nähe seines Ufers war es bewachsen. Da schauten die langen Halme der Wassergräser hervor und wiegten sich im leichten Wind. Es hätte ein romantisches Bild sein können und eine optische Erholung für den gestreßten Großstadtmenschen. Für mich war es das nicht, da ich nach wie vor nicht davon loskam, daß in der Tiefe des Weihers und auch in seiner Umgebung etwas lauerte. Irgendein Geheimnis mußte sich hier verbogen halten. Möglicherweise auch in der alten Hütte, die mein nächstes Ziel war.
    Ich ging vom Ufer weg, blieb aber auf weichem Boden und näherte mich dem schiefen und vom Wind und Wetter gezeichneten Bauwerk. Okay, die Hütte hatte die langen Jahre überdauert, aber sie hatte auch Tribut zahlen müssen, denn manche Stürme hatten an ihr gezerrt und das Dach auf der Westseite eingerissen. Die alten Latten lagen am Boden. Sie bildeten ebenso Hindernisse wie alte, vom Wind abgerissene Zweige und Äste der Bäume, die weiter entfernt standen. Der Wind hatte die Reste nur hier bis an den Weiher geweht, wo sie keinen störten.
    Man hatte sie aus Holz gebaut und auch aus Lehm. Er diente als Füllmasse. Zum Großteil hatte er sich wirklich bezahlt gemacht.
    Das Holz hatte sich seiner Farbe im Laufe der Zeit angeglichen. Es war von einer dunkelgrünen, feuchten Patina bedeckt. Scheiben gab es nicht. Es hatte sie wohl auch nicht gegeben. Trotzdem waren Fenster vorhanden. Öffnungen, die mehr wie Löcher wirkten, durch die der Wind pfiff, wenn es einmal stürmte.
    Es gab auch eine Haustür, und ich schaute mir das schief in den Angeln hängende Ding erst einmal an. Auch die Tür war zerstört worden. In der unteren Hälfte zeigte das Holz große Lücken. Wie Zähne hatten sich die Enden in den weichen Boden gegraben.
    Vor der Tür blieb ich stehen, daß ich einen Blick in die Hütte werfen konnte. Es war dort nicht hell, aber auch nicht dunkel. Es herrschte eben ein zu dieser Umgebung passendes, grünliches Dämmerlicht, in dem kein Umriß mehr scharf und deutlich hervortrat.
    Mich hatte eine ungewöhnliche Stimmung befallen. Ich konnte sie selbst nicht fassen. Es war

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