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1091 - Das Geschöpf

1091 - Das Geschöpf

Titel: 1091 - Das Geschöpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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muß ich euch schon sagen. Nicht alles ist wirklich leer, auch wenn es so aussieht. Man muß immer hinter die Fassaden schauen, dann gibt es auch dort Leben, wo man auf den ersten Blick hin nichts sieht.«
    »Sorry, das ist schwer für uns zu verstehen«, sagte ich.
    »Ah, ihr seid doch Polizisten, denkt nach.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Auge.« Er tippte gegen seine linke Wange. »Wer so alt geworden ist wie ich, kennt das Leben.«
    Sein breiter Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Einer wie ich weiß, wie die Dinge des Lebens gerichtet sind. Ich habe schon zuviel durchgemacht. Und jetzt entschuldigen Sie mich. Ich muß gehen.«
    Wir konnten ihn nicht festhalten, aber wir trauten ihm beide nicht. Er tippte lässig gegen den Schirm seiner Mütze und drehte sich von uns weg. Mit den Sohlen seiner hohen Schuhe schlurfte er über das Pflaster. Das Instrument drückte wie ein schweres Gewicht gegen seinen Rücken. Er ging krumm wie jemand, der sich nur mühsam auf den Beinen halten kann. Schließlich machte ihn der Dunst zum Geist, der vor unseren Augen verschwand. Er und seine Musik waren nur noch Erinnerung.
    »Tja«, sagte Suko, »jetzt frage ich dich, ob du das alles verstehst, John.«
    »Nein.«
    »Aber wir haben uns die Schläge gegen unseren Wagen ebensowenig eingebildet wie den Alten. Nur daß wir ihn gesehen haben und das andere nur gehört. Traust du ihm eigentlich?«
    Ich schaute auf das Pflaster und schwang ein Bein hin und her. »Ich weiß nicht, was ich von ihm halten soll. Er hat uns die Rolle eines alten und lebenserfahrenen Mannes vorgespielt. Das mag er auch sein. Andererseits gehe ich davon aus, daß Old Jugg es faustdick hinter den Ohren hat.«
    »Dann hat er uns auflaufen lassen, denn die Schläge gegen den Rover waren da. Darauf verwette ich meinen Hut.«
    »Sofern du einen hast.«
    »Richtig.« Suko ging weiter. Er schaute sich dabei die Mauer an, wie jemand, der nach einer Lücke sucht. Aber da war nichts. Die Mauer zeigte kein Loch, keinen Riß. Sie war ein lückenloses Gebilde aus zahlreichen Steinen.
    Suko hatte den Wagen erreicht und war neben ihm stehengeblieben. Es gab keine weiteren Menschen in dieser Hafengasse. Wir waren allein. Weiter vorn lag eine hellere Glocke über dem Boden.
    Da mußten wir auch hin, da würden die Kollegen auf uns warten und sicherlich sauer sein, weil wir so spät eintrafen.
    Ich nahm wieder hinter dem Lenkrad Platz und startete. Mit einer Hand deutete ich auf die Mauer.
    »Sie gefällt mir nicht, Suko. Du kannst sagen, was du willst. Da ist etwas gewesen.«
    »Es gibt keinen Zugang zu irgendeinem Keller«, sagte er. »Da habe ich schon nachgesehen.«
    »Dann ist der Angreifer eben aus der Mauer gekommen!« beharrte ich.
    »Meinst du?«
    »Sag mir was Besseres.«
    »Fahr lieber weiter…«
    ***
    Es dauerte nicht einmal fünf Minuten, da hatten wir das Ziel erreicht. Es war auch nicht zu übersehen gewesen. Schon als wir in die Stichstraße einbogen - ein mit Kopfsteinpflaster bedeckter Weg -, leuchteten die Scheinwerfer das Ende der Gasse an und damit auch die Wagen der Kollegen, die sich auf dem Kai versammelt hatten. Beamte der Hafenpolizei waren ebenfalls dabei.
    Wir rollten an der Absperrung vorbei und fanden etwas abseits einen Parkplatz. Hier roch es noch feuchter. Vom Wasser her stieg Dunst auf. Der Fluß selbst lag jenseits der Hafenanlage, an der wohl früher einmal gearbeitet worden war. Jetzt standen wir auf einem brachliegenden Gelände. Schienenreste, die im Nichts endeten, schimmerten bläulich zwischen rostigen Stellen. Unkraut hatte sich seinen Weg bahnen können. Betonplattformen standen herum wie angelegte Spielplätze für Inliner.
    Der Wind hatte manchen Abfall hergeweht, der sich in den Ecken gesammelt hatte.
    Die großen Lichter, die die Nacht zum Tag machten, leuchteten von der anderen Seite des Flusses her, und die Tower Bridge war ebenfalls zu erkennen. Trotz der relativen Nähe so weit weg, als schwebte sie zwischen den Sternen.
    Ein Kollege kam uns entgegen. Er trug einen Ledermantel und rauchte Pfeife. Auf seinen Kopf hatte er eine Schiebermütze gesetzt, die ihn vor der Kälte schützen sollte. Wir kannten Tony Brings und wußten, daß nur noch wenige Haare auf seinem Kopf wuchsen. Dafür verteilten sich einige über der Oberlippe als grauer Bart.
    Als er uns ansprach, nachdem wir uns die Hände geschüttelt hatten, nahm er die Pfeife nicht aus dem Mund.
    »Ihr kommt spät.«
    »Wir wurden aufgehalten.«
    »Okay.«
    »Was ist mit

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