1068 - Der Höllenstar
Freundinnen. Sie waren immer zusammen. Das hatte sich bestimmt auch jetzt nicht verändert. Oder gerade jetzt nicht.
Die Häuser standen sich gegenüber. Das Haus, in dem Betty Crown bei ihren Eltern wohnte, war nicht zu übersehen, denn in der ersten Etage waren die beiden Balkone der Gästezimmer grün angestrichen. Eva Peters wohnte gegenüber.
Wir konzentrierten uns auf das Haus mit den grünen Balkonen. Durch einen schmalen Vorgarten mußten wir gehen, um die Eingangstür zu erreichen. Alles wirkte sehr gepflegt, wie auch die Außenfassade, die nach frischer Farbe roch. Auf dem Dach flatterte ein Wimpel im Wind, und an der Hausseite hatten wir eine TV-Schüssel gesehen, die ebenfalls grün lackiert worden war.
Eine Bank, ein Tisch, zwei Stühle standen auf dem Rasen des Vorgartens. Eine dunkelhaarige Frau war dabei, die Möbelstücke mit einem Lappen zu säubern und wurde natürlich aufmerksam, als sie sah, daß wir das Grundstück betreten hatten. Sie ließ den Wischlappen in einen mit Wasser gefüllten Eimer fallen, wischte sich die Hände an ihrer bunten Schürze ab und trat uns mit einigen schnellen Schritten in den Weg.
Mißtrauisch schaute uns die Frau aus ihren dunklen Augen an. Sie mußte knapp über Dreißig sein, war gut dabei, wie man so schön sagt, hatte ein rundes Gesicht mit einer kleinen Nase und einem etwas zu breiten Mund, den sie zu einem vorsichtigen und auch leicht mißtrauischen Lächeln verzogen hatte. Über ihr dunkles Haar hatte sie ein Kopftuch gebunden. Einige Strähnen schauten an den Seiten hervor.
Sie kannte sich aus, denn ihre Frage deutete darauf hin, daß sie uns schon richtig eingeschätzt hatte.
»Guten Tag. Ich denke nicht, daß Sie hier erschienen sind, um Zimmer zu mieten.«
»Nein, das sind wir nicht«, sagte Suko.
Ich fragte: »Sind Sie Mrs. Crown?«
»Ja, das bin ich. Denise Crown.«
»Mein Name ist John Sinclair.« Ich blieb freundlich, stellte Suko vor und erklärte, woher wir kamen und wer wir waren.
Denise Crown erschrak. »O Gott, Scotland Yard. Sie sind sicherlich wegen der schrecklichen Untaten hier?«
»Da haben Sie recht.«
»Ich war nicht dort. Ich habe nur von Nachbarn gehört, was passiert ist.« Sie war plötzlich sehr fahrig. Hob die Schultern und wußte nicht, wohin mit den Händen. Dann fing sie an, von ihrem Mann zu sprechen, der für einige Tage verreist war und seine Frau mit der Tochter allein gelassen hatte.
Zum Schluß fragte sie: »Warum kommen Sie gerade zu mir, meine Herren? Ich kann nichts für Sie tun. Ich habe nichts gesehen.«
»Das wissen wir«, sagte ich. »Uns geht es um etwas anderes.«
»Ach ja?«
»Sie haben eine Tochter.«
Mrs. Crown erschrak. »Meinen Sie Betty?«
»Ja.«
»Klar, aber was hat sie…«
»Können wir mit ihr reden?« fragte Suko.
Denise Crown überlegte nicht lange. »Natürlich können Sie mit ihr sprechen. Sie ist in ihrem Zimmer. Zusammen mit Eva Peters, ihrer Freundin.«
»Schon länger?«
»Nein, Inspektor.« Sie schüttelte den Kopf. »So genau weiß ich das nicht. Ich bin hinter dem Haus gewesen. Als ich zufällig hinschaute, habe ich die beiden hinter dem Fenster des Kinderzimmers gesehen. Deshalb weiß ich auch, daß sie da sind.«
»Wir hätten die beiden Mädchen gern gesprochen«, sagte ich.
Auf Denise Crowns Stirn erschien eine Falte.
»Warum? Was haben die Mädchen angestellt?« fragte sie leise, langsam und mißtrauisch.
»Nichts, Mrs. Crown. Wir brauchen die beiden praktisch als Zeuginnen für unsere Ermittlungen.«
»Ah, so ist das. Aber warum? Sagen Sie bitte nicht, daß es dabei um die Morde geht…«
»Indirekt schon«, erwiderte ich und nickte.
Mrs. Crown wurde bleich. »Ich hoffe nicht, daß die Mädchen in Gefahr gewesen sind. Nein, das ist…«
»Wir wollen Ihnen nur einige Fragen stellen.«
»Was haben sie denn getan?«
»Das wissen wir nicht. Es wird sich herausstellen, wenn mir mit ihnen gesprochen haben.«
»Gut, dann…«, sie räusperte sich. »Ich bange Sie hin. Kommen Sie bitte.«
Wir gingen hinter ihr her. Sie öffnete die Haustür und ließ uns in einen dielenähnlichen Raum vorgehen, in dem es nach Putzmitteln roch. Wir blickten uns um, sahen eine nach oben führende helle Holztreppe und einige Türen im unteren Bereich. Sie alle waren weiß gestrichen und hatten hellgrüne Rahmen.
»Ich gehe mal vor…«
»Bitte.«
Hinter der letzten Tür im unteren Bereich lag das Kinderzimmer. Mrs. Crown klopfte an, öffnete die Tür jedoch nicht. Statt dessen
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