1070 - Marens kleiner Horror-Laden
wollte ich nicht glauben, und auch Maren Black war skeptisch. »Kannst du mir sagen, was das hier zu bedeuten hat?« flüsterte sie. »Kannst du das?«
»Fest steht, daß Andra nicht hier ist und ihre Tasche vergessen hat.«
Maren trat zweimal mit dem Fuß auf. »Ja, das stimmt, aber ich weiß, daß sie nie ohne die Tasche weggegangen wäre. Da muß etwas geschehen sein, und du weißt auch, was es sein könnte.«
»Klar.«
Maren sprach es aus. »Diese Kreatur. Dieses verdammte Wesen aus dem Spiegel. Es hat sich Andra geholt. Es hat sie mitgenommen. Es hat sie entführt.«
»Wohin?«
»In den Spiegel vielleicht. Mittlerweile glaube ich, daß alles möglich ist. Du selbst hast davon gesprochen, daß es Spiegel gibt, die auch Tore sind. Dann sind eben beide durch ein solches Tor verschwunden. Wir müssen damit rechnen, daß Andra nicht mehr zurückkommt. Der andere hat sie vielleicht sogar umgebracht.«
So drastisch sah ich es nicht, schloß die Möglichkeit allerdings nicht aus.
Maren Black stand vor mir und breitete die Arme aus. »Was sollen wir jetzt tun? Wir müssen etwas unternehmen. Andrea suchen oder…«, sie winkte ab. »Ach Scheiße, ich weiß ja auch nicht mehr weiter.«
»Zunächst sollten wir die Nerven behalten und abwarten.«
»Du hast gut reden.«
»Bitte, Maren«, sagte ich, »es ist ja verständlich, daß du sauer und nervös bist, aber versuche auch, logisch zu denken. Diese Kreatur will etwas von uns, das steht fest. Und darauf können wir uns einstellen. Ich denke sogar, daß sie es geschafft hat, uns unter Kontrolle zu halten. Sie ist über jeden unserer Schritte informiert. Sie weiß genau, was wir unternehmen, und sie wird auf einen günstigen Zeitpunkt warten, um bei uns zu erscheinen.«
Maren zuckte die Achseln. »Das mag deine Meinung sein, die ich allerdings nicht nachvollziehen kann.«
»Was stört dich?«
»Alles, alles. Es ist hier nicht mehr mein Laden, auch wenn er äußerlich so wirkt. Nein, ich weiß es. Dieses Geschäft wird von einer anderen Kraft beherrscht. Ich habe mir mit dem verdammten Spiegel ein Kuckucksei ins Nest gelegt.« Sie kam wieder näher an mich heran und schaute zu mir hoch. »Weiß du, was ich auch denke, John?«
»Noch nicht.«
»Bitte, sei nicht so lässig. Ich glaube mittlerweile, daß Andrea nicht mehr lebt. Sie ist tot. Verstehst du? Die Kreatur hat sie einfach umgebracht und ist mit ihr durch den verfluchten Spiegel verschwunden. Wir sollten so schnell wie möglich hochgehen, den Spiegel von der Wand nehmen und ihn zerstören. Zertreten, zerhämmern, zerstückeln, wie auch immer.«
»Es wäre eine Möglichkeit.«
Ihre Augen wurden groß, als sollte ich hypnotisiert werden. »Es ist die beste, John!«
»Tut mir leid, da muß ich dir widersprechen. Am besten ist es, wenn wir die Kreatur stellen und vernichten.«
Maren lachte scharf. »Ja, irgendwo hast du recht. Aber wie willst du das schaffen? Kannst du mir das sagen?«
»Keine Sorge, wir bekommen unsere Chance. Irgendwo hast du recht. Wir sollten schon in der Nähe des Spiegels bleiben.«
»Gut, dann laß uns wieder hochgehen.«
Diesmal ging sie vor. Ein gutes Gefühl hatte ich nicht, das stand fest. Es kam mir vor, als hätten wir trotz allem etwas übersehen, aber ich wußte nicht, was es gewesen sein könnte.
Um die Treppe zu erreichen, mußten wir den Sarg passieren und auch den gegenüberstehenden Kleiderständer. Die Klamotten dort hingen dicht an dicht. Aus einer gewissen Entfernung betrachtet sahen sie aus wie eine dunkle Mauer.
Ich holte Maren in Höhe des Sarges ein.
Genau da geschah es.
Ein Regisseur hätte die Szene nicht besser auf die Bühne bringen können.
In die Stille hinein hörten wir das häßliche Lachen!
***
Sofort blieben wir stehen!
Aus Marens Mund drang ein scharfer zischender Atemzug. Sie verkrampfte und schloß die Augen, wie jemand, der die Gefahr auf keinen Fall sehen wollte.
Sie war auch nicht zu sehen. Wir hatten nur das Lachen gehört. Nur reichte es aus, um uns wieder einmal klarzumachen, daß wir unter Beobachtung standen.
Ich hatte mich schneller gefangen und schaute mich in dieser fahlen Düsternis um.
Zu sehen war nichts. Der Boden blieb dunkel. Es gab keine Kreatur, die darüber hinwegkroch oder darauf hockte. Aber das Lachen war keine Täuschung gewesen. Die andere Seite hatte uns bewiesen, daßnochmitihr zurechnen war.
Maren stieß mich an. »Warum hat er gelacht, John? Was sollte das bedeuten?«
»Keine Ahnung.«
»Das kann ein
Weitere Kostenlose Bücher