1090 - Für immer und ewig
Wahnsinn! Die können nicht heiraten, weil sie tot sind.«
»Egal, weiter!«
Es waren nur noch drei Stufen, die sie von dem grauenvollen Paar trennten. Beide hatten sich nicht gerührt.
Sie hatten Zeit, warteten, denn die Opfer liefen ihnen nicht weg.
»Du den Mann, ich die Frau!« flüsterte Jay seiner Freundin zu. »Wie denn?«
»Hau sie einfach um!«
»Muß ich wohl!«
Linda Drew wollte ihr Denken ausschalten. Im Prinzip hatte ihr Freund recht. Es gab für sie nur die Möglichkeit, mit eigenen Händen anzugreifen. Waffen besaßen sie nicht. Sie merkte, wie die Hand ihres Freundes zuckte.
»Jetzt, Linda!«
***
Plötzlich reagierte sie wie ein Automat. Es ging um das eigene Leben, um die Existenz. Sie wollte nicht in dieser verdammten Düsternis eines alten Anwesens sterben. Sie war auch nahe genug an dieser Frau heran, um sie mit einem Sprung erreichen zu können.
Was ihr Freund tat, sah Linda nicht. Sie hatte sich abgestoßen und beide Arme nach vorn gestreckt.
Die Hände waren zu Fäusten geballt, um auch die nötige Wucht hinter den Rammstoß zu legen.
Von unten her sprang sie die Gestalt im weißen Hochzeitskleid an. Beide Fäuste trafen auf Widerstand. Sie spürte unter dem Stoff einen teigigen und trotzdem widerstandsfähigen Körper, der ihr zunächst wie eine Steinsäule vorkam, dann aber ins Wanken geriet wie eben eine Puppe, die man aus dem Weg stieß.
Linda bekam alles überdeutlich mit. Die Zeit schien sich verlangsamt zu haben. Sie sah, wie die Frau oder die lebende Tote ihre Arme in die Höhe schlug und dabei an eine Rückenschwimmerin erinnerte. Nur war hier kein Wasser vorhanden. Sie schlug in die Luft, der Halt fehlte ihr, dann prallte sie zu Boden.
Linda wollte es nicht glauben, daß ihr so leicht ein Sieg gelungen war. Das Gefühl schrie sie einfach hinaus, als sie sich abstieß und mit einem Sprung über den liegenden Körper hinwegsetzte.
Linda verrechnete sich. Zwar kam sie über den Körper hinweg, doch die Hände der Untoten erwischten sie am Boden. Sie waren über den Boden gezuckt, und für einen schrecklich langen Moment spürte Linda die kalte Totenklaue an ihrem Knöchel.
Der Moment des Festhaltens verwandelte sich in einen Ruck. Die junge Frau verlor den Boden unter den Füßen. Diesmal suchte sie vergeblich nach einem Halt.
Im Gegensatz zu Elisa Ashford fiel sie nicht nach hinten. Sie sah den harten Boden auf sich zukommen. Bilder zuckten intervallweise in kürzester Zeit durch ihr Gehirn. Sie sah sich mit blutigem Gesicht auf dem Boden liegen, während die satanische Braut auf ihr hockte und sie mit den kalten Totenfingern würgte.
Linda hatte mal getanzt. Auch wenn sie sang, bewegte sie sich geschmeidig. Die Beherrschung des Körpers kam ihr jetzt entgegen. Mit dem rechten Arm milderte sie den Aufprall ab, rutschte zwar mit der Schulter über den Boden hinweg, aber der Aufprall mit dem Gesicht zuerst blieb aus. Sie rutschte sogar noch ein Stück zur Seite, zog das linke Bein an und wollte es auch mit dem rechten tun, als sie den Ruck spürte.
Die kalte Klaue war noch immer da.
Sie zerrte Linda über den Boden hinweg auf den Körper der lebenden Leiche zu.
In den ersten Sekunden konnte sie kaum fassen, was da passierte. Ihre Augen weiteten sich entsetzt, und sie wunderte sich darüber, daß sie nicht schrie.
Die untote Lady kannte kein Erbarmen. Sie hatte sich sogar hingesetzt. Durch den offenen Mund drangen Laute, die auch von einem Tier hätten stammen können.
Linda Drew versuchte, sich festzuhalten. Irgend etwas auf dem Boden mußte doch vorhanden sein, das ihr den nötigen Halt gab. Da war nichts. Die Handflächen strichen quietschend darüber hinweg.
Nur kalter, mit einem Schmutzfilm bedeckter Stein, der wie Glatteis wirkte.
Aber sie richtete sich auf und trat mit dem linken Bein dabei aus. So wuchtig wie möglich rammte sie es nach vorn. Ihr Ziel war der kleine Kopf mit dem häßlichen Gesicht.
Die Sohle klatschte dagegen.
Ein Mensch hätte gebrüllt. Die Gestalt im weißen Brautkleid tat es nicht. Sie nahm den Stoß hin, auch wenn der kleine Schädel wie an einem Gummiband hängend vor- und zurückzuckte. Es war nicht zu sehen, ob sie die Nase eingetreten hatte. Sie entdeckte auch kein Blut, und sie trat noch einmal zu.
Diesmal traf sie nicht so gut. Die Hacke rutschte am linken Ohr der Gestalt entlang, als wollte sie es abreißen.
Lady Ashford schüttelte sich. Sie war wütend geworden. Sie schlug nach ihrem Opfer mit der freien Hand und
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