1060 - Der Planet Vulkan
nach.
Die Maringos waren ein friedliebendes Volk, auch jene einhörnigen in der Ebene, aber nun schien sich eine alte Tradition zu rächen, die schon so lange bestand, wie die Maringos existierten.
Jeder Maringo besaß, wenn er geboren wurde, nur ein einziges Horn. Es war die vornehmste Aufgabe der Eltern, durch Behandlung mit gewissen Kräutern dafür zu sorgen, daß drei weitere Hörner nachwuchsen.
Erst wenn das geschehen war, konnte das dann etwa zehn Jahre alte Kind in die Sippe aufgenommen werden, und zwar als vollwertiges Mitglied des Volkes. Blieb es aber unglücklicherweise bei dem einen Horn, wurde der junge Maringo, ob nun männlichen oder weiblichen Geschlechts, in die Ebene verbannt.
Abgesehen davon, daß die vier Hörner ein Symbol der maringoischen Schönheit waren, dienten sie auch noch einem anderen und höchst merkwürdigen Zweck. Mit ihnen war es möglich, einen gewissen Kontakt zu Vater Pursadan herzustellen, wenn das auch nicht bei jeder beliebigen Gelegenheit funktionierte. Man mußte in bestimmten Höhlen mit den Hörnern an den Felswänden reiben, und innerlich konnte man dann die Kraft und das Wohlwollen des Gottes spüren.
Aus all diesen Gründen war es daher verständlich, daß die betreffenden Höhlen in diesen Tagen überfüllt waren. Jeder Maringokrieger wollte sich angesichts der Bedrohung aus der Ebene Mut und Zuversicht bei Vater Pursadan holen.
Auch Kuril begab sich nach seinem Morgenspaziergang in eine dieser Höhlen, die kein anderer Maringo betreten durfte. Sie war nur klein und stets dem jeweiligen Stammesfürsten vorbehalten.
Kuril ging zielstrebig zu seiner gewohnten Stelle an der Felswand, die deutliche Spuren der Abwetzung zeigte. Es war durchaus nicht so leicht, die Wand gleichzeitig mit allen vier Hörnern zu berühren und dann noch daran zu reiben. Aber Kuril hatte genügend Erfahrung.
Bereits nach wenigen Sekunden spürte er die Antwort des Berges. Es war, als flösse ein Strom von Zuversicht auf ihn über und dringe bis in die letzten Fasern seines Nervensystems. Er rieb noch eine Weile, hörte dann aber ganz plötzlich damit auf. Reglos verharrte er, die vier Hörner gegen den Fels gepreßt.
Ihm war, als vibriere der Fels tief in seinem Innern, ganz leicht nur, und kaum wahrnehmbar.
Das hatte Kuril noch niemals erlebt. Hatte es etwas Besonderes zu bedeuten? Wollte Vater Pursadan ihm etwas mitteilen?
Er lauschte angestrengt, aber es geschah weiter nichts.
Kuril nahm die Hörner von der Wand und beschloß, niemand etwas von dem Ungewöhnlichen mitzuteilen. Sein Volk durfte in der augenblicklichen Phase der Unsicherheit nichts davon erfahren, es würde nur beunruhigt werden.
Da er von Natur aus ein Optimist war, behielt er seine Zuversicht und ließ sich keine Zweifel anmerken.
Er rief einige erfahrene Jäger zu sich und gab ihnen den Befehl, in die Ebene hinabzusteigen und zu erkunden, was die Einhörner planten.
Nachdenklich blickte er hinter ihnen her, als sie ihre Speere und Messer nahmen und in die Ebene hinabstiegen.
*
Seit sieben Jahren war ManSander der Anführer der ausgestoßenen Maringos, allein schon deshalb, weil er das unverschämte Glück hatte, statt eines Horns deren zwei zu besitzen.
Seine Verbitterung und sein Haß gegen die Hangbewohner hatte sich im Verlauf der vielen Jahre, die inzwischen vergangen waren, nicht gelegt. Ebenso wie seine einhörnigen Artgenossen fühlte er sich benachteiligt und ungerecht behandelt. Schließlich war es nicht seine Schuld, wenn ihm nicht vier Hörner wuchsen, die ihn dazu berechtigt hätten, am Hang von Vater Pursadan zu wohnen.
Er hauste mit seiner Sippe und einem Großteil der anderen Maringos etwa zwanzig Kilometer von dem großen Berg entfernt am Rand eines ausgedehnten Buschwald- und Flußgebiets, in dem es genügend Wild und Früchte gab. Besonders schmackhaft waren die Schuppenechsen, deren Panzerung vielseitig verwendet werden konnte. Da sie sehr angriffslustig waren und ihnen schon mancher Maringo zum Opfer gefallen war, galt die Jagd auf sie als Mutprobe und zugleich als Nahrungsbeschaffung.
Vor zwei Jahren tauchte zum erstenmal wieder der Gedanke auf, die vierhörnigen Maringos\ von den Hängen Vater Pursadans zu vertreiben. Für ManSander war das mehr eine Angelegenheit des Prestiges, denn er war davon überzeugt, daß es sich in der Ebene viel besser leben ließ als auf dem Berg. Außerdem sollte diesen Vierhörnern eine Lehre erteilt werden ob ihrer Politik der
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