1068 - Der Höllenstar
Tut mir leid. Die unbekannte Frau hat auch nicht wieder angerufen. Ich befürchte fast, daß sie es nicht mehr kann.«
»Da könntest du leider recht haben.«
»Frag mal nach, ob sich Chang gemeldet hat«, sagte Suko.
Ich tat ihm den Gefallen und erhielt von Glenda eine negative Antwort. »Hier hat sich niemand gemeldet, John, nicht einmal der Teufel, wenn du willst.«
»Das wäre noch schöner. Du hörst wieder von uns.«
Glenda hatte noch eine Frage. »Bist du überzeugt davon, daß ihr das Richtige tut?«
»Keine Ahnung. Wir vertrauen auf unser Glück und auf unseren Instinkt.«
»Dann viel Spaß.«
»Danke, dito.«
Die Landschaft wurde noch einsamer. Sie hatte längst einen städtenahen Charakter verloren.
Wenige Dörfer lagen verstreut zwischen den Hügeln. Die Luft war viel klarer geworden, die durch das offene Schiebedach in den Wagen brauste. Das nahe Meer war zu riechen, und wir beide atmeten die würzige Luft tief ein.
»Fast wie im Urlaub«, sagte Suko. »Aber nur fast.«
Er zuckte mit den Schultern. Was sollten wir auch groß sagen. Keiner von uns kannte den kleinen Ort, in dem sicherlich nur wenige Menschen lebten, die auf Urlauber bauten. Vor allen Dingen auf Familien mit Kindern, die an der Küste Ferien machten.
Bei dem Gedanken an Kinder spürte ich ein bedrückendes Gefühl im Magen. Es gefiel mir nicht, Kinder in der Nähe einer derartigen Bestie zu wissen. Wer für den Satan killte, der nahm auf keinen Menschen Rücksicht. Bei dem spielte es keine Rolle, ob er einen Mann, eine Frau oder ein Kind vor sich hatte.
Die paar Hinweisschilder, die wir sahen, wirkten ausgebleicht; die Salzluft hatte dafür gesorgt.
»Denkst du noch immer so optimistisch?« fragte Suko.
»Klar, sonst könnten wir ja gleich einpacken.«
»Hoffentlich haben wir Glück.«
»Davon bin ich fest überzeugt. Das Schicksal ist eigentlich immer unser Freund gewesen, sonst würden wir nicht mehr leben.«
»Klar, so kann man es auch sehen.«
Ein paar Meilen waren noch zurückzulegen. Allhallows war der letzte Ort auf der Halbinsel und konnte aus verschiedenen Richtungen angefahren werden. Wir fuhren aus westlicher Richtung auf ihn zu. Vor uns malten sich die Häuser ab. Sie lagen nicht alle in einer Mulde, sondern verteilten sich auch an den flachen Hängen, die mich an breite Deiche erinnerten.
Es gab eine Kirche, deren Turm alles andere überragte. Wir sahen die hellen Häuser, die für die Küste so typisch waren, aber auch welche, die von Steinwällen geschützt wurden, weil es hier häufig und vehement stürmte.
Ein netter Ort. Ferien pur. Hier ließ es sich leben. Das alles schoß mir durch den Kopf, und ich hätte mich damit auch vertraut machen können, doch alles kam anders.
Die Streifenwagen paßten nicht zu dem Bild. Wir sahen die ersten beiden, als wir an der Kirche vorbeifahren wollten, und weiter vorn stand ebenfalls ein Polizeiwagen. Sogar einige zivile Fahrzeuge waren an verschiedenen Stellen geparkt. Weiter unten gab es eine Absperrung. Als ich mich reckte, um besser sehen zu können, geriet der obere Teil einer Telefonzelle in mein Blickfeld.
Suko war schon langsamer gefahren. Jetzt stoppte er. Neugierige standen in der Nähe. Ich erhaschte einen Blick auf ihre Gesichter. Manchmal kann man aus ihnen lesen, ob etwas sehr Schlimmes geschehen war. Das mußte hier der Fall gewesen sein, denn die Menschen waren durch die Bank weg blaß und sprachen kaum zusammen.
»Ich denke, daß wir hier richtig sind«, sagte ich, während ich den Gurt löste.
»Ja, das scheint mir auch so zu sein.«
Wir stiegen aus. Wir hörten auch die leisen Stimmen der Zuschauer. Einige Male verstand ich das Wort »Pfarrer«.
Vor einem kleinen Haus nahe der Kirche standen zwei uniformierte Kollegen und hielten Wache.
Auch uns wollten sie abweisen, wurden jedoch eines besseren belehrt, als sie unsere Ausweise sahen.
»Wer hat hier das Sagen?« fragte ich.
»Chiefinspektor Gordon Hunt!«
»Danke. Finden wir ihn im Haus?«
»Ja, bei dem Toten.«
»Ist es der Pfarrer?« fragte Suko.
Sie nickten.
»Kann es sein, daß noch ein zweiter Mord passiert ist? Wir haben an der Telefonzelle dort unten die Absperrung gesehen und…«
Beide nickten. »Eine junge Frau wurde in der Zelle ermordet.«
Ich schloß für einen Moment die Augen. Für mich war klar, wer die junge Frau gewesen war. Die geheimnisvolle Anruferin, die nicht einmal dazu gekommen war, ihren Namen zu sagen.
Suko stieß mich an. »Komm, wir schauen uns zuerst
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