1071 - Die Urnen-Gang
Vertrag sah und las, würde wissen, daß die Dinge falsch gelaufen waren, das aber zu beweisen, war mehr als schwer.
»Dein Bruder hat sich auch so angestellt«, erklärte der Mann. »Wie gesagt, du brauchst es nicht, Iron. Dann wird bald deine Urne neben der deines Bruders stehen.«
Percy Iron wußte nicht, was er davon halten sollte. Er kam sich vor wie jemand, der zwischen zwei Backen einer Presse steht, die sich immer mehr schlossen und ihn irgendwann zerquetschen würden.
Der Schweiß war mittlerweile zu einer kalten, klebrigen Schicht geworden, die keine Stelle seines Körpers ausgelassen hatte. Selbst in den Kniekehlen war sie zu spüren. »He, was ist?«
Iron schluckte. Er sah, wie der Kerl vor ihm einen Füllfederhalter hervorholte und die Kappe aufschraubte. »In den nächsten zwei Minuten wirst du den Vertrag unterschreiben oder eine Kugel durch den Kopf bekommen. Mein Freund hinter dir wartet schon darauf, und der Rost möchte bestimmt wieder was zum Verbrennen haben…«
Iron sagte kein Wort. Er hielt die Lippen fest zusammengepreßt. Dann schaute er zu, wie sich der Mann nach vorn beugte und dabei den Arm ausstreckte, weil er ihm den Füller reichen wollte.
»Nun…?«
In Bruchteilen von Sekunden raste das Für und Wider durch Irons Kopf. Ein Ergebnis stand für ihn fest. Er wollte nicht sterben. Er wollte nicht verbrannt werden. Schon allein der Gedanke daran war furchtbar, und deshalb griff er zu.
Den Füller konnte er kaum halten, so feucht waren seine Hände geworden. Er faßte ihn falsch, deshalb rutschte er aus seinen Fingern und blieb neben dem Vertrag liegen.
»Ruhig, Iron, du hast jetzt Zeit. Nur nichts überstürzen. Wir bekommen das schon hin…«
Percy griff wieder zu. Er setzte die Füllerspitze dort an, wo die Linie geriffelt war.
Noch einmal Luft holen vor dem alles entscheidenden Schritt. Auch nicht daran denken, wie es weitergehen würde. Nur sein Leben vorerst noch behalten.
»Nein, er wird nicht unterschreiben!«
Plötzlich war eine vierte Person im Büro erschienen, und alles wurde anders…
***
Die vierte Person war Suko!
Shao hatte er draußen im Gang gelassen. Beide allerdings waren so früh erschienen, um das meiste mitzubekommen und wußten jetzt im Prinzip, worum es in diesem perfiden Spiel ging.
Der Inspektor stand nahe der Tür. In der rechten Hand hielt er die Beretta. Er hatte beim ersten Blick schon gesehen, daß die Lage nicht unbedingt günstig für ihn war. Beide Gegner standen recht weit von ihm weg. Zwischen ihnen saß ausgerechnet noch Percy Iron, das Opfer.
Hätte er es nur mit einer Person zu tun gehabt, dann hätte er die Magie seines Stabs einsetzen können. Aber zwei voneinander entfernt stehende Gegner innerhalb von fünf Sekunden auszuschalten, das wäre in der kurzen Zeitspanne kaum möglich gewesen.
Also sah er sich gezwungen, gewisse Dinge erst zu richten, und er hoffte, mit den beiden Männern zurechtzukommen. Sie waren gefährlich, sie waren eiskalt, und sie hatten sicherlich nicht zum erstenmal vor der Mündung einer Waffe gestanden.
Besonders geschockt zeigten sie sich nicht. Der Typ, der sich vor Iron aufhielt, zuckte nicht einmal zusammen. Der zweite hatte nur kurz seine Augenbrauen angehoben, und vielleicht war sein Blick noch härter geworden.
Er war es auch, der sprach. »Ach, sieh an. Einer aus dem Fernen Osten. Wie schön. Was willst du hier? Autos kaufen? Und das mit einer Kanone in der Hand?«
»Will er bestimmt nicht«, sagte der andere. »Unser Freund hier ist einfach lebensmüde.«
»Meinst du?«
»Klar.«
Suko ließ sich durch das Gerede nicht aus dem Konzept bringen. »Wer hier lebensmüde ist, steht fest. Ich jedenfalls bin es nicht, und ich rate Ihnen, Mr. Iron, sich vorsichtig zu erheben und dann nach rechts wegzugehen. Schlagen Sie einen Bogen, laufen Sie mir nicht in die Schußlinie und verlassen Sie das Büro. Alles andere erledige ich.«
»Oh, hier ist der große lebensmüde Erlediger!« höhnte der Größere der beiden Killer. »Wie schön.«
»Schön wird es für euch nicht werden.«
»Abwarten, Chinamann.«
Percy Iron hatte seine Überraschung noch immer nicht überwunden. Er fühlte sich wie jemand, der aus dem heißen Feuer herausgezogen worden war, um danach im kalten Wasser zu landen. Diese beiden Schocks hatten ihn steif gemacht. Nur der Füller war ihm aus der Hand gerutscht. Dort, wo er hätte unterschreiben sollen, war ein blauer Schrägstrich zurückgeblieben.
Suko behielt die Nerven. Er hob
Weitere Kostenlose Bücher