1087 - Wolke im All
wie unbrauchbar gemacht worden sein.
Noch hatte Javier nicht die gesamte Besatzung der BASIS gegen sich. Es gab Leute, die ihn unterstützten - und bisher verlief die Auseinandersetzung auch in sehr ruhigen Bahnen. Javier konnte sich nicht ernsthaft vorstellen, daß irgend jemand sich zu unbesonnenen Aktionen hinreißen ließ. Dennoch war ihm klar, daß die Lage langsam kritisch wurde, und er gestand sich ehrlich ein, daß das nicht zuletzt an ihm selbst lag.
Er hatte den guten Willen, Rhodans Auftrag zu erfüllen. Aber gleichzeitig befiel ihn immer häufiger eine heftige Unruhe, wenn er an die Milchstraße dachte, und dann tauchte automatisch auch in ihm der Gedanke auf, ob es nicht besser wäre, umzukehren und Rhodan zu Hilfe zu eilen. Irgendein Gefühl sagte ihm, daß der Terraner Hilfe brauche - und dagegen stand der Befehl, dem er zu folgen versuchte.
Es war eine Zwickmühle, aus der er sich nur befreien konnte, indem er sich auf andere Probleme konzentrierte.
Wie zum Beispiel auf die Wolke, der man sich mittlerweile schon um ein beträchtliches Stück genähert hatte.
Er setzte sich mit Les Zeron in Verbindung, in der Hoffnung, daß der Nexialist ein paar Neuigkeiten für ihn hatte.
Les Zeron wirkte abwesend, als er das Gespräch entgegennahm, aber als er den Kommandanten erkannte, glühten seine Augen begeistert auf.
„Es ist ungeheuerlich", stieß er hervor. „So etwas wie diese Wolke dürfte es eigentlich gar nicht geben. Je näher wir dem Ding kommen, desto phantastischer werden die Daten, die wir bekommen."
Javier ahnte, daß er jetzt gleich eine Menge Fachausdrücke zu hören bekommen würde. Er hatte eine ausgezeichnete Ausbildung als Hyperphysiker, Astronom und Astrogator erhalten, und es war nicht etwa so, daß er Les Zeron nicht hätte folgen können. Aber er brauchte jetzt Fakten, die jeder an Bord verstand. Darum hob er die rechte Hand und brachte „Backenhörnchen" damit zum Schweigen.
„Ich habe eine anstrengende Diskussion hinter mir", erklärte er. „Sag's mir mit einfachen Worten."
Zeron zuckte die Schultern. Er wirkte ein bißchen beleidigt, aber er fing sich schnell.
„Also gut", sagte er. „Erstens: Wenn wir unseren Ortungsinstrumenten trauen dürfen, ist nun schon zum zweitenmal etwas innerhalb der Wolke materialisiert. Du weißt, daß wir schon einmal entsprechende Daten aufgefangen haben, mit denen wir aber nicht viel anfangen konnten. Wir glaubten, daß das auf die relativ große Entfernung zurückzuführen sei, die noch zwischen BASIS und Wolke lag. Außerdem kam das Ganze überraschend. Wir waren nicht vorbereitet, und wir dachten, daß wir einige Instrumente nicht so sorgfältig justiert hatten, wie es nötig war. Nun, diesmal sind wir nahe genug dran, die Geräte fangen jeden Mucks auf, und wir wissen trotzdem nicht mehr als vorher. Zweitens: Je länger wir die Wolke beobachten, desto deutlicher wird für uns, daß das Ding nicht so reagiert, wie eine kosmische Staubwolke reagieren sollte."
„Was willst du damit zum Ausdruck bringen?" fragte Javier, weil Les Zeron plötzlich schwieg.
Der Multiwissenschaftler seufzte.
„Wir haben beobachtet, daß Raumschiffe sich der Wolke näherten", sagte er leise.
„Das ist nichts Neues, ich weiß. Aber erst seit einigen Minuten haben wir den endgültigen Beweis dafür, daß die Annäherung der Raumschiffe und die Veränderungen in der Form der Wolke einen Zusammenhang aufweisen. Du kennst diese Ausstülpungen, die sich immer wieder bilden. Du hast auch schon von den fremden Schiffen gehört, aber... Es hat wenig Sinn, es erklären zu wollen. Sieh es dir an."
Les Zeron schaltete eine Aufzeichnung ein, und Javier begriff sofort, daß es sich um eine Zeitrafferaufnahme handelte, die mit einer Computergrafik gekoppelt war.
Norgan-Tur war eine alte, aber reich besiedelte Galaxis, und einige der gängigsten Raumfahrtrouten schienen dicht an der Wolke vorbeizuführen. Genaugenommen gingen diese Routen sogar durch die Wolke hindurch, aber offensichtlich zogen die heimischen Raumfahrer es vor, diesem unheimlichen Ding aus dem Weg zu gehen. Die geraffte Aufzeichnung bewies ausreichend, daß jedes Schiff einen Bogen um die Wolke machte, und das war eigentlich schon aufregend genug. Aber wenn man dann auch noch das Verhalten der Wolke berücksichtigte, wurde es geradezu beängstigend.
Die von den Computern gezeichneten Linien kamen hinzu. Sie zeigten, was geschehen wäre, wenn eines der Schiffe keinen Ausweichkurs eingeschlagen
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