1084 - Operation Kardec-Schild
Sie ihn stehen.
Er ist synthetisch. Ich fülle ihn in eine antike Flasche ab und klebe der Flasche ein pseudoantikes Etikett auf den Bauch. Das stellt mich zufrieden und vermittelt mir die Illusion, ich befinde mich in einer Welt, in der wirklich gute Dinge noch zu haben sind."
Clifton Callamon sah vor sich hin auf die Kante des Tisches. Dann ergriff er plötzlich das Glas und hob es in die Hölle. „Auf Ihr Wohl. Sie gefallen mir", sagte er und nahm einen tiefen Schluck. „Also verstehen wir uns. Ich bin der Schildträger!"
Brick Entel tat ihm Bescheid und setzte das Glas mit einem harten Ruck auf den Tisch zurück.
„Nein, Sie sind es nicht", antwortete er. „Und das ist endgültig."
3.
Fünf Tage waren seit Atlans Besuch in Gesils Privatunterkunft vergangen. Fünf Tage lang hatte er nichts von ihr gehört. Es erschien ihm, seine Geduld sei nun genug strapaziert worden. Er rief sie über Radakom, wurde auf eine Amtsleitung geschaltet und erhielt von einer Robotstimme die unerfreuliche Auskunft: „Adreßcode deaktiviert. Der Anschluß existiert nicht mehr."
Mit anderen Worten: Gesil hatte die Stadt verlassen. Atlan gab sich damit nicht zufrieden. Er tat, was er sonst unter allen Umständen hätte vermeiden wollen. Er setzte sich mit Perry Rhodan in Verbindung, um sich bei diesem zu erkundigen, ob er etwas über Gesils Verbleib wisse. Rhodan wußte nichts. Er hatte Gesil seit sechs Tagen nicht mehr gesehen. Er zeigte sich erstaunt über ihre Abwesenheit. Atlan sah, daß der Freund ihm nichts vorspielte. Er wirkte müde und abgespannt. Er hatte versucht, Lafsater-Koro-Soth, den Anführer der Porleyter, zur Rücknahme seines Ultimatums zu bewegen. Aber Koro war hart geblieben. Vier Wochen lang hatte die Menschheit Zeit, den erbeuteten Kardec-Schild zurückzugeben. Erfolgte die Rückgabe nicht binnen der gesetzten Frist, dann würde Perry Rhodan dafür zu büßen haben. Koro ließ sich nicht darüber aus, was er damit meinte. Aber es gab wenig Zweifel daran, daß Rhodan in Gefahr war.
„Ich brauche dir nicht zu sagen, daß es mir nicht um meine Person geht", erklärte Perry düster. „Aber wenn die, Porleyter nach dieser Manier verfahren, welchen Anlaß werden sie dann als nächsten vorschieben, um gegen uns vorzugehen? Und wie lange kann es dauern, bis es auf Terra niemand mehr gibt, der die Zusammenhänge gut genug versteht, um den Invasoren Widerstand zu leisten?"
Es war das erste Mal, daß Atlan ihn das Wort Invasoren gebrauchen hörte. Die Lage war nicht zum besten.
Er rief Tanwalzen, den ehemaligen Kommandanten der SOL, Zia Brandström und Kars Zedder - alles enge Vertraute aus den langen Wochen der Heimreise des Generationenschiffs. Niemand hatte von Gesil gehört. Niemand wußte, wo sie sich aufhielt. Er aktivierte Informationsquellen, die nicht jedermann zur Verfügung standen.
Gesil besaß keine eigenen Mittel. Die Liga Freier Terraner hatte sich bereit erklärt, in durchaus großzügiger Weise für ihren Unterhalt aufzukommen, aber abgesehen davon war sie arm wie eine Kirchenmaus. Atlan beschaffte sich die Aufzeichnungen, die der Radakom in ihrer Wohnung automatisch angefertigt hatte. Unterlagen dieser Art wären im Normalfall vernichtet worden, bevor jemand Einsicht nehmen konnte. Aber Gesil war keine Bürgerin der Liga.
Sie war nicht auf dem amtsgerechten Weg eingewandert und hatte sich geweigert, den Behörden Aufschluß über ihre Herkunft zu geben. Diese drei Dinge machten sie zu einer Person, auf die es sich lohnte, ein Auge zu haben. Die Aufzeichnungen waren vorhanden, und Atlan hatte wenig Mühe, eine Kopie zu erhalten.
Er suchte nach Gesprächen, die Gesil mit Unbekannten geführt haben mochte. Aber er fand nur vertraute Stimmen und Dinge, die ihm längst bekannt waren. Er verlor alle Hoffnung und war bereit, die Suche aufzugeben, als er am Ende einer der Aufzeichnungen eine Serie von Störgeräuschen entdeckte, die knapp eine Sekunde andauerte. Es mochte sein, daß sie durch eine Fehlfunktion des Radakoms verursacht worden war, aber er wollte seiner Sache sicher sein. Er übergab die Aufzeichnung - gespeichert auf einem metalloiden Würfel von vier Millimetern Kantenlänge - einem Labor mit dem Auftrag, die Serie von Störgeräuschen zu analysieren und nach brauchbaren Informationen zu suchen.
Die Analyse nahm nur kurze Zeit in Anspruch. Gesil hatte sich nur oberflächliche Mühe gegeben, ihre Botschaft so zu verkapseln, daß sie von keinem Unbefugten verstanden werden
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