1085 - Rattenliebe
haben genug zu tun.«
»Woher kommen die Gäste?«
»Von der Anlage. Die meisten arbeiten dort. Hin und wieder verlaufen sich auch welche, so wie du.. Aber das ist nicht die Regel.«
»Kann ich mir denken. Nichts gegen deine Kneipe hier, aber der Name klingt schon etwas seltsam.«
»Mir gefällt er.«
»Steckt was Besonderes dahinter?« Der Mann kniff für einen Moment die Augen zusammen. »Vielleicht will ich keine frommen Leute bei mir haben, sondern richtige Typen.«
»Wobei das eine das andere nicht ausschließt.«
»Bist du denn fromm?«
»Hin und wieder schon.«
Der Mann grinste nur, drehte sich ab und ging kopfschüttelnd zu seiner Zapfanlage.
In meinem Krug schimmerte dunkles Bier. Ich nahm einen Schluck. Es rann fast wie Sahne durch meinen Mund und dann kühl die Kehle hinab.
Danach machte ich es mir bequem und streckte die Beine zur linken Seite hin weg.
Man kümmerte sich nicht um mich. Die Männer am Tresen unterhielten sich miteinander. Hin und wieder wurde auch eine Frau in die Gespräche mit einbezogen, ein paar Blicke trafen mich, aber zumeist verschwammen die Gesichter im schalen Licht und hinter dem Rauch zahlreicher Zigaretten.
Ich dachte wieder an Bannister und zwangsläufig auch an die Ratten. Bisher hatte ich noch kein Tier gesehen. Weder draußen noch hier drinnen. Sollten welche vorhanden sein, so hielten sie sich gut versteckt. Allerdings war diese Umgebung ein reiner Tummelplatz für sie, denn Ratten fraßen so gut wie alles.
Ich nuckelte an meinem Bier und dachte daran, mit Jane Kontakt aufzunehmen. Als ich das Handy hervorholte, rückte ich auch etwas aus dem Lichtschein heraus. Zwei neue Gäste hatten das Lokal betreten, sprachen sehr laut, was mich überhaupt nicht störte, denn sie nahmen auch den Wirt in Beschlag. So hatte ich Ruhe, mit Jane zu telefonieren, die sich auch sehr schnell meldete.
»Du bist im Lokal, nicht?«
»Seit einigen Minuten.«
»Und?« Ihre Stimme klang gespannt. »Ist alles klar?«
»Bis jetzt noch. Allerdings habe ich mich auf einen Platz gesetzt, der für eine bestimmte Frau reserviert ist. Ich nehme an, daß es sich dabei um Teresa handelt.«
»Erzähl.«
»Da ist nicht viel zu sagen.« In dürren Worten brachte ich ihr bei, was mir auch der Wirt gesagt hatte.
»Aber es ist eine Chance, John, die kommt.«
»Was macht dich so sicher?«
»Gefühl.«
»Warten wir es ab. Wo steckst du im Moment?«
»Ich bin im Auto. Das Lokal kann ich sehen. Zumindest das Flackerlicht.«
»Gut. Und was hast du weiter vor?«
»Ich schaue mich mal um.«
»Wo?«
»Nicht im No holy. Die Umgebung kann ja auch interessant sein. Bannister hat mir von einem Versteck oder Verlies erzählt. Vielleicht finde ich es.«
»Wag dich nur nicht zu weit vor.«
»Keine Sorge, das geht schon klar.«
»Noch was, Jane! Hast du eigentlich irgendwelche Ratten in der Umgebung gesehen?«
»Nein, keine. Weder eine auf zwei noch eine auf vier Beinen. Aber ich habe eine lichtstarke Taschenlampe mitgenommen. Mal sehen, ob ich sie entdecken kann.« Ich hörte sie atmen. »Alles klar, John, ich melde mich wieder. Und gib du acht, wenn diese Teresa auftaucht.«
»Noch ist sie nicht da.« Ich machte Schluß, denn der Wirt hatte schon zweimal in meine Richtung geblickt. Jetzt schlenderte er herbei. »Du trinkst aber langsam, Meister.«
»Im Spätherbst immer. Da ist der Durst kleiner.«
Er schaute mich an. Dabei strich er mit dem linken Daumen und mit dem Zeigefinger über sein Kinn hinweg. »Ich will dir ja nichts, aber irgendwie riechst du komisch. Meine ich zumindest.«
Ich lachte erst mal. »Pardon, aber ich habe mich geduscht, und auf der Kippe war ich auch nicht.«
»Das meine ich auch nicht damit.«
»Was dann?«
»Du riechst nach Bulle.«
»Oh, das hat mir noch keiner gesagt.«
»Ich habe eben eine bestimmte Nase dafür.«
»Die auch mal täuschen kann.«
Er schaute mich scharf an. »Ich habe mich nur selten getäuscht, Meister.« Dann schlug er auf die Theke. »Wir werden sehen.« Wieder drehte er mir den Rücken zu.
Insgeheim mußte, ich ihm recht geben. Es gibt tatsächlich Menschen, die spüren oder riechen, wenn jemand Polizist ist. Dazu gehörte der Knabe mit dem langen Haarzopf wohl auch.
Eine halbe Stunde hockte ich schon auf meinem Platz und kam mir vor wie ein Aussätziger, denn es gab niemand, der sich zu mir setzen wollte. Wie bei einem Menschen, der unter Ausschlag leidet.
Aber das war nicht der Grund. Wer hierher kam, der wußte, daß diese Ecke
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