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106 - Schatten des Krieges

106 - Schatten des Krieges

Titel: 106 - Schatten des Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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gelogen?«, fragte McGovern. Seinem Tonfall hörte Juanita nicht an, ob er verärgert darüber war. Sie schluckte.
    »Ja, Sir. Ich wollte ein wenig Zeit mit Ihnen verbringen.«
    »Das haben Sie getan.« Er schob die volle Kaffeetasse zur Seite und stand auf. Einen Moment lang befürchtete Juanita, er würde einfach weggehen, doch dann drehte er sich zu ihr um.
    »Ich habe auch Zeit mit Ihnen verbracht.«
    Er nickte langsam, als sei er zufrieden mit seiner Antwort.
    Dann ging er zur Tür und verließ die Messe.
    Juanita sah ihm nach. McGovern wirkte seltsam verkrampft in seinen Reaktionen. So lange er über Vorschriften sprach, hatte sie nichts davon bemerkt, aber jedes Mal, wenn sie versucht hatte, persönliche Themen anzusprechen, war ihr seine Unsicherheit aufgefallen.
    Vielleicht ist er nur schüchtern , dachte sie, während sie ihre Unterlagen zusammenräumte. Sie war nicht verliebt in McGovern, nur interessiert, eine Unterscheidung, auf die sie großen Wert legte. Verliebte wurden schneller enttäuscht als Interessierte.
    Ihre Handfläche strich über einige Kratzer in der Tischplatte. Der Lack war an einigen Stellen aufgerissen und lag als Fäden neben den dünnen weißen Linien. Juanita stutzte, als sie sah, dass die Linien ein Muster, nein, Buchstaben bildeten. Ihre Gedanken gingen zurück zu McGovern und seinem kleinen, sich unablässig bewegenden Finger.
    Sie ging neben dem Tisch in die Hocke. Aus diesem Winkel ließen sich die Buchstaben besser erkennen. Zwei Worte waren in den Tisch geritzt worden, die ihr einen Schauer über den Rücken jagten.
    CYBORG
    VERRAT
    ***
    Ramon Garcia zögerte jeden Morgen, bevor er das Quartier des Generals betrat. Seine Hand hing dann bewegungslos in der Luft, schwebte nur wenige Zentimeter vom Holz der Tür entfernt. Es kostete Überwindung anzuklopfen, und noch mehr Überwindung, den Türknauf zu drehen und einzutreten. In dem spartanisch eingerichteten Quartier schien die Luft kälter zu sein.
    An diesem Morgen verharrte Ramon wieder einen Moment.
    Bis tief in die Nacht hatte seine Schwester auf ihn eingeredet, hatte ihm Mut gemacht, mit Crow über das schlechte Arbeitsklima und die erniedrigende Behandlung zu reden, aber jetzt, wo er ihm fast gegenüberstand, verpuffte dieser Mut wie eine Illusion.
    Mit hängenden Schultern klopfte er, wartete fünf Sekunden ab, wo wie er es gelernt hatte, und öffnete die Tür.
    »Guten Morgen, Sir«, sagte er salutierend.
    Crow nickte ihm zu. Er hatte die Füße auf den Schreibtisch gelegt, hielt in der einen Hand ein ISS-Funkgerät und in der anderen eine schwarze Kaffeetasse mit WCA-Logo. Ramon fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Es war seine Aufgabe, den Morgenkaffee zu kochen. Entweder war Crow früher aufgestanden als sonst oder er hatte einen entsprechenden Hinweis in seinen Dienstanweisungen überlesen.
    Nicht schon wieder , dachte er und begann so lautlos wie möglich die Unterlagen für die nächsten Sitzungen zusammenzustellen. Um das Frühstück musste er sich nicht mehr kümmern, das hatte er bereits in seinem Quartier bestellt
    »Das ist eine überraschende Wendung, General«, sagte die blechern klingende Stimme aus dem Lautsprecher des Funkgeräts. Sie gehörte zu einem Mann, der mit starkem britischen Akzent sprach.
    »Wir alle brauchen ab und zu Überraschungen, General Yoshiro«, antwortete Crow.
    Ramon hob die Augenbrauen. General Yoshiro war trotz seines japanisch klingenden Namens der Kommandant der Londoner Bunkerstreitkräfte. Die wenigen Unterhaltungen, die er zwischen ihm und Crow gehört hatte, waren kurz und frostig gewesen. Diese hier klang jedoch fast schon freundlich.
    »Vor allem positive.« Es knirschte und rauschte auf dem Kanal. Die Funkverbindung lief über die ISS und funktionierte nur, wenn die Station über die Nordhalbkugel der Erde flog.
    Selbst dann war der Funkverkehr störungsanfällig und schwierig. Eine andere Kommunikationsmöglichkeit gab es über größere Entfernungen jedoch nicht. In Bodennähe verhinderte schon bei kürzere Distanzen die CF-Strahlung der grünen Kristalle jeden Kontakt.
    Crow schnippte mit den Fingern und zeigte auf seine leere Tasse. »Mein Adjutant wird die notwendigen Listen zusammenstellen«, sagte er in das Mikrofon, »und sie Ihrem Adjutanten beim nächsten Funkfenster um 1100 Stunden GMT diktieren.«
    Ramon füllte Crows Tasse auf und stellte die Kanne zurück in die Maschine. Seine Blicke glitten durch den Raum, suchten nach einer Beschäftigung, aber es

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