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1072 - Karawane nach Magellan

Titel: 1072 - Karawane nach Magellan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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seine eigene Moral, und die war so verwerflich nicht, wie sie auf den ersten Blick schien.
    Sbarvor war ein technisches Genie. Er hatte, unter anderem, für Randalf diesen Überlebensschrein gebaut, der es ihm erlaubte, als Blinder Passagier auf der KOLLORED mitzufliegen. Sie hatten einander im Hauptquartier Hanse kennen gelernt, wo Sbarvor als „Gesandter und Bevollmächtigter der Magellan-Völker" aufgetreten war.
    Als Randalf ihn durchschaute, hatte der Chamaelier sich als „Wirtschaftsfachmann für Magellansche Belange" bezeichnet - bis Randalf dahintergekommen war, daß er bloß den Status einer Testperson hatte. Aber er war dennoch mehr, als hinter diesem Begriff steckte. Vor allem war er Randalfs Freund, der keine Sekunde zögerte, als er den Wunsch äußerte, mit ihm in die Große Magellansche Wolke zu fliegen, ihm den Schrein zu bauen und ihn an Bord der KOLLORED zu schmuggeln. Vorher hatte Randalf seinen Dienst im HQ-Hanse gekündigt. Auf Terra weinte ihm niemand eine Träne nach. Er hatte dort keine Freunde und Verwandten, er war immer ein Einzelgänger gewesen, und nachträglich erschien es ihm fast so, als hätte er nur auf jemand wie Sbarvor gewartet, der ihm Freundschaft und die Möglichkeit zu Abenteuern bieten konnte.
    Wenn man Sbarvors Eigenheiten erst kannte und sich damit abfinden konnte, dann verstand man sich mit ihm prächtig.
    „Du hast mich doch nicht nur aufgesucht, um dich bei mir zu beschweren", sagte Randalf.
    „Natürlich nicht", sagte Sbarvor. „Ich möchte, daß du mir hilfst, den Schuldigen zu finden. Es muß einen Agenten der Seth-Apophis an Bord geben."
    „Und wie stellst du dir das vor?" erkundigte sich Randalf. „Ich bin hier isoliert und habe keine Ahnung, was an Bord vor sich geht."
    „Deine Isolation hat auch etwas Gutes", meinte Sbarvor. „Da niemand etwas von deiner Existenz weiß, rechnet niemand mit dir, auch nicht der Agent. Und über die Vorkommnisse an Bord kannst du dich jederzeit informieren. Wozu habe ich eine Abhöranlage in deinen Schrein eingebaut, selbstverständlich mit Bildübertragung. Du kannst über deinen kleinen Monitor die Kommandozentrale beobachten, und das aus sieben verschiedenen Perspektiven."
    „Allmählich wirst du mir unheimlich, Sbar", sagte Randalf. „Du bist ein Genie. Wenn du der Agent der Seth-Apophis wärst..."
    „Damit scherzt man nicht", fiel ihm Sbarvor ins Wort. „Willst du mich unterstützen? Du tätest es nicht für mich allein." Als Randalf nickte, nahm der Chamaelier an der kleinen Armatur des Schreins einige Veränderungen vor und stellte zusätzliche Verbindungen her. „So, jetzt bist du drahtlos an die Kommandozentrale angeschlossen. Du kannst sogar eine Interkom-Verbindung zu meiner Kabine herstellen und mich insgeheim beobachten, wenn du mir nicht traust."
    „Entschuldige, Sbar, das war nicht so gemeint", sagte Randalf. „Ich weiß, daß du über jeden Zweifel erhaben bist."
    Randalf wußte, daß Seth-Apophis ein Schreckgespenst für den Chamaelier war, seit er zum erstenmal von ihr gehört hatte. Mehr noch, Seth-Apophis war für ihn nicht nur eine nebulose, weit entrückte Bedrohung, die seine Vorstellungskraft überstieg, wie es bei den meisten Menschen der Fall war. Sie stellte für ihn - und aus seiner Sicht auch für sein Volk und die Magellanschen Wolken - eine realistische Gefahr dar, so als sei sie ein persönlich auftretender Feind. Das war selbst für Randalf zu hoch, aber Sbarvor lebte in ständiger Furcht. Darum hatte er auch so sehr darauf gedrängt, daß sich die Kosmische Hanse mehr als bisher in der Großen Magellanschen Wolke engagierte.
    „Ich muß jetzt wieder in die Kommandozentrale zurück, um zu erfahren, wie es mit dem unbekannten Flugkoloß weitergeht", sagte der Chamaelier zum Abschied. „Und vielleicht kann ich den Seth-Apophis-Agenten sogar aus der Reserve locken."
    Der Chamaelier verließ den Laderaum, und Randalf schloß sich in seinen Schrein ein, der unter der Bezeichnung „Magellanscher Meditations-Sarkophag" und der Katalognummer ZBV 51 in der Ladeliste geführt wurde.
    In der Kommandozentrale herrschte hektische Betriebsamkeit. Seit der Hypertrop seine Zapftätigkeit eingestellt hatte und der leuchtende Energietrichter über der KOLLORED erloschen war, konzentrierten sich alle Kräfte auf den fremden Flugkörper.
    Das Kugel-Zylinder-Objekt hatte seine Geschwindigkeit und den Kurs dem Flaggschiff angepaßt und flog in einem Sicherheitsabstand von 50.000 Kilometern auf seiner

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