1064 - Horror-Line
zu. »Setz dich…«
Eric war etwas irritiert. »Ähm… wieso? Warum soll ich mich setzen? Ich meine…«
»Weil ich es so will!« Sie hatte den Satz als Befehl gesprochen, und der Mann schrak zusammen.
Diese Art der Stimme kannte er nicht von ihr. Die Worte bewiesen ihm, daß sie durchaus in der Lage war, sich durchzusetzen. Er stellte auch keine Fragen mehr und ging zu dem Sessel hin, in dem er schon einmal gesessen hatte. Fast über die Lehne rutschte er hinweg, dann saß und lag er innerhalb des Sitzmöbels und sah Candy näherkommen.
Sie schwebte heran. Noch immer malte sich das helle Tuch an ihrem Körper ab. Hätte es nicht so kitschig geklungen, er hätte von einer Sünde auf zwei Beinen gesprochen, die sich ihm immer mehr näherte. Es war soweit. Sein Traum erfüllte sich. Candy würde dafür sorgen. In seinem Leben hatte Eric schon viele Frauen besessen, aber keine war wie Candy gewesen.
An den Schrecken, den er beim Telefonieren mit ihr erlebt hatte, dachte er nicht mehr. Und er hätte ihn auch nicht mit Candy in Zusammenhang gebracht.
Sie blieb vor ihm stehen und schaute nach unten. Noch trug sie das Badetuch vor den wichtigsten Stellen ihres Körpers. Aber sie hatte die Arme bereits erhoben und angewinkelt. Die Hände näherte sich dem Knoten. Eric verfolgte deren Weg genau. Er hätte jetzt voll konzentriert sein müssen und wunderte sich darüber, daß er es nicht war. Da gab es etwas, das ihn stört. Er konnte dieses Gefühl nicht erklären.
Was war das nur?
Der Geruch?
Ja, der Geruch!
Er fehlte ihm. Dieser typische Geruch, den er von Candy her kannte. Ihr Parfüm, das die Haut ausatmete. Ein Duft, der ihn so anmachte. Etwas Wunderbares, das ihn umflorte und für Candy so etwas wie ein Markenzeichen war.
Dieser Duft war verweht. Dafür nahm er etwas anderes wahr. Einen Geruch und keinen Duft. Eric kam mit dieser neuen Variante nicht zurecht. Er hatte auch nicht mehr die Zeit, darüber nachzudenken, denn vor seinen Augen rutschte das Badetuch nach unten.
Jetzt stand sie vor ihm wie sie geschaffen worden war. Nackt, ohne einen Fetzen am Körper. Sie schaute ihn an, sie war eine Göttin. Das Licht streichelte ihren Körper. Es malte alles nach. Jede Stelle der Haut, jeden Punkt, die herrlichen Brüste, die so federnd abstanden, die Hüften, die Oberschenkel, das Gesicht, das Haar, hier paßte einfach alles perfekt zusammen.
Noch stand sie etwas weit von ihm entfernt. Um ihm sehr nahe sein zu können, mußte sie noch einen kleinen Schritt auf ihn zukommen, was sie auch tat.
Sie streckte ihm die Hände entgegen. »Na komm«, flüsterte Candy. »Los, du hast doch lange genug gewartet.«
Er hätte es getan. Eric hatte nur darauf gewartet, und er hatte seine Hände bereits nach vorn gestreckt, aber er saß da, ohne sich zu bewegen.
Er konnte es einfach nicht mehr. Etwas hatte ihn getroffen wie ein Keulenschlag. Da war sein gesamtes Weltbild plötzlich aus den Fugen geraten.
Etwas stimmte nicht mehr.
Es war nicht Candy, sie hatte sich nicht verändert. Es lag allerdings an ihr, an ihrem Geruch, der ihm in die Nase strömte. Er konnte ihn nicht mehr einatmen. Es war zu schlimm, was ihm da entgegenströmte. Jetzt kannte er sich aus.
Der Gedanke erschreckte ihn. Es war unmöglich, und er hätte schreien können. Er tat es nicht. Er nahm es hin, denn diese Person roch nach Fäulnis…
***
Die Erkenntnis war wie der berühmte Schlag mit dem Hammer. Das Rutschen vom Himmel in die Hölle. Er konnte es nicht verkraften. Dieser perfekte Körper auf der einen und dann der Geruch auf der anderen Seite. Das brachte er nicht zusammen, das paßte einfach nicht.
Candy hatte etwas gemerkt und reagierte leicht verwundert. »Warum bleibst du da sitzen, Eric? Warum tust du nichts? Du hast doch auf mich gewartet. Du bist ganz wild auf mich gewesen. Du hast die Chance bekommen. Ich bin hier. Ich stehe vor dir. Bitte, du kannst jetzt zugreifen.«
Ja, das konnte er. Eric hatte auch jedes Wort verstanden, nur war es nicht mehr so wie sonst. Er vermißte die Ehrlichkeit. Er schaffte es einfach nicht, die Barriere zu überwinden, die sich aufgebaut hatte. Das war alles anders als noch vor einer halben Stunde. Hier hatte ihm jemand eine Mauer aufgebaut.
»Warum tust es nicht? Ich gehöre dir! Du gehörst mir. Vorhin habe ich dich genommen. Jetzt bist du an der Reihe, um mich zu nehmen. Na, greif schon zu…«
Er zögerte noch. Etwas hielt ihn davon ab. Es war eine innere Warnung. Dieser andere Geruch hatte
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