1071 - Die Urnen-Gang
Maren Black und mir gelungen war, ein großes Unheil zu verhindern, das sich aus der Vergangenheit hinweg über eine Zeitschiene bis hinein in die Gegenwart gedrückt hatte. Die junge Besitzerin des kleinen Horror-Ladens hätte mich noch gern länger in Dortmund gehabt, aber ich hatte ablehnen müssen, denn die Pflicht ging einfach vor. Schade war es schon gewesen.
Das Schließen der Augen konnte ich mir endgültig ersparen, denn aus dem Vorzimmer klang Sukos Stimme. Ich hörte auch Glenda reden, und wenig später stand mein Freund schon im Büro, atmete laut aus, nickte mir zu und ließ sich auf seinen Schreibtischstuhl fallen.
»Schön, daß du wieder da bist.«
Suko blickte mich an und hob dabei seine Augenbrauen. »Das war schon ein Streß, kann ich dir sagen.«
Ich nahm es mit Humor und erwiderte: »Du hättest dich eben bescheiden und dir kein Auto kaufen sollen.«
»Haha! Darüber kann ich nicht einmal lachen. Sei lieber froh, daß ich es getan habe.«
»Warum?«
»Sonst wäre ich nicht dieser Urnen-Gang auf die Spur gekommen.«
Womit wir beim Thema waren. Ich brauchte ihn nicht anzusprechen, mein Blick reichte aus. Suko zeigte zunächst ein Lächeln, dann nickte er und begann mit seinem Bericht.
Wir beiden kannten uns lange genug. Dinge wie diese hatte es schon oft gegeben, deshalb ließ Suko die Schnörkeleien weg und konzentrierte sich allein auf das Wesentliche. Es war schon ein Zufall oder auch Schicksal, daß er und Shao in diesen Fall hineingerutscht waren, der auch leicht tödlich hätte enden können. Wichtig waren natürlich die beiden Killer, und ich wollte wissen, was mit ihnen war.
»Sie sind erst einmal in ein Krankenhaus geschafft worden. Shao ist wieder in der Wohnung, ich bin mit den Kollegen klar gekommen, und sie wissen auch, daß ich beziehungsweise wir am Ball bleiben wollen.«
»Einverstanden.«
»Unsere einzige Spur sind die Verletzten.«
»Kennst du die Namen?« fragte ich.
»Sicher. Ich habe sie mir sogar aufgeschrieben.« Suko holte einen Zettel aus der Tasche und faltete ihn auf. »Der Mann, der noch um sein Leben kämpft, heißt Karescu. Ihn können wir vergessen. Sollte er überleben, was ich hoffe, wird er in der nächsten Zeit nicht vernehmungsfähig sein.«
»Es geht aber um den zweiten.«
»Sicher. Er heißt Dabor Haku.«
Ich verzog den Mund zu einem Lächeln, wiederholte beide Namen und kam auf den Kern des Problems. »Die Namen hören sich osteuropäisch oder rumänisch an.«
»Stimmt auch.«
»Wie ich dich kenne, hast du dich bereits über die Typen erkundigt oder Nachforschungen angestellt.«
»Sehr gut, John, das habe ich tatsächlich. Ich bin fündig geworden. Die beiden werden international gesucht. Sie gehören einer Autoschieberbande an, die eine mafiaähnliche Struktur aufweist. Das ist nichts Neues, das kennen wir, du weißt auch Bescheid, denn man liest immer in den Zeitungen davon. Daß auch einheimische Händler mit von der Partie sind, haben ich bei Donald Iron erleben können.«
»Der allerdings tot ist.«
»Ja, das auch. Er scheint sich zu weit aus dem Fenster gelehnt zu haben, arbeitete mehr in die eigene Tasche und hat dafür richtig bezahlen müssen.«
»Indem man ihn verbrannte.«
»Richtig, John. Genau damit fangen unsere Probleme an. Man hat ihn verbrannt, und ich frage mich, weshalb man ihm nicht einfach eine Kugel gegeben hat. Dieses Verbrennen erfordert eine Menge Aufwand. Dazu braucht man einen Ofen, wenn nicht ein Krematorium, was weiß ich nicht alles. Ich habe ja zuhören können und dabei den Eindruck gewonnen, daß es den beiden Killern gar nicht mal so unrecht gewesen wäre, wenn sich Percy Iron gesträubt hätte, zu verkaufen.«
»Er wäre dann den gleichen Weg gegangen wie sein Bruder.«
»Das denke ich mir.«
»Warum?«
Suko lachte leise, nachdem ich die Frage gestellt hatte. »Genau das frage ich mich auch. Warum hat man das getan? Man verbrennt doch nicht aus Spaß irgendwelche Menschen. Ich bitte dich, John, da steckt doch mehr dahinter. Die müssen mit der Asche irgend etwas vorgehabt haben. Deshalb habe ich sie auch Urnen-Gang genannt. Ich selbst konnte das Bild sehen. Da stand die Urne, wobei ich davon ausgehe, daß sie mit der Asche des Toten gefüllt war, dessen Namensschild ich vor der Urne gesehen habe. So und nicht anders liegen die Dinge.«
»Da haben wir ja Glück, daß du den einen nur angeschossen hast.«
Suko zwinkerte mir zu. »Rate mal, wohin wir gleich fahren werden? Ich denke, daß ihm die
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