1068 - Der Höllenstar
»Kannst du das immer?«
»Aber klar, meine Süße.«
»Dann mach es noch mal.«
Ihre Freundin nickte dazu, denn auch sie wollte es sehen, aber Ryback schüttelte den Kopf. »Ich werde etwas anderes machen«, sagte er mit rauher Stimme.
»Was denn?«
»Ich komme zu euch.«
»Nein, wir kennen dich nicht. Bleib da, Fliegenfänger…«
»Doch, ich komme.« Ryback ging einen Schritt weiter und zeigte seine Waffe.
Die beiden Mädchen spürten etwas. Kinder sind sehr sensibel. Da machten auch die zwei keine Ausnahme. Sie spürten, wer es gut mit ihnen meinte und wer nicht.
Dieser fremde Mann gehörte nicht dazu. Auch wenn er lächelte wie jetzt, strahlte er etwas Böses aus. Sie hatten ihm zugesehen, wie er in die Zelle zu der jungen Frau gegangen war. Aber sie hatten nicht erkennen können, was da passiert war. Jetzt saß die junge Frau auf dem Boden. Ihr Kopf war nach vorn gesunken und gleichzeitig etwas zur Seite gedreht. Wie bei einer, die schläft.
Betty hieß die Kleine mit den dunklen Locken, die den Wagen jetzt nur mit einer Hand festhielt. Mit der anderen faßte sie ihre Freundin Eva an. Sie war blond. Das Haar hatte sie nach hinten gekämmt, wo es als Pferdeschwanz bis zu den Schultern reichte.
»Laß uns gehen.«
Ryback hatte die Worte gehört. Er schüttelte den Kopf. »Nein, ihr bleibt hier!«
»Wir wollen aber nicht!«
»Doch, ich will!«
Betty und Eva waren unsicher. Das blonde Mädchen nagte an seiner Unterlippe. »Ich habe Angst vor dem. Der ist so komisch.«
Ryback kicherte. In diesem Augenblick kam ihm zu Bewußtsein, wie sehr er seine Macht genoß. Da wurde ihm klar, daß er Herr über Leben und Tod war. Bei seinen anderen Taten hatte er es nicht so stark gespürt wie jetzt, während er vor den Kindern stand und sie anschaute.
»Ja«, flüsterte er vor sich hin. »Ja, ich werde dem Satan immer ähnlicher.« Er bewegte seine freie linke Hand. Ballte sie zur Faust und öffnete sie wieder.
Die Mädchen starrten auf die Hand. Sie sahen die langen Finger, auch die Verfärbung, und ihre Angst steigerte sich. Sie kamen sich zu klein vor. Der Mann war erschreckend groß und unheimlich.
Betty schob den Wagen an.
Das war auch das Zeichen für ihre Freundin, sich in Bewegung zu setzen. Es war nicht weit bis zu den ersten Häusern, wo sie Schutz finden würden. Sie hätten auch schreien können, nur taten sie das nicht. Sie wollten weg.
Ryback war dagegen. Er brauchte nur einen großen Schritt zu machen, um ihnen den Weg zu versperren. Plötzlich stand er vor dem Kinderwagen und wirkte dort wie eine lebende Mauer. Der Wagen trennte ihn von den beiden Mädchen.
Mit dem rechten Bein holte er aus. Der wuchtige Tritt erwischte den Wagen und schleuderte ihn zu Boden. Eine Puppe rutschte ebenso hervor wie die Decke.
Ryback lachte. »Ihr kommt nicht mehr weg! Ihr gehört mir!« Blitzschnell bewegte er seine Waffe.
Er stach allerdings nicht zu, sondern zeichnete nur etwas in die Luft.
Betty und Eva rissen die Arme hoch. Sie hatten schreckliche Angst, getroffen zu werden. Zugleich wurden sie auch gelähmt. Sie kamen nicht vom Fleck, an Flucht war nicht mehr zu denken. Dieser böse Fremde würde sie einfach…
Sie hörten sein Schreien.
Sie schrieen ebenfalls.
Starrten hin.
Und dann sahen sie, was passierte. Ob nun Kinder zuschauten oder Erwachsene, es änderte nichts an dem eigentlichen Geschehen. Ryback wollte werden wie der Teufel.
Der Satan löste wieder einen Teil seines Versprechens ein, denn Ryback geriet in die nächste Stufe der Verwandlung.
Das alles geschah unter den Augen der beiden entsetzten Freundinnen…
***
Suko und ich fuhren Richtung Westen, der Küste entgegen, denn dort gab es den Ort namens Allhallows. Wir hatten lange suchen müssen, um ihn zu finden, und auch jetzt waren wir noch unsicher, ob wir überhaupt das Richtige taten.
Losfahren war allerdings besser gewesen, als in London zu bleiben und im Büro zu hocken.
Es ging um einen Mann namens Ryback. Einen Amerikaner, der einmal Ausbilder einer Sondereinheit gewesen war und in Unehren die Armee verlassen mußte. Er war nicht in den Staaten geblieben und nach London gekommen, um hier eine Blutspur zu hinterlassen.
Er war vom Teufel anerkannt worden, das hatte mir Asmodis persönlich auf eine ungewöhnliche Art und Weise mitgeteilt. Er hatte mich praktisch vor Ryback gewarnt, der als Sahnehäubchen auf dem Kuchen auch mich noch killen wollte, um seinem großen Vorbild, dem Satan, immer ähnlicher zu werden.
Einen
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