1073 - Liebling der Toten
abgeschält.
Wayne wußte, daß er ihnen nicht ausweichen konnte. Auch mit größter Mühe schaffte er es nicht, seinen Kopf aus der Gefahrenzone zu drehen.
Die Finger kamen immer näher. Von zwei Seiten wollten sie an sein Gesicht heran. Er konnte zwischen Händen hindurchschauen und sah seinen Besucher.
Hardy fühlte sich äußerst wohl. Er stand mit dem Rücken zum Fenster und hatte sich so den besten Platz ausgesucht. Seine Lippen waren zu einem Lächeln verzogen. Die Augen hielt er weit geöffnet, und in den Pupillen lag ein rätselhaftes Leuchten der Freude.
»Bald bist du tot, Killer!«
Wayne hätte ihm normalerweise eine passende Antwort gegeben, nur war er dazu nicht mehr in der Lage. Er fühlte sich jetzt wie eine Statue.
Man hätte ihn jetzt auch nehmen und in den Garten stellen können, er hätte sich nicht wehren können.
Die Finger der beiden Hände vor dem Gesicht zuckten noch einmal. Sie sandten ein Signal aus - und stießen zu.
Nicht einmal die Augen konnte er schließen. Er rechnete damit, daß diese verdammten Finger ihm die Augen aus den Höhlen schälen würden, aber sie zuckten kurz vor dem Erreichen des Gesichts zur Seite und bohrten sich wie Messer in seine Wange.
Schrie er? Schrie er nur in Gedanken?
Er fand es nicht heraus, zudem erfolgten die Angriffe der Totenhände plötzlich an allen Seiten. Sein Körper war jetzt zu einem Mittelpunkt geworden. Er war das Ziel der Attacken.
Die Kleidung half nichts. Sie war viel zu dünn. Wunden entstanden, Finger drückten sich an immer neuen Stellen in den Körper des Mörders.
Der Schmerz war für Wayne, the pig, überhaupt nicht mehr zu lokalisieren. Er floß auf zahlreichen Bahnen in alle Richtungen hinweg.
Selbst seine Sicht war ihm durch das aus den Stirnwunden fließende und in die Augen rinnenden Blut genommen worden, so daß auch die Gestalt seines Besuchers verschwamm.
Es gab keine Chance mehr. Hardy hatte sein Versprechen tatsächlich wahrgemacht.
Noch kniete der Killer. An seine Waffe dachte er längst nicht mehr. Er war über und über mit Wunden bedeckt. Durch sie würde er nicht sterben, eher durch den Blutverlust. Er wünschte sich, daß der Schmerz irgendwann einmal explodieren und ihn dann in die dunklen Zonen des Todes hineinreißen würde.
Sein Gehör funktionierte noch. Wenn auch schwächer. So vernahm er Hardys Stimme. »Du hast bei deinen Opfer keine Gnade gekannt. Du hast dein letztes Opfer sogar zertreten. Jetzt werde ich keine Gnade kennen. Ich habe zum erstenmal die Rache selbst übernommen, weil es mich so erschüttert hat, wie die Mutter des Toten reagierte. Auch die Polizei habe ich eingeschaltet, doch wenn sie dich hier findet, wirst du bereits tot sein. Du wirst nicht den Segen und die Glückseligkeit des Paradieses empfangen, das schwöre ich dir…«
Die letzten Worte des Besuchers hatte der Killer schon gar nicht mehr richtig mitbekommen. Der Schmerz war einfach zu groß.
Auch die andere Gestalt verschwand aus seinem Blickfeld. Sie sah so weich aus, dann wurde sie dunkel, und plötzlich hatte Wayne das Gefühl, daß seine Brust zerrissen wurde.
Nie zuvor hatte er diesen Schmerz erlebt, der tief in den Körper hineindrang und das Herz erreichte.
Es hörte auf zu schlagen.
Der Killer starb im knien.
***
Hardy war zufrieden. Er nickte, wie jemand, der sich selbst belobigen will. Mit langsamen Schritten ging er auf den Mörder zu und schaute auf den Blutstreifen, der aus dem linken Mundwinkel nach unten gesickert war.
Um den Toten herum bewegten sich die Hände. Diesmal waren sie nicht so starr. Einige von ihnen glichen Hühnerklauen, wenn sie nach unten sackten und sich dabei winkend verabschiedeten.
Die Kälte blieb. Sie hatte den Mörder in seiner Haltung eingefroren.
Hardy schaute auf ihn herab. »Du bist der erste gewesen«, sagte er leise. »Ab jetzt nehme ich das Heft in die Hand, denn ich weiß, daß ich mich auf mich verlassen kann und weniger auf die Polizei, obwohl sie sich Mühe gibt.«
Er hob seinen rechten Fuß an. Ein kleiner Tritt gegen die Schulter des anderen reichte aus. Der tote Killer bekam das Übergewicht und fiel gekrümmt zu Boden.
Um ihn herum hatte das Blut auf dem schmutzigen Boden einen schaurigen Teppich gebildet. Darum kümmerte sich Hardy nicht. Seine Zeit hier war vorbei.
Er umging das Blut, um die Tür zu erreichen. Im Hotel war bisher alles ruhig geblieben. Genau in diesem für Hardy falschen Augenblick änderte sich dies.
Er hatte die Hand bereits nach der
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