1070 - Marens kleiner Horror-Laden
Zeichen oder eine Botschaft gewesen sein.«
Ich nickte. »Sollte es stimmen, Maren, werden wir wieder von ihm hören.«
Sie hüstelte leicht gegen ihren Handrücken. »Ich weiß nicht einmal, ob es oben oder hier unten aufgeklungen ist.« Bei dieser Bemerkung schaute sie mich an, als könnte ich ihr die Lösung geben.
Dem war auch so. »Es war hier unten.«
»Bist du dir sicher?«
»Ja,«
»Wo denn?«
Die Antwort gab der Lacher selbst. Abermals durchdrang das widerliche Geräusch die Stille. So hämisch, so siegessicher, daß ich Mühe hatte, mit meiner Wut fertig zu werden.
Aber ich wußte Bescheid.
Ich ruckte nach links herum und schaute auf die Seitenwand.
Dort stand nur ein Gegenstand - der Sarg!
***
Jetzt wußte auch Maren Black Bescheid. Sie rührte sich nicht, und sie hatte auch Mühe, ihre Gedanken in Worte zu fassen.
»Es… das… war der Sarg … oder…?«
Ich nickte. »Ja, es muß aus dem Sarg gedrungen sein.«
Sie starrte ihn an. Allerdings in einer Haltung, die nicht darauf hindeutete, daß sie hinlaufen und ihn öffnen wollte. »Ich werde ihn nicht öffnen.«
»Keine Sorge«, beruhigte ich sie, »das brauchst du auch nicht. Das mache ich schon.«
Maren sah aus, als wollte sie etwas sagen und mich zurückhalten, aber sie ließ mich gehen. Es waren nur wenige Schritte bis zur Totenkiste. Ich legte sie fast lautlos zurück und blieb vor dem Sarg stehen.
Er war geschlossen, und ich wollte von Maren wissen, ob er auch verschlossen war.
»Nein, John, er ist offen. Du kannst den Deckel hochheben, wenn du willst.«
»Es bleibt mir wohl nichts anderes übrig?«, sagte ich und bückte mich.
Maren hatte sich wieder gefangen. »Es wäre besser, wenn ich dir helfen würde.«
»Okay, tu das.«
Sie kam zu mir. Meine Beretta trug ich bei mir. Dank meines Sonderausweises hatte ich sie auch in der Maschine tragen dürfen.
Wir standen uns gegenüber. Auch Maren hatte sich gebückt. »Bist du fertig?«
»Klar.«
»Dann los.«
Wir faßten an den Enden an. Zugleich setzten wir unsere Kraft ein - und schafften es, den Deckel in die Höhe zu hieven. Wir hörten einen zischenden Laut, nur kurz, dann schwebte der Deckel über dem Unterteil, nahm uns aber noch die Sicht.
Ich hievte den Deckel hoch, um ihn zur Seite zu stellen. Mitten in der Bewegung hörte ich Marens gellenden Schrei. Er war so schrill und furchtbar, steckte voller Schrecken, wie ihn nur jemand ausstoßen konnte, der etwas Unwahrscheinliches entdeckt hatte.
Ich schleuderte den Deckel zur Seite. Er fiel polternd zü Boden. Den Schrei hörte ich nicht mehr. Maren hatte sich statt dessen zur Seite gedrückt, damit sie nicht in den Sarg schauen mußte. Sie preßte eine Hand vor den Mund.
Jetzt war der Blick frei.
Der Sarg war nicht leer. Es hockte nicht die Kreatur darin, wie wir hätten annehmen können.
Im Sarg lag eine junge Frau.
Ich kannte sie nicht, aber ich wußte sofort, daß es die verschwundene Andrea war.
Sie lebte nicht mehr. Jemand hatte ihr die Kehle durchgeschnitten!
***
Das war kein makabrer Spaß, das war verdammt grauenvoller und blutiger Ernst! Die erste Leiche in diesem verdammten Fall und noch auf eine widerliche und abstoßende Art und Weise.
Es war für mich wie ein Trauma. Ich wünschte mir, die Tote nicht zu sehen, aber ich konnte sie auch nicht wegzaubern. Es gab sie. Sie lag direkt vor mir. Der Hals sah schlimm aus. Eine Kette aus Blut schien sich um ihn gelegt zu haben. Ich hatte bei diesem Anblick das Gefühl, innerlich zu vereisen.
Maren Black hatte sich zur Seite gedreht. Sie konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten und stand nur noch auf den Beinen, weil sie an der Wand eine Stütze gefunden hatte.
Ich starrte die Tote an. Mir fiel ein, daß Maren Andrea als eine Punkerin beschrieben hatte. So sah sie nicht gerade aus. Struppiges blondes Haar. Ein rundes Gesicht, sehr bleiche Haut, zwei Ringe an den Augenbrauen und offene Augen, in denen sich die letzten Gefühle kurz vor ihrem Tod konserviert hatten.
Eine Mischung aus Angst und Staunen. Andrea hatte einfach nicht begreifen können, was sich da abspielte.
Es machte mir keinen Spaß, aber schließlich bin ich auch Polizist. Ich wollte genau wissen, wie die junge Frau ums Leben gekommen war.
Schon öfter hatte ich Menschen gesehen, denen die Kehlen durchgeschnitten worden waren. Auch hier war das der Fall. Allerdings war mir beim ersten Hinschauen aufgefallen, daß die Wunde keinen glatten Schnitt zeigte wie es mir mehr bekannt war. Sie sah
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