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1080 - Hexenwald

1080 - Hexenwald

Titel: 1080 - Hexenwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sich auf die eine Chance.
    So weit wie möglich über den Boden gleiten. Den Arm ausstrecken, versuchen, den Körper zu packen und ihn zu sich heranzuziehen. Eine andere Chance gab es nicht.
    Bäuchlings lag er auf der feuchten Erde. Es war die optimalste Lage, die es für ihn im Augenblick gab. Mühsam streckte er seinen Arm aus und machte auch die Hand so lang wie möglich. Er streckte die Finger, er spürte das Ziehen jedes einzelnen, und er griff mit dieser Hand nach vorn, um die Hexe zu packen.
    Er berührte ihre Füße.
    Der erste Kontakt gab ihm Mut. Weiter zugreifen und…
    Nein, unmöglich. Es ging nicht mehr. Um sie richtig fassen zu können, mußte er näher an sie heran, und das war nicht zu schaffen. Davor stand die verdammte Fessel. Sie hielt ihn so stramm, daß er keine Chance mehr hatte, sie zu packen.
    Seine Finger rutschten über den Fuß hinweg, das war auch alles. Es ging nicht mehr weiter, so sehr sich Harry auch anstrengte. Anena war einfach zu weit von ihm weggerutscht.
    Sein Keuchen hörte sich an wie ein Schrei. Er war wütend. Er war enttäuscht. Seine Aktion war vergebens gewesen.
    Harry lag auf dem Boden und verfluchte die Kette. In seinem Kopf rumorte es. Er war enttäuscht. Er schlug mehrmals mit der flachen Hand auf den Boden und lauschte dem dumpfen Klatschen nach.
    Er hatte es versucht, aber es war ihm letztendlich nicht gelungen, weil das Schicksal doch gegen ihn war.
    Harry gab trotzdem nicht auf. Er versuchte es abermals und streckte den Arm sowie die Hand so weit vor, daß er den Schmerz wie in böses Bohren in seiner Schulter spürte.
    Wieder konnte er die Hexe nur berühren. Zu mehr war er nicht fähig. Wenn er mit den leicht gekrümmten Fingern weiter nach vorn greifen wollte, rutschte er jedesmal wieder ab.
    Vorbei.
    Man hatte ihm keine Chance gelassen.
    Harry wollte auch in dieser Haltung nicht bleiben. Er richtete sich wieder auf, blieb aber knien und schaute sich um. Schweiß rann über sein Gesicht Im Kopf zuckten die Stiche, aber daran dachte er nicht. Er suchte nach einer Möglichkeit, doch noch alles zu ändern.
    Er brauchte die Hexe nur ein winziges Stück in seine Richtung zu bewegen, dann konnte er ihren Fuß umfassen und sie zu sich heranziehen. Viel Zeit hatte er auch nicht. Er wußte nicht, wie hart der Schlag gewesen war und wieviel die Person vertragen konnte. Auf keinen Fall durfte sie zu früh aus ihrer Bewußtlosigkeit erwachen.
    Ein Hilfsmittel mußte her.
    Harry ließ die Blicke schweifen. Er suchte nach einem in der Nähe liegenden Ast, der stark genug war, um den Körper damit anschieben zu können.
    Hätte er genügend Zeit und Bewegungsfreiheit gehabt, er hätte ihn sicherlich gefunden. In diesem Fall war es nicht möglich. Zudem grenzte ihn die verdammte Kette ein. Er suchte den Boden ab, der zudem nicht glatt war, sondern einen recht dichten Bewuchs aufwies, der so manches versteckte.
    Es waren alte Äste abgefallen, aber sie lagen nicht in seiner Nähe. Was er beim beschränkten Herumlaufen fand, waren nur kleine, knüppelähnliche Gegenstände, mit denen er in seiner Lage nicht viel anfangen konnte.
    Harry Stahl kochte auch weiterhin vor Wut. Daß der Fall so enden würde, damit hätte er nicht gerechnet. Seine Chancen waren tatsächlich auf den Nullpunkt gesunken. Hinzu kam noch, daß sich die Hexe plötzlich wieder bewegte.
    Ein Zucken rann durch ihren Körper. Sie streckte zuerst die Beine, dann bewegte sie ihre Arme, und sie schlug auch die Augen auf, wie Harry erkennen konnte.
    Noch lag sie am Boden, aber sie konnte sehen, daß er sich erhoben hatte.
    Genau das tat sie auch.
    Langsam, bewußt langsam, beinahe schon genießerisch. Mit der rechten Hand rieb sie über ihr Kinn, das sicherlich blau angelaufen war. So ganz hatte sie den Treffer nicht verdaut, und sie schüttelte den Kopf, als sie Harry anschaute.
    Dann blieb sie sitzen, die Beine angezogen. Das Lachen gefiel ihm gar nicht, denn darin schwang die reine Häme mit. »Du hast dir was ausgerechnet, wie? Du hast gedacht, mich überlisten zu können, du verdammter Hundesohn. Aber du hast dich geirrt. Ich herrsche hier, und ich diene auch. Das wirst du bald merken.« Schwungvoll stand sie auf. Den Treffer schien sie gut verkraftet zu haben.
    Dann streckte sie den rechten Arm zur Seite und bewegte ihn auf ein bestimmtes Ziel zu. Es war der Tote am Boden.
    »Schau ihn dir genau an«, flüsterte sie. »Nimm jede Einzelheit so weit wie möglich auf, denn dir steht das gleiche Schicksal bevor.

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