1072 - Karawane nach Magellan
hielt er resigniert inne. Mit einer wütenden Bewegung stellte er eine Sprechverbindung zum Bordcomputer her und rief ins Mikrophon: „SENECA, was soll das bedeuten! Gib sofort die Funkgeräte frei. Von dem Kontakt mit den Fremden Schiffen kann unser aller Fortbestand abhängen. Auch deiner!"
Aber der Bordcomputer reagierte nicht. Das Funksystem blieb deaktiviert.
Tanwalzen wandte sich zu Atlan um und sagte: „Ich fürchte, da ist im Augenblick nichts zu machen. SENECA spielt wieder einmal total verrückt."
Atlan schüttelte den Kopf.
„So einfach dürfte es diesmal nicht sein", meinte er nachdenklich. „Dahinter steckt etwas mehr."
3.
„He, Junghanseate, komm aus deinem Sarg!"
Randalf Hume war auf Sbarvors Kommen vorbereitet worden, denn der Chamaelier hatte sich durch dreimaliges Klingeln des im Hangarschott eingebauten Signalgebers angekündigt. Nun sah Randalf sein Schildkrötengesicht durch die einseitig transparente Sichtscheibe und vernahm zu allem Überdruß auch noch seine quäkende Stimme durch die Kopfhörer. Als Randalf nicht sofort reagierte, trommelte er mit den Fäusten noch zusätzlich gegen die Klappe des Schreins.
„Komm schon heraus, ich muß mit dir sprechen", drängte Sbarvor.
Randalf öffnete den Deckel des Schreins durch Knopfdruck und kletterte heraus. Er war ein blonder, sommersprossiger junger Mann von 20 Jahren.
„Du sollst mich nicht Junghanseate nennen", beschwerte sich Randalf, „sonst sage ich Falschfarbenkröte zu dir."
„Nur das nicht!" rief Sbarvor in gespieltem Entsetzen. Sie lachten beide.
„Was gibt's?" fragte Randalf.
„Dicke Luft für mich, Randy", sagte Sbarvor und ließ einen düsteren Farbschleier über sein Gesicht huschen. „Die halten mich doch glatt für einen Seth-Apophis-Agenten!"
„Das ist Unsinn!" behauptete Randalf.
Sbarvor erzählte ihm, was sich in der Kommandozentrale zugetragen hatte, und daß man nun für die Explosion und die folgende Kettenreaktion, die zum Entleeren der Gravitraf-Speicher geführt hatte, einen Schuldigen suchte.
„Das fällt gewiß auf mich zurück", meinte Sbarvor. „Schließlich bin ich ein Fremder."
„Quatsch!" sagte Randalf inbrünstig. „Agenten der Superintelligenz erkennt man nicht an ihrem Äußeren. Ich weiß, wovon ich rede. Im Hauptquartier Hanse habe ich einiges über potentielle Agenten erfahren. Jeder an Bord ist verdächtig, selbst ich."
„Nur daß Fremde eben immer verdächtiger sind", meinte Sbarvor, während er einen Blick ins Innere von Randalfs Schrein tat und einige Schaltungen vornahm. Ein winziger Bildschirm leuchtete auf, und über ihn wanderten Symbolkolonnen.
„Was tust du?" fragte Randalf.
„Ich habe in deinen Schrein so eine Art automatisches Logbuch eingebaut und überprüfe jetzt, wo du zur fraglichen Zeit warst", sagte Sbarvor leichthin.
„Du bespitzelst mich?" empörte sich Randalf.
„Der Ereignisschreiber dient eigentlich einem anderen Zweck", antwortete Sbarvor, ohne vom Bildschirm zu blicken. „Es handelt sich um ein etwas modifiziertes Diagnosegerät, das Auskunft über deine körperliche Verfassung während des Eingeschlossenseins gibt Als Nebeneffekt registriert es auch die Dauer deines Aufenthalts im Schrein ... Aha! Du warst während der Explosion nicht in deinem Versteck, Randy!"
„Na und?"
„Wo warst du?"
„Im Maschinenraum", sagte Randalf fast trotzig. „Aber das heißt noch lange nicht, daß ich der Saboteur bin."
„Aber du könntest ihn gesehen haben."
„Ich habe zur fraglichen Zeit eine Menge Leute gesehen", erwiderte Randalf. „Auch deinen Boß, Samhagen. Und auch die Pygnell, und natürlich den Chef-Techniker Lesko. Und dich, Sbar. Was hattest du im Maschinenraum zu suchen?"
„Na, hör mal!" rief der Chamaelier aufgebracht. „Ich bin eben technisch interessiert. Ich möchte den Metagrav-Antrieb für mein Volk haben."
Die naive Offenheit des Chamaeliers verblüffte immer wieder aufs neue.
„Sprich das nur nicht laut aus, sonst belangt man dich noch wegen Spionage", riet Randalf.
Sbarvor machte eine verächtliche Geste.
„Ich bin mir keiner Schuld bewußt. Ihr Terraner habt euch doch den Großteil eurer Technik auch von höherentwickelten Völkern abgeschaut. Wir Chamaelier sind ein junges, aufstrebendes Volk von Raumfahrern, und es ist nur legitim, wenn wir uns am Fortschritt weiter entwickelter Völker orientieren."
Randalf seufzte, es hatte keinen Zweck, mit Sbarvor über moralische Prinzipien zu diskutieren, er hatte
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