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1084 - Operation Kardec-Schild

Titel: 1084 - Operation Kardec-Schild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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rollte wie schweres Artilleriefeuer über das flache Land. Sie hasteten die Schneise entlang, Palo voran. In den kurzen Pausen zwischen zwei aufeinanderfolgenden Donnerschlägen hörten sie das zornige Geschrei der Sauroplexe.
    Palo jammerte mit kreischender Stimme: „Sie werden mir alle davonlaufen! Und dann muß ich wieder ein Jahr auf meinen nächsten Bonus warten."
    „Es wird nicht so schlimm sein", versuchte Atlan ihn zu trösten. „Das Wetter beruhigt sich allmählich."
    „Es ist nicht das Wetter", schrie Palo im höchsten Diskant. „Es ist die Frau!"
    „Welche Frau?" erkundigte sich Atlan verblüfft.
    Es war schwer, im Laufen eine kontinuierliche Unterhaltung aufrechtzuerhalten. Der Weg hatte seine Schwierigkeiten. Sie mußten den Stapfen des Sauroplex’ ausweichen, und wenn sie zur Seite sprangen, landeten sie mitunter in knöcheltiefem Morast.
    „Die Riesenfrau", jammerte Palo. „Ich sah sie vor kurzem. Sie wanderte am Himmel entlang und war so hoch wie drei Häuser. Das ist es, was die Tiere verschreckt."
    Atlan antwortete nicht sofort. Seine erste Reaktion war, den kleinen Mann mit dem Schnurrbart für ein wenig verrückt zu halten. Aber dann dachte er an Gesil und Srimavo.
    Sie hatten den Sturm entfacht und die Funkverbindung mit der übrigen Welt abgeschnitten. Warum sollte es ihnen nicht möglich sein, als Gestalten von der dreifachen Höhe eines Hauses zu erscheinen.
    Ein Licht drang durch die regenverhangene Finsternis. Palo blieb stehen und streckte den Arm aus.
    „Dort wohne ich!" schrie er.
    „Dann nichts wie hinüber", antwortete der Arkonide.
    Die Schneise hatte sich geweitet und war zu einer ausgedehnten Lichtung geworden.
    Der Boden war von Fußtapfen zerfurcht, in denen sich das Regenwasser sammelte. Die Schreie der Tiere kamen jetzt aus unmittelbarer Nähe. Atlan ließ die Lampe in seiner Hand einen Halbkreis beschreiben. Der Lichtkegel, durch den feuchten Dunst scharf abgezeichnet, erfaßte eine riesige Gestalt, die sich im Sumpf suhlte und den mächtigen Schädel mit weit aufgerissenem Maul hoch erhoben hielt. Er wich zur Seite aus, landete in einer Lache und stürzte. Bevor er sich wieder aufgerichtet hatte, war Palo ihm mehr als ein Dutzend Schritte voraus.
    Ein gewaltiger, blauweißer Blitz spaltete den wolkenverhangenen Himmel. Krachender Donner kam hinter ihm her. Atlan war unwillkürlich zusammengezuckt. Die Bewegung brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Er stürzte von neuem. Während er noch bemüht war, sich aufzuraffen, fiel plötzlich ein fremdartiges, fahlgelbes Licht über die Szene. Er stemmte sich in die Höhe, taumelte ein wenig und sah das unglaublichste Bild, das sich seinen Augen je dargeboten hatte.
     
    *
     
    Die Wolken hatten sich gespalten. Die untergehende Sonne beleuchtete mit gelbem, durch die feuchte Luft gedämpftem Schein eine gespenstische Szene. Hinter Palos Hütte erhob sich ein Hügel, eine kahle Kuppe von nicht mehr als fünfzehn Metern Höhe.
    Auf dem Hügel bewegten sich zwei Gestalten - riesige Silhouetten, die bis in die Wolken hinaufragten. Er erkannte sie, wenn auch der Verstand sich weigerte, den Augen zu trauen: Gesil und Srimavo. Sie schritten auf gegenüberliegenden Seiten die Rundung der Kuppe empor und trafen sich in der Nähe des Gipfels. Sekundenlang standen sie einander reglos gegenüber, und während dieser Zeitspanne drifteten die Wolken weiter auseinander, der Regen hörte auf zu strömen, und das Gewitter erstarb so plötzlich, als hätte eine unsichtbare Kraft der Atmosphäre alle Elektrizität entzogen. Die Temperatur hatte zu sinken begonnen. Atlan fröstelte.
    Während er fasziniert die phantastische Erscheinung beobachtete, wurde ihm klar, was er sah. Gesil und Srimavo befanden sich in Wirklichkeit weit von Palos Hütte entfernt, tief im Dschungel. Der Hügel war weiter nichts als ein kleiner Erdhaufen. Eine Luftspiegelung erzeugte das Bild der fünfzehn Meter hohen Kuppe und der beiden Riesengestalten. In der Höhe hatte sich eine Inversionsschicht ausgebildet, die Lichtstrahlen reflektierte. Er sah eine Fata Morgana, ein Truggebilde, das von den Temperaturgradienten der in Verwirrung geratenen Atmosphäre bewirkt wurde.
    So erklärte es sich der logische Verstand. Aber warum bekam gerade er das Trugbild zu sehen? Warum stand es nicht auf dem Kopf, wie es bei Luftspiegelungen üblicherweise der Fall war? Welche Macht hatte die Wolken bewegt, sich ausgerechnet in diesem Augenblick zu teilen? Wer hatte den Regen angehalten

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