1088 - Der ewige Krieger
geriet, bestand nie, zumindest so lange nicht, wie es Voire gab. Denn Voire, das gute Gewissen, die porleytische Seele, war die Garantie dafür, daß Cosino im Zaum gehalten wurde.
Beide waren eng miteinander verstrickt, wie sehr sie auch Wesenheiten höherer Ordnung waren. Sie waren eigentlich mehr als nur ungleiche Geschwister, sie waren gegensätzliche Zwillinge.
Aber einer konnte ohne den anderen nicht sein. So wie Liebe den Haß erwecken kann und Haß oft die Liebe fördert, so hielten einander Voire und Cosino in der Waage.
Und wenn Voire nicht mehr war, so gab es keine Kraft mehr, die Cosino halten konnte, auch der Kubus nicht.
Der porleytische Krieger würde seine Freiheit erlangen.
*
Tengri Lethos wies auf die Bildschirmgalerie, wo der geöffnete Silberkubus in verschiedenen Perspektiven zu sehen war.
Er sagte unheilschwanger: „Nun ist Cosino frei. Das ist ein eindeutiger Beweis dafür, daß irgend etwas Schreckliches mit Voire passiert sein muß. Andernfalls hätte Cosino nicht aus seinem Verlies ausbrechen können."
„Warum muß unbedingt etwas mit Voire passiert sein", meinte Roi Danton. „Ebenso gut wäre es möglich, daß Cosino durch die Seth-Apophis-Komponente befreit wurde, als sie in den subplanetaren Anlagen von Khrat wütete. Beweist der aus den Fugen geratene Kubus nicht, daß sie damit manipuliert haben muß?"
„Das schon", gab Tengri Lethos zu. „Aber es gibt Beweise dafür, daß Cosino noch in seinem Gefängnis war, als wir ihn bargen. Die drei Domwarte, die den Kubus bargen, bekamen deutlich seinen Einfluß zu spüren. Ebenso Beezan, der vor euch steht. Er kann euch seine Eindrücke schildern. Und ich habe den Kubus selbst untersucht und kam zu dem Ergebnis, daß Cosino bis zuletzt in ihm gefangen war."
„Aber wieso haben wir nie seinen Einfluß gespürt?" fragte Waylon Javier.
„Es könnte doch durchaus sein, daß der porleytische Krieger schon auf Khrat freigekommen ist", sagte Danton hoffnungsvoll.
„Diese Möglichkeit besteht", gab Lethos zu. „Aber darauf sollten wir uns besser nicht verlassen. Wir sollten davon ausgehen, daß er an Bord ist."
Eine Weile herrschte Schweigen, bis Javier das Wort ergriff.
„Und wie können wir das feststellen?"
„Ich weiß nicht viel über die Möglichkeiten des porleytischen Kriegers", gestand Tengri Lethos. „Aber gewiß ist er mächtig genug, die gesamte BASIS unter seine Kontrolle zu bringen. Er könnte uns alle töten oder zu seinen Söldnern machen. Daß er es noch nicht getan hat, ist kein Gegenbeweis. Vielleicht reizt es ihn ganz einfach, mit uns Schicksal zu spielen. Seid also auf der Hut!"
„Wir haben es demnach mit einem Gegner zu tun, der nicht zu fassen ist", resümierte Roi Danton. „Mit einem unsichtbaren Krieger, der die Inkarnation des Bösen ist. Er kann sich in unsere Gehirne schleichen. Oder er kann mit seiner Kraft das Schiff selbst beherrschen ..."
„Die Hamiller-Tube!" rief Waylon Javier dazwischen. Und als aller Augen auf ihn gerichtet waren, fügte er hinzu: „Hamiller hat sich während der gesamten Versuchsreihe nicht gemeldet. Die Bordpositronik hatte zwar keinerlei Ausfälle, aber die Hamiller-Tube selbst schaltete sich nicht ein und reagierte auch nicht auf meine Anrufe.
Das ist höchst seltsam."
Bevor irgend jemand etwas dazu sagen konnte, meldete sich die vertraute und wohlklingende Stimme.
„Hier spricht das Bordgehirn", erklang es aus den Lautsprechern, ohne daß jemand die Hamiller-Tube aktiviert hätte. „Wenn Sie gestatten, möchte ich eine Erklärung abgeben."
„Es wird auch höchste Zeit", sagte Javier vorwurfsvoll.
„Ich habe bisher geschwiegen, weil ich abwarten und beobachten wollte", sagte die Hamiller-Tube. „Ich wollte mir einen Gesamtüberblick über die Situation verschaffen.
Nun muß ich aber gestehen, daß ich nicht klüger als zuvor bin. Cosino, der porleytische Krieger, bleibt für mich ein Phantom."
„Soll das heißen, daß du nicht an seine Existenz glaubst?" fragte Javier. „Daß er gar nicht an Bord der BASIS ist?"
„Jede Antwort darauf wäre reine Spekulation", antwortete die Hamiller-Tube. „Es steht fest, daß der porleytische Krieger nicht körperlich ist. Aber es könnte durchaus sein, daß er danach strebt, in den Besitz eines Handlungskörpers zu kommen, um sichtbare Taten zu setzen. Wir haben keinerlei technische Einrichtungen, um das Potential Cosinos zu messen. Er verhält sich zu den Realitäten wie das absolute Nichts. Dennoch werden
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