109 - Der Werwolf und die weiße Frau
zurück.
Mein Plan war aufgegangen. Ich war mit Abi Flindt unterwegs. Der junge Däne war ziemlich benommen, als wir in der Höhle in der Nähe von Paris auftauchten.
„So etwas habe ich - noch nie zuvor - erlebt", stammelte Abi Flindt. „Es war ein äußerst seltsames Erlebnis. Ich glaubte, daß sich mein Körper auflösen würde."
„Daran gewöhnt man sich mit der Zeit", sagte ich und blickte mich in der dunklen Höhle um. Vor einiger Zeit hatte ich die Magnetfelder abgezirkelt und auch festgestellt, wohin sie führten. Das war jetzt äußerst wertvoll für mich, da ich keine unnötige Zeit vergeuden mußte.
Rasch knipste ich eine kleine Taschenlampe an und musterte eine Wand. Hier befand sich ein Magnetfeld, das uns in die Nähe von München bringen würde.
Minuten später tauchten wir auf einer Wiese unweit einer Landstraße auf.
„Wo sind wir jetzt?" fragte Abi Flindt.
„Ein paar Kilometer außerhalb von München", sagte ich und bückte mich.
„Weshalb suchst du den Boden ab, Steiner?"
„Ich muß ein Magnetfeld finden, das uns in den Bayerischen Wald bringt."
Die Suche dauerte ziemlich lange. Ein paar Autos fuhren an uns vorbei, doch ich ließ mich nicht in meiner Suche stören.
Endlich hatte ich ein Magnetfeld entdeckt und zirkelte es ab.
Wohin bringt uns dieses Magnetfeld?"
Ich hob die Schultern.
„Das kann ich nicht genau sagen. Es ist aber ziemlich schwach und führt in Richtung Nordosten. Wenn wir Glück haben, kommen wir im Bayerischen Wald heraus, zumindest in der Nähe sollten wir auftauchen."
Das Magnetfeld brachte uns in einen dichten Wald.
„Ist das der Bayerische Wald?" fragte Abi Flindt.
Das war eine selten dumme Frage. „Erkundige dich mal bei der nächsten Tanne! Vielleicht gibt sie dir Auskunft."
Abi verzog beleidigt das Gesicht.
Ich hob den Kopf und blickte mich um. Deutlich war eine schwache dämonische Ausstrahlung zu spüren. Ich hob den Kommandostab hoch und blickte durch das Loch in der Spitze. Die Ausstrahlung verstärkte sich. Möglicherweise hatten wir Glück gehabt und waren tatsächlich im Bayerischen Wald gelandet.
Ich ging zwischen einigen Bäumen hindurch. Abi folgte mir. Nach wenigen Schritten hatte ich einen kleinen Waldweg erreicht. Ich blieb stehen, als ich ein Heulen hörte.
„Was war das?" fragte Abi leise.
„Hörte sich nach einem Wolf an", stellte ich fest. „Sei einen Augenblick still!"
Wir lauschten. Ich hatte mich nicht getäuscht. Es war unverkennbar ein Wolf, der da irgendwo heulte.
„Ich glaube, daß wir genau an der richtigen Stelle gelandet sind", sagte ich zufrieden.
Wieder war das Wolfsgeheul zu hören. Diesmal konnte ich die Richtung bestimmen. Das Geheul kam von rechts.
„Halte deine Pistole bereit, Abi!" flüsterte ich.
Flindt öffnete die Einsatztasche und holte eine Signalpistole hervor. Er schraubte rasch einen Vorsatz in den Lauf ein. Jetzt konnte er Silberkugeln mit der Pistole verschießen.
Wir gingen. quer durch den Wald. Ich versuchte es zu vermeiden, auf Äste zu treten, doch immer gelang mir das nicht. Abi Flindt bewegte sich geschmeidig wie eine Katze. Nach etwa hundert Metern erreichten wir einen Holzabfuhrweg, der an einem Kahlschlag vorbeiführte und auf eine Schneise zulief. Der Mond spendete genügend Licht, und wir kamen ziemlich rasch vorwärts. Gelegentlich - blieben wir stehen und lauschten, der Wolf jedoch ließ sieht nicht mehr vernehmen. Trotzdem gingen wir weiter.
Mit jedem Schritt wurde die dämonische Ausstrahlung stärker. Sie hing wie eine Glocke über dem Wald. Und dann hörten wir wieder das Wolfsgeheul. Diesmal war es nicht nur ein Wolf; es mußte ein ganzes Rudel sein. Das Heulen schien aus allen Richtungen zu kommen.
„Die Biester scheinen auf eine bestimmte Stelle genau vor uns zuzulaufen", flüsterte Abi Flindt.
Er hatte recht. Innerhalb von wenigen Sekunden kam das Heulen nur noch aus einer Richtung - und langsam wurde es leiser.
„Sollen wir den Wölfen folgen?" fragte Abi.
„Das könnte riskant sein", stellte ich fest.
„Noch immer der kleine Feigling, was?"
Darauf gab ich ihm keine Antwort. Sollte Abi von mir denken, was er wollte; mich kümmerte das nicht. Bald würde Rudolf Steiner für immer tot sein.
Ich setzte mich in Bewegung. Der Weg führte steil an. Ich beschleunigte mein Tempo, und Abi hatte Mühe, mir zu folgen. Jetzt war das Wolfsgeheul wieder lauter geworden.
Etwa fünf Minuten später ließen wir den Wald hinter uns. Vor uns lag eine mondbeschienene
Weitere Kostenlose Bücher