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1059 - Der Scharfrichter

1059 - Der Scharfrichter

Titel: 1059 - Der Scharfrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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zurechtgelegt und keine metaphysische.
    »Wollen Sie denn bleiben?«
    »Ja, ich muß!«
    »Okay, ich komme später. Ich bin nicht feige, wissen Sie. Ich werde auch nach Ihnen suchen und…«
    »Verschwinden Sie endlich!«
    Urbansky sagte nichts mehr. Hinter meinem Rücken drehte er sich vorbei und ging nach links weg. Behielt er die Richtung bei, würde er an meinem Rover vorbeigehen.
    Seine Schritte klatschten auf den feuchten Boden. Ich hörte auch sein heftiges Atmen, wobei ich ihm nicht nachschaute, denn der Scharfrichter war wichtiger.
    Ich war es für ihn nicht, denn er hatte den Kopf gedreht, um Urbansky nachzuschauen. Natürlich hatte ich darüber nachgedacht, meine Waffe zu ziehen und auf Quinton eine Kugel abzufeuern. Die Entfernung war nicht sehr gut. Außerdem umwaberte ihn der Dunst und sorgte fast für die optische Auflösung der Gestalt.
    Noch immer hatte er die Arme über den Kopf gestreckt. Er hielt das Beil fest, er drehte sich etwas nach rechts, weil er Urbansky verfolgen wollte.
    Und dann griff er ein.
    Er hatte nicht einmal ausgeholt. Er schleuderte seine Mordwaffe aus dem Stand. Ich sah, wie das Beil mit seinem Stiel aus den Händen hervorrutschte. Wie es auf die Reise ging. Wie es sich überschlug, und wie es seinen Weg durch die Dunkelheit fand.
    Ich schoß.
    Der Scharfrichter blieb stehen. So wußte ich nicht, ob ich getroffen hatte.
    Jedenfalls hatten sich die Ereignisse überstürzt. Ich bewegte mich jetzt schnell, aber ich kam nicht mehr dazu, einen zweiten Schuß abzugeben. Ich hatte auch den Flug des Richtbeils nicht verfolgen können, weil die Dunkelheit zu dicht geworden war.
    Doch es hatte sein Ziel erreicht.
    Ein fürchterlicher Schrei drang an meine Ohren. Mir war klar, daß es Urbansky erwischt hatte…
    ***
    Er war jetzt wichtiger als der Scharfrichter, der waffenlos auf der Wasserfläche stand. Ich hatte den Eindruck, ihn lachen zu hören, konnte mich aber auch irren. Was auch geschehen war, ich mußte zu Urbansky und auch zu der verdammten Waffe des Henkers.
    Weit war der Mann noch nicht gelaufen, wenn er sein Tempo beibehalten hatte. Mich störte nur die verdammte Dunkelheit und auch die Trauerweiden, deren dünne Zweige mir im Weg hingen und mir zudem einen Großteil der Sicht nahmen. Ich schob sie beim Laufen mit beiden Armen zur Seite. Der Schrei des Mannes wollte mir nicht aus dem Kopf. Ich kannte Schreie dieser Art. Sie waren praktisch eine schaurige Begleitmusik zu meinem Beruf.
    So wie er geschrien hatte, hörten sich die Rufe an, wenn jemand kurz vor dem Sterben lag. Trotz der Dunkelheit hatte ihn die Waffe zielsicher erwischt, auch ein Phänomen, als wäre er ein Magnet und sie das Stück Eisen.
    Ich fand ihn noch nicht und stolperte nur durch die Gegend. Der Teich lag hinter meinem Rücken. Ich kämpfte mit der Tücke der Natur, denn auch der Boden war glatt, und es behinderten mich nicht nur die Zweige der Trauerweiden.
    Auf der vermoosten Fläche rutschte ich mehrmals ab, hielt mich manchmal an den dünnen Zweigen fest und schaffte es so, auf den Beinen zu bleiben.
    Es gab kein Licht. Ich wollte meine Lampe auch nicht einschalten, um kein Ziel abzugeben. So mußte ich schon Glück haben, um Urbansky zu finden.
    Er hatte sich bestimmt einen Weg ausgesucht, der bequemer zu laufen war. So sah ich zu, daß ich weg von den störenden Trauerweiden kam und wandte mich mehr nach links, wo nur Büsche wuchsen.
    Schlimm war auch, daß ich nichts hörte. Kein Stöhnen, kein Hilferuf. Es war einfach nur still, und ich vernahm nur die Geräusche, die ich verursachte. Dennoch war der Schatten nicht zu übersehen.
    Er breitete sich auf dem Boden aus, und er hatte eine ungewöhnliche Form für einen liegenden Menschen angenommen.
    Da gab es noch etwas, das ihn überragte oder aus ihm hervorragte und längs über seiner Brust lag, obwohl es mit ihm verbunden war. Eigentlich hätte ich nicht näher herangehen müssen, ich wußte schon jetzt, was passiert war.
    Der Scharfrichter beherrschte seine Waffe perfekt. Und er besaß eine perfekte Wurftechnik.
    Das geschleuderte Beil hatte den fliehenden Mann genau in den Hinterkopf getroffen und steckte dort fest. Die Aufprallwucht hatte ihn nach vorn geschleudert. Er lag auf dem Bauch, die Klinge ragte aus dem Kopf hervor, ihr langer Griff wie ein gebogener Arm leicht schräg in die Höhe.
    Ich ging dicht an Urbansky heran. Für mich war klar, daß er nicht mehr lebte. Ich fühlte trotzdem an seiner Schlagader nach. Nein, keine Bewegung

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