1089 - Horrorland
mich bereits eingeweiht. Außerdem habe ich dein Gespräch mit Mrs. Caine mit anhören können.«
»Das ist gut.«
»Es dreht sich also um Aibon?«
»Darauf deutet alles hin. Der Tote muß in seinem Leben Kontakt mit dem Paradies der Druiden gehabt haben, aber er übertrieb es.«
Ich deutete auf den Rest des Vogels. »Der kroch wie ein Parasit aus seinem Körper, nachdem er ihn innerlich schon getötet hatte. Mit dieser Tatsache müssen wir uns abfinden.«
Suko räusperte sich. »Dann hat sich der Aibon-Vogel im Körper des Mannes so etwas wie ein Nest gebaut.«
»Kann man sagen.«
Babette Caine kehrte zurück. Sie schaute zu Boden, weinte aber nicht. »Werde ich denn noch hier von Ihnen verhört?« fragte sie.
»Das ist nicht nötig. Wir bleiben ja bei Ihnen und fahren mit in das Atelier.« Ich stellte meinen Freund und Kollegen Suko vor, den Babette scharf musterte, sich dann aber zu einem Lächeln bequemte.
Ich ließ die beiden allein und ging zu Glenda.
»Ich habe alles gehört, John. Ihr wollt mit dieser Frau zu ihr nach Hause gehen.«
»Das ist wichtig.«
»Gut, dann fahre ich zurück ins Büro.«
»Ausgezeichnet. Und vergiß die Weihnachtsgeschenke nicht.«
»Keine Angst. Seht ihr nur zu, daß ihr sie auch in einigen Tagen in Empfang nehmen könnt und es euch nicht so ergeht wie einem gewissen Jerry Caine.«
»Keine Sorge, wir werden schon auf uns achtgeben…«
***
Dicke Flocken, sehr wässerig, rieselten aus dem schiefergrauen und von dichten Wolken bedeckten Himmel, als wollten sie London mit einem großen Leichentuch überziehen. Wenn der Schnee den Boden berührte, taute er sofort weg. Zurück blieb eine Nässe, auf der sich die Lichter der Scheinwerfer spiegelten, denn die Autos fuhren mit Licht. An manchen Stellen sah das Licht aus, als hätte es Wellen geworfen und wirkte dabei so bleich wie vom Mond stammend.
Suko war mit dem Rover gekommen, und so hatten wir auch einen fahrbaren Untersatz. Über den Verkehr regte ich mich erst gar nicht mehr auf, er war wie immer furchtbar, und so quälten wir uns Meter für Meter der Themse entgegen, dem grauen, schlauchförmig gebogenen Strom, der die Stadt praktisch teilte.
Ich fuhr, und Babette Caine saß schweigend neben mir. Sie schaute auf die dicken Flocken, die von außen lautlos gegen die Scheibe tupften und sofort zu Wasser wurden, das in kringeligen Streifen an der Scheibe entlang glitt.
Sie hatte mir den Weg in groben Zügen erklärt. Auf die Einzelheiten würde sie später eingehen. Ich kannte das Gebiet, in das wir fahren würden. Vor Jahren hatten dort an der Themse noch zahlreiche Industrieunternehmen ihren Sitz gehabt. Viele waren pleite, oder man hatte sich gesundgeschrumpft, wie dies in der perversen Wirtschaftssprache immer hieß. Das Gelände konnte nicht schrumpfen, und auch die alten Bauten waren nicht abgerissen worden.
Man hatte neue Mieter gesucht und gefunden. Für relativ wenig Geld waren die Bauten vermietet worden, und so waren aus den großen, alten Hallen einzelne Wohnungen oder Räume entstanden, die zumeist von Künstlern gemietet worden waren, die Platz für ihre Arbeit gebraucht hatten.
Nach gut einer Stunde trafen wir in der Nähe des Ziels ein. Wenn der Blick nicht verbaut war, konnten wir den Strom sehen, dessen Wassermassen sich träge durch das breite Bett schoben. Die Themse wirkte fast immer grau, an diesem trüben Tag aber sah sie noch grauer aus. Selbst der über dem Wasser liegende Schneevorhang konnte diesen Eindruck nicht verwischen.
Die Straße, über die wir fuhren, hätte ruhig erneuert werden können. Das alte Pflaster war uneben. Der Frost des Winters hatte nicht wenige Stellen in die Höhe gedrückt, so daß der Rover mehr schaukelte als fuhr und wir auch mitschwangen.
Babette rauchte eine Zigarette. Sie inhalierte den Qualm tief. Anscheinend hatte sie Probleme. Sicherlich dachte sie an ihren Mann und an sein schreckliches Ende, aber sie redete nicht darüber.
»Wenn Sie gleich auf der linken Seite den Bau mit den hellen Streifen an der Wand sehen, müssen Sie abbiegen und über den Hof fahren. Ich sage Ihnen dann, wo Sie halten können.«
»Gut.«
Es war so etwas Ähnliches wie eine Einfahrt, ziemlich breit sogar, durch die ich den Rover lenkte. Vor uns schimmerten querlaufende Schienen, auf denen früher einmal eine Bahn gefahren war. Jetzt wurden sie zum größten Teil von Unkraut verdeckt.
Wir rollten über die Schienen hinweg und mußten uns links halten. Wir fuhren an grauen,
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