1071 - Die Urnen-Gang
einer anderen Waffe. Suko, der auf dem Boden kniete, hatte mit der Beretta geschossen. Er war ruhiger gewesen und konnte den Killer nicht verfehlen.
Die Kugel warf den anderen um, der nicht mehr dazu kam, ein drittesmal abzudrücken. Er lag plötzlich auf dem Rücken, seine Arme zuckten, er verlor die Waffe und blieb liegen.
Suko wußte nicht, wo er den Kerl getroffen hatte, er mußte sich um den andern kümmern und durfte auch nicht dort bleiben, wo er gehockt hatte.
Blitzschnell war er abgetaucht und hatte sich über den Boden gerollt. Im gleichen Augenblick schob sich der zweite Killer hinter dem Schreibtisch hoch. Er hatte alles hören, aber nicht sehen können.
Seine Waffe hielt er in der Hand. Er war auch bereit zu schießen, sah allerdings seinen reglos auf dem Boden liegenden Kumpan und zögerte mit dem Schuß.
Das eröffnete Suko eine Chance. Er wollte fair bleiben und schrie den anderen an. »Weg mit der Waffe!«
Ob der Killer schrie oder ein Wort sagte, fand Suko nicht heraus. Jedenfalls wollte er nicht aufgeben und feuerte.
Er schoß wie ein Automat, aber er realisierte nicht, daß Suko auf dem Boden lag und ein recht kleines Ziel bot. Seine Kugeln lagen zu hoch, während Suko eine bessere Schußposition hatte und gezielt zurückfeuerte.
Seine Kugel traf.
Sie hieb in die rechte Schulter des Killers.
Der Killer wurde noch bis gegen die Wand gestoßen, wo er allerdings keinen Halt mehr fand. Für einen Moment sah es aus, als könnte er noch auf eigenen Füßen stehenbleiben, das war jedoch sehr schnell vorbei, denn seine Knie gaben nach.
Er sackte zusammen und hinterließ an der hellen Bürowand einen dunkelroten, von oben nach unten gezogenen Blutstrich. Der Mann war schwer getroffen, doch er gehörte zu denen, die einfach nicht aufgeben konnten oder wollten.
Als Suko sich erhob, sah er, daß dem Killer die Waffe aus der Hand gerutscht war und am Boden lag. Mit der linken Hand allerdings versuchte er, den Revolver zu packen. Er würde auch mit links schießen.
Das ließ Suko nicht zu. Er brauchte nicht einmal schnell zu gehen, um den Revolver an sich nehmen zu können. »Keine Chance, Mister.«
Der Verletzte spie auf den Boden.
Suko richtete den Schreibtisch wieder auf - alles andere, was mit ihm zu Boden gefallen war, ließ er liegen - und nahm auch die zweite Waffe an sich, die er ebenfalls in seinen Hosenbund steckte.
Dann hörte er die Stimme an der Tür. »Ist alles okay, Suko?« Eine sehr bleiche Shao war dort aufgetaucht. Sie hatte zunächst nur Augen für Suko und war erleichtert, als sie sah, daß ihm nichts passiert war. Sie kam näher und betrachtete die beiden Killer. Auf der Türschwelle war sie von Percy Iron abgelöst worden. Der sah ebenfalls aus wie seine eigene Wachsfigur.
Der kleinere Killer war bei Bewußtsein. Er stöhnte leise unter den Schmerzen. Der zweite lag ruhig auf dem Boden. Er war schwerer getroffen worden. Das Einschußloch befand sich in der Brust, aber der Mann lebte noch. Aus der Wunde war nur wenig Blut gesickert. Wenn der Mann überleben wollte, mußte sich ein Notarzt um ihn kümmern. Per Handy alarmierte Suko ihn und rief anschließend auch in seiner Dienststelle an, um den Kollegen Bescheid zu geben, denn alles mußte seinen normalen Gang gehen, und das schloß auch eine Untersuchung ein.
Sie blieben nicht im Büro, sondern gingen in einen Nebenraum, der spärlich möbliert war und mehr an ein Wartezimmer oder eine kleine Kantine erinnerte.
Shao nahm auf einem Stuhl Platz, ebenso Percy Iron. Suko setzte sich auf die Tischkante.
Er und Shao hatten die Vorgänge einigermaßen verkraftet, im Gegensatz zu Percy Iron. Der hockte auf dem Stuhl, das Gesicht bleich wie eine Leinwand. Er zitterte und schaffte es kaum, sich eine Zigarette anzuzünden. Der Schock hielt noch an. Suko wollte ihm die Gelegenheit geben, sich etwas zu erholen, bevor er ihn ansprach.
Percy Iron rauchte, starrte dem Qualm nach und blickte ansonsten ins Leere. Seine Gedanken beschäftigten sich schon mit sich selbst und auch mit der Realität.
»Ich lebe noch«, flüsterte er. »Verdammt noch mal, ich lebe noch. Ich habe es überstanden. Die verfluchten Hundesöhne haben mir nichts anhaben können.«
Suko nickte.
»Es war so schlimm. Ich hätte auch unterschrieben. Ich war völlig fertig«, flüsterte Percy. »Ich war einfach am Ende, und das innerhalb weniger Sekunden. Da ist alles vorbei gewesen. Mein ganzes Leben hätte ich in Frage stellen können.« Er kam wieder etwas zu
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