1065 - Die Blutquellen
einigermaßen überrascht anschauten.
»Wer versteht das?« fragte Suko.
Wohl keiner von uns. Ich schlug vor, einen erneuten Versuch zu starten.
»Das wollte ich auch.« Wieder kippte Suko das kleine Gefäß. Diesmal zielte er gegen einen anderen Riemen.
Wieder ein Treffer!
An das Zischen hatten wir uns mittlerweile gewöhnt und auch an den anschließenden Vorgang.
Leider erlebten wir auch jetzt nicht das, was ich von meinem Kreuz her kannte, und ich schaute in Sukos enttäuschtes Gesicht.
»Sorry, John, aber meine Peitsche ist eben mit deinem Kreuz nicht zu vergleichen.«
»Da hast du recht.«
»Was tun wir jetzt?«
»Nichts.«
»Wieso?«
»Ich nehme das kleine Ding wieder an mich und schaffe es in meine Wohnung.«
»Für weitere Tests?«
»Nein, Suko. Einer hat mir gereicht. Die Testphase ist vorbei. Jetzt geht es ans Eingemachte.«
»Also Glastonbury«, murmelte er. »Wir wäre es denn, wenn ich mitfahre? Sechs Augen sind besser als vier.«
»Das stimmt schon«, erwiderte ich zögernd. »Aber Bill und ich müßten reichen.«
Suko und Shao waren skeptisch. Sie versuchten, mich zu überreden. Verbieten konnte ich es Suko nicht, aber ich spannte ihn indirekt vor meinen Karren. »Du könntest morgen mit Sir James reden, ihm alles erklären und anschließend nachkommen. Ich habe keine Zeit. Bill und ich wollen früh fahren.«
»Toll, das habe ich mir gedacht. Der Herr Geisterjäger hat vor, sich zu drücken. Will seinem Chef nicht gegenüberstehen…«
Ich schaute Suko treuherzig an. »Sind wir nun Partner und Freunde oder nicht?«
Er verdrehte die Augen. »Ja, so kann man es auch sagen. Okay, ich werde dir den Gefallen tun und überlasse Sir James die Entscheidung. Aber jammere hinterher nicht, wenn es nicht geklappt hat und du Ärger mit deinen Riesen bekommst.«
»Keine Sorge. Sollten wir dich brauchen, rufen wir dich an. Ihr seid ja nicht aus der Welt.«
Beide schauten ziemlich besorgt, als ich das Beweisstück wieder einsteckte und mich dann verabschiedete. Shao wollte etwas sagen, winkte dann ab und ließ es bleiben. »Ist ja egal«, sagte sie. »Bei dir ist sowieso Hopfen und Malz verloren.«
»Das hat meine leider zu früh verstorbene Mutter auch immer gesagt. Wir sehen uns.«
»Hoffentlich, John…«
***
Wir waren sehr früh gefahren, und Bill fühlte sich fitter als ich, obwohl er auch nicht besonders gut geschlafen hatte. Doch er war ziemlich aufgeregt und deshalb auch so in Form. Vielleicht schon übermotiviert.
»Das packen wir, John, das packen wir.«
»Und was hast du Sheila erzählt?«
Er löste eine Hand vom Lenkrad des Porsches und winkte ab. »Frag mich lieber nicht.«
»War sie sauer?«
»Zumindest erstaunt.«
»Das geht ja.«
»Du kannst schlafen, wenn du willst.«
»Mal sehen.«
Bill war in seinem Element. Er konnte dem Porsche endlich wieder Gummi geben. Ich hockte in dem Sitz neben ihm und kam mir manchmal vor, als würde ich mit meinem Hinterteil über die Straße rutschen. Den Sitz hatte ich ziemlich weit zurückgestellt, so daß ich die Beine ausstrecken konnte.
Die schlechte Nachtruhe der letzten Stunden forderte ihren Tribut. Obwohl ich es nicht wollte, schlief ich ein und überließ Bill das Fahren.
Irgendwann erwachte ich. Da stand die Sonne hoch und etwas blaß am Himmel. Wir fuhren noch immer, und ich sah, daß mein Freund ziemlich übermüdet wirkte.
»Wie wär's denn mit einer Pause?«
»Wollte ich gerade vorschlagen.«
»Und danach mit einem Fahrerwechsel?«
»Auch das.«
Ich wunderte mich leicht. Wenn Bill das Lenkrad freiwillig abgab, mußte er wirklich müde sein.
Wir fanden in einem kleinen Kaff einen Gasthof, zu dem ein Garten gehörte. Dort standen einige Tische, die auf Gäste warteten. Wir waren die einzigen.
Essen und Trinken gab es genug. Wir entschieden uns für leichte Kost. Salat und Brot. Dazu tranken wir Mineralwasser. Danach ging es weiter.
Diesmal fuhr ich, und jetzt schloß Bill die Augen. Meine Gedanken beschäftigten sich mit dem Fall, während wir uns langsam der Provinz Avon näherten, in dem der Ort Glastonbury lag.
Er war zwar abgelegen, aber in den letzten Jahren leider zu einer Pilgerstätte der Esoteriker geworden. Ich hoffte nur, daß ich um diese Zeit im Mai noch nicht so viele Menschen dort aufhielten.
Das Tor von Glastonbury war schon zu einer kleinen Berühmtheit geworden. Viel war darüber geschrieben worden, aber die genaue Wahrheit kannte niemand. Die meisten Pilger standen davor und schauten es an.
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