108 - Die Werwölfe des Dr. Satanas
betrat neben zwei riesigen Gummibäumen das geräumige Wohnzimmer,
schleifte die Besinnungslose zur Couch und ließ sie achtlos wie einen toten
Gegenstand darauf plumpsen. Die Forscherin, die nur noch ihre Unterwäsche trug,
stöhnte leise. Im Unterbewusstsein spürte sie die Rohheit, mit der sie
behandelt wurde. Es war Brenda Galleys Gesicht anzusehen, dass sie sich
bemühte, die Wirkung des Betäubungsmittels zu überwinden. Ihre Augenlider
zitterten wie die Flügel eines Schmetterlings, und um ihre Mundwinkel zuckte
es. Noch war das Gift stärker als ihr Wille. Satanas ging in die Küche, öffnete
den Kühlschrank und nahm eine angebrochene Flasche mit Orange Juice heraus. Da
setzte er einen ordentlichen Strahl aus der Spritze mit dem Wirkstoff VC 98
hinein und kehrte dann mit der Flasche und einem Glas zu der wie in Trance
Liegenden zurück. Mit teuflischem Grinsen hockte sich der Menschenfeind und
-Verächter auf den Rand der Couch, schüttelte die Flasche kräftig und goss dann
das Glas halbvoll damit. „Nun komm, Schwesterchen“, kicherte er bösartig.
„Trink, damit es dir besser geht... Ein kühler Schluck wird dir bestimmt gut
tun und kurbelt deine Lebensgeister wieder an.“ Er stützte ihren Kopf, hielt
ihr das Glas an die Lippen und flößte Brenda Galley die mit VC 98 angereicherte
Flüssigkeit tropfenweise ein. Die Frau schluckte. Als sie das ganze Glas intus
hatte, stellte Satanas es auf den Tisch zurück, schlüpfte aus den Kleidern und
zog sich draußen in Brenda Galleys Fahrzeug den dunklen Anzug wieder an. Er
trug nun wieder Männerkleidung, verschloss das Fahrzeug, hinterließ alles so,
wie auch die echte Brenda Galley es hinterlassen hätte, und kehrte noch mal ins
Haus zurück. Nun sah er aus wie eine Brenda Galley in Männerkleidung. Aber auch
das änderte er...
Er suchte das
Badezimmer auf, stellte sich vor den Spiegel und griff in das fremde Gesicht,
das er noch immer besaß. Er löste es mit einer kurzen, ruckartigen Bewegung.
Wie eine hauchdünne Latexmaske, die er aufgelegt hatte, entfernte er es von
seinem Körper, warf es in die Toilette und betätigte die Wasserspülung.
Gesichtslos stand er wieder vor dem Spiegel. Dr. Satanas, wie er leibte und
lebte! Er hatte keine Augen, und doch registrierte er seine Erscheinung. Er
trug in der Innentasche seines Jacketts ein flaches Etui und klappte es auf.
Unter einem schmalen Gummiband waren mehrere Hautstücke befestigt. Wie
Briefmarken in einer hauchdünnen Klarsichthülle wurden die verschiedenen
Hautstücke aufbewahrt. Mit spitzen Fingern zog Satanas eines aus der Folie. Es
war mit einem dünnen Feuchtfilm versehen. Der Unheimliche, dem unsichtbare
Geister gehorchten, klebte sich die fremde Haut wieder auf die Stelle in Höhe
der Nasenwurzel und begann seine Beschwörungsformel zu murmeln. Wie vorhin in
Brenda Galleys Auto, so kam es auch jetzt zu der gespenstischen Umwandlung. Dr.
Satanas erhielt sein neues Gesicht...
Das Gesicht
eines Alltagsmenschen, der nicht auffiel, an dem es nichts Besonderes gab. Die
Haut war wächsern, die Augenbrauen schmal und dunkel, die Nase leicht gebogen.
Besondere Kennzeichen: keine. Wo immer dieser Mann auftauchte, würde man ihn
kaum registrieren, geschweige denn beschreiben können. Ein Gesicht unter
vielen. Sein wahres Gesicht? Nein. Dies kannte nur er selbst...
Wenige
Minuten später verließ der Unheimliche das Haus, in dem Brenda Galley wohnte.
Er ließ alles so zurück, dass keine Spuren von ihm entdeckt werden konnten. Er
hatte einen bestimmten Plan, und die Saat war ausgelegt. Er musste abwarten,
bis sie aufging ...
●
Larry Brent
verließ im Morgengrauen die Stadt. Er hatte in einem kleinen Hotel übernachtet.
Mit Anbruch des neuen Tages ging dem PSA-Agenten eine neue Information der
Zentrale zu. Die ersten Daten über das Mädchen Manuela lagen vor. Sie hieß mit
vollem Namen Manuela Lopez und war vor neunzehn Jahren in einem kleinen Dorf in
den Bergen im Herzen Mexikos geboren worden. Bei dem Versuch, Informationen
über das Girl und seine Familie einzuholen, hatten sich unerwartete Schwierigkeiten
ergeben. Manuela Lopez’ Weg aus ihrem Dorf bis nach Salem im Staat Oregon ließ
sich nicht in allen Einzelheiten nachvollziehen. Wegen familiärer
Schwierigkeiten war Manuela das erste Mal im Alter von fünfzehn Jahren
ausgerissen und hatte in einem Wald übernachtet. Tagelang suchte man sie
verzweifelt, ohne eine Spur von ihr zu entdecken. Dann fand sie ein
Waldspaziergänger und
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