107 - Das Monster aus der Todeswolke
Polizei.
Wied überredete den Amerikaner, mit ihm zu gehen. Sie verließen die schmale Gasse. Wied winkte einem Taxi. Sie stiegen ein, und Wied nannte dem Fahrer seine Adresse.
Wied wollte dem Amerikaner Vorwürfe machen, aber was er zu sagen gehabt hätte, war nicht für die Ohren des Taxifahrers bestimmt, deshalb schluckte er seinen Groll hinunter.
Es war 21 Uhr, als sie zu Hause ankamen. Sobald Ulrich Wied mit seinem Freund allein war, meinte er kopfschüttelnd: »Mann, so habe ich dich noch nie erlebt. Was ist denn in dich gefahren, Jerry? Okay, der Kerl war ein Idiot, und er hat um Prügel gebettelt, aber was er von dir bekommen hat; war mehr. Es war zuviel, Jerry. Wenn ich nicht dabei gewesen wäre, wäre der Mann jetzt tot. Tot! Du wolltest diesem Kerl nicht nur einen Denkzettel geben. Du wolltest ihn killen!«
Jerry LeRoy schwieg.
»Sieh mich nicht so an, als hättest du das gleiche mit mir vor«, sagte Ulrich Wied. »Kannst du auf einmal Freund und Feind nicht mehr auseinanderhalten? Wir wollen den Vorfall schnellstens vergessen, ja? Schwamm drüber. Du hattest einen Ausrutscher, und der Kerl wird sich die Leute, die er anpöbelt, von nun an genauer ansehen. Schlimm wär’s nur gewesen, wenn wir Ärger mit der Polizei gekriegt hätten, aber das blieb uns zum Glück ja erspart. Sag mal, Jerry, hörst du mir überhaupt zu?«
LeRoy setzte sich. »Gib mir was zu trinken!«
»Hilfst du mir, den Champagner aus dem Keller zu holen?«
»Später. Erst will ich was trinken.«
Ulrich Wied goß Kognak in zwei Schwenker. Während er trank, musterte er den Freund argwöhnisch. Irgend etwas stimmte mit LeRoy nicht. Er hatte sich verändert, war nicht mehr umgänglich und sympathisch, sondern störrisch wie ein Esel und erschreckend aggressiv.
Nachdem sie den Kognak gekippt hatten, begaben sie sich in den Keller und holten eine Menge Champagnerflaschen herauf.
»Iris möchte in Champagner baden«, sagte Wied. »Sie denkt, das geht bei mir nicht. Sie wird sich wundern. Ist’n toller Gag, was? Wir sehen ihr dabei alle zu.«
Er entkorkte die erste Flasche und ließ den Inhalt in die Wanne rinnen. LeRoy ließ auch ein paar Korken knallen, und perlender, schäumender Champagner stieg in der Badewanne immer höher.
Wied bemühte sich, den Ärger, den es gegeben hatte, zu vergessen, und mit der Zeit gelang ihm das auch. Anfangs klang sein Lachen noch gekünstelt. Da er aber immer wieder auch einen Schluck von der Flasche nahm, kam er allmählich in Fahrt.
Fünf Minuten vor zehn trafen die Mädchen ein. Iris war langbeinig und blond. Marlies war ebenfalls blond und sehr üppig.
»Habt ihr gute Laune mitgebracht?« fragte Ulrich Wied an der Tür.
»Mehr, als wir in einer Nacht verbrauchen können«, sagte Iris lachend.
»Dann kommt rein, ihr süßen Käfer.«
»Hey, wo ist denn mein guter Freund aus Amerika?« fragte Iris kichernd. »Du hast ihn vor mir doch hoffentlich nicht versteckt.«
»Er erwartet dich im Wohnzimmer«, sagte Wied. »Sei sehr nett zu ihm, damit er sich recht lange an dich erinnert.«
»Mach’ ich schon. Schließlich muß man hin und wieder was zur Völkerverständigung beitragen.«
»Sehr richtig«, sagte Wied, und Iris bekam von ihm einen Klaps auf den Po, aber er nahm die Hand nicht wieder weg, sondern schob das Mädchen vor sich her, auf die offene Schiebetür zu, die ins Wohnzimmer führte. »Übrigens, das Champagnerbad ist vorbereitet.«
»Wirklich?« Iris kicherte und strahlte. »Mann, ist das irre. Das wird die verrückteste Party, an der ich jemals teilgenommen habe.«
Im Wohnzimmer stand Jerry LeRoy. »He! Da ist er ja, mein großer, starker Amerikaner!« rief Iris und rannte auf ihn zu. Sie warf sich ihm in die Arme.
Er grinste breit. »Hallo, Iris-Baby. Wie geht’s?«
Ulrich Wied rieb sich die Hände. »Ich schlage vor, wir trinken erst mal einen schönen Schluck. Was haltet ihr davon?«
»Keine schlechte Idee«, pflichtete Marlies bei.
»Das wird eine schöne, lange Abschiedsfeier werden«, sagte Iris zu Jerry LeRoy. »Wie lange bist du schon in Berlin?«
»Eine Woche.«
»Und morgen geht’s wieder in die Staaten zurück?«
»Tja, die Pflicht ruft«, sagte Jerry LeRoy.
»Du hättest mich schon vor einer Woche anrufen sollen, Süßer«, flötete Iris, drückte sich gegen ihn und rieb ihre Hüften an ihm. »Eine Nacht ist zuwenig.«
»Sie wird reichen«, sagte LeRoy zuversichtlich.
Sie bekamen die Drinks. Ulrich Wied füllte die Gläser mehrmals, wobei er darauf
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