1068 - Der Höllenstar
drehte sie den Kopf und schaute uns an. »Das verstehe ich nicht«, sagte sie leise.
»Was denn?«
»Man hört nichts. Die Mädchen sind so still. Das ist sonst anders, ganz anders. Da wird doch nichts passiert sein?«
»Nein, sicherlich nicht«, sagte Suko beruhigend und nickte ihr zu. Denise verstand das Zeichen und drückte die Tür auf. »Ach, da seid ihr ja, ihr beiden.« Die Stimme klang erleichtert, und Denise Crown konnte auch wieder lächeln, als sie sich umdrehte.
Sie gab uns den Weg frei und erklärte den Mädchen, daß wir Polizisten waren, die einige Fragen hatten.
Eine Reaktion erhielt sie von den Freundinnen nicht. Ich nahm beim Eintreten weniger die Einrichtung des Zimmers wahr - sie war farbig und kindgerecht - mich interessierten mehr die beiden Mädchen, die nebeneinander auf dem mit einer farbigen Decke überzogenen Bett saßen und so ernst waren.
Denise Crowns Tochter Betty war sofort zu erkennen. Sie ähnelte stark ihrer Mutter. Vom Haar her, von der Gesichtsform und auch von der Farbe der Augen.
Eva Peters war blond. Ihr Gesicht war sommersprossig, und sie hatte ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Mir fiel auch auf, daß sich beide an den Händen hielten, als wollten sie sich gegenseitig schützen.
Denise schüttelte den Kopf. »Etwas stimmt mit den Mädchen nicht.«
»Das wollen wir herausfinden.«
»Darf ich hier im Zimmer bleiben, Mr. Sinclair?«
»Wir können es Ihnen nicht verbieten.«
»Mummy, was wollen die fremden Leute?«
Es war gut, daß Denise auf unserer Seite stand. Sie gab Betty eine sehr behutsame Antwort und beruhigte sie mit freundlichen und sanften Worten. »Die beiden Herren sind aus London und haben einige Fragen an euch, nicht mehr.«
»Warum?«
»Das werden sie euch selbst sagen.«
Beide Mädchen nickten. Aber jeden unserer Schritte verfolgten sie mit Argusaugen. Ich hätte mich gern gesetzt, fand jedoch keinen Stuhl. Um wenigstens mit den Kindern in einer Höhe zu sein, hockte ich mich vor sie, lächelte ihnen freundlich zu, und auch Suko setzte sein Sonntagsgesicht auf.
»Seid ihr Polizisten?« fragte Eva. »Gratuliere. Woran hast du das erkannt?«
Sie gab sich verlegen und zuckte die Achseln. »Weiß nicht, habe ich nur geraten.«
»Ihr wollt sicherlich den bösen Mann fangen«, sagte Betty.
»Welchen bösen Mann?«
»Den, der so dunkel aussah und auch in der Telefonzelle gewesen ist.«
»Zusammen mit der Frau«, bestätigte Eva.
»Das habt ihr gesehen?« fragte Suko.
»Klar.«
»Toll. Könnt ihr euch noch erinnern, was da alles passiert ist?«
Die Freundinnen schauten sich an. Sie hoben die Schultern, aber sie lachten nicht, wie es gelegentlich bei Kindern in ihrem Alter normal gewesen wäre. Die Erlebnisse mochten bei ihnen einen tiefen Eindruck hinterlassen haben, und sie fanden auch nicht die richtigen Worte.
Mrs. Crown stand an der Tür. Sie mischte sich nicht ein, aber wir hörten sie heftig atmen.
Suko und ich wechselten uns bei der Befragung ab, und wir stellten unsere Fragen sehr behutsam.
Auch mit psychologischem Geschick, damit die Erinnerungen nicht zu kompakt hochkamen.
Wir erfuhren, was die beiden Mädchen alles gesehen und in welcher Gefahr sie geschwebt hatten.
Den Mord direkt hatten sie nicht gesehen, aber ihnen war nicht entgangen, wie die Frau zusammengesackt war.
Danach hatte der böse Mann zu ihnen kommen wollen, wie sie erklärten. Er hatte auch den Puppenwagen umgeworfen, und sie berichteten von einer Nadel, die aus seiner Faust geragt hatte.
»Er hat uns aber nichts getan«, sagte Eva.
»Warum nicht?«
»Das war so komisch.«
»Wie denn?« fragte ich.
Jetzt antwortete Betty. Dabei schabte sie mit den Handflächen über den Stoff der Hose. »Ja, er blieb stehen. Er schrie, glaube ich. Er konnte nicht mehr.«
»Der hat sich sogar geschüttelt«, sagte Eva und nickte dabei.
»Warum denn? Habt ihr das gesehen?« erkundigte sich Suko.
»Nein, aber es ging ihm nicht gut.«
»Wie meinst du das?«
Eva schaute Betty an. Betty blickte zurück. Beide wußten nicht so recht, was sie sagen sollten, aber zugleich fingen sie an zu kichern. Plötzlich waren sie wieder die unbeschwerten Kinder, was mich und Suko freute.
Sie sprachen gemeinsam und benutzten auch die gleichen Worte. »Da… da… wuchsen Hörner.«
»Bitte?«
Mit den Fingern zeichneten sie das an ihren Stirnen nach, was sie gesehen hatten. »Ja, ehrlich. Aus der Stirn kamen richtige Hörner. Krumm waren sie.«
»Nein!« flüsterte
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