1092 - Aktion Transmitternetz
Denkvorgänge wieder auf. „Ach, so, du meinst Kitsaiman! Er befindet sich auf einer geheimen Mission."
„Und Quiupu ist auch verschwunden."
Perry wunderte sich nicht über den sprunghaften Themenwechsel.
Gesil war nicht die erste Frau, die er intim kennen gelernt hatte, deshalb wußte er, daß weibliche Logik sich von männlicher unterschied, wenn auch durchaus nicht qualitativ.
„Immer noch", antwortete er deshalb.
„Ich vermute, er hat sich durch das alte Transmitternetz abgesetzt."
„Schon möglich." Er schüttelte den Kopf. „Nein, das ist nicht möglich, Gesil. Quiupu hatte doch keine Ahnung von dem Transmitternetz, als er untertauchte."
„Immerhin wurde festgestellt, daß er sich durch einen Transmitter absetzte, und wir wissen nicht, woran er sich vorher erinnerte."
„Er kann sich doch nicht an ein geheimes akonisches Transmitternetz erinnert haben, Gesil. Um solche Dinge kümmern sich die Kosmokraten sicher nicht."
Doch die Geheimnisvolle hörte ihm nicht mehr zu. Verwundert sah er, daß ihr Blick sich getrübt hatte - und er fragte sich, woran sie in diesem Moment dachte.
Er schob sie sanft von sich weg, dann kleidete er sich an. Plötzlich erinnerte er sich daran, weshalb er ursprünglich zu diesem Treffpunkt gekommen war.
„Wenn die Nachricht nicht von Callamon war, von wem dann?"
Er mußte die Frage zweimal wiederholen, bevor Gesil aus ihrer Versunkenheit erwachte und darauf reagierte.
„Kannst du dir das nicht denken?" Sie lachte: eine Mischung aus vertraulichem Spott und nachhallender Sinnlichkeit.
„Du?" Er errötete, als ihm aufging, daß sie eine Nachricht Callamons vorgetäuscht hatte, damit Atlan nichts von ihrem heimlichen Stelldichein ahnte. Gleichzeitig stellte sich Trotz ein, und er fragte sich, warum zum Teufel er ein Geheimnis um sein Verhältnis mit Gesil machte, das für niemanden ein Geheimnis war - außer für Atlan.
Doch er wußte, daß er es aus unerfindlichen Gründen nicht fertig bringen würde, dem alten Freund offen die Wahrheit zu sagen. Etwas hielt ihn jedes Mal wieder davon zurück.
„Wo ist Callamon eigentlich?" erkundigte er sich, um sich selbst abzulenken. „Noch auf Tahun?"
„Ich sagte es dir bereits." Gesil lachte glockenhell. „Sagus-Rhet und Kerma-Jo befinden sich übrigens auf dem Weg der Besserung."
Siedendheiß fiel es Perry ein, daß er sich nicht mehr um die beiden Dargheten gekümmert hatte, seit Callamon mit ihnen nach Tahun aufgebrochen war.
Und noch etwas fiel ihm ein: Jefromo!
„Ich muß schnellstens zurück", erklärte er. „Kitsaiman versucht, die Kolonie Jefromo in der KMW durch das Transmitternetz zu erreichen. „Wenn er es heute nicht schafft..." Er blickte auf die Anzeige seines Data-Chron-Comps. „Etwa fünf Stunden hat er noch Zeit.
Warum wolltest du eigentlich wissen, wo Kitsaiman ist, Gesil?"
„Vergiß es, mein Ritter! Ich interessiere mich nur am Rand für sein Schicksal, weil er ein Solaner ist."
„War."
„Darüber könnte man sich streiten. Für mich ist er ein Teil der SOL, und die SOL ist ein Teil von ihm. Aber zerbrich dir nicht darüber den Kopf. Du hast Probleme ganz anderer Dimension."
„Wie wahr!" entfuhr es Perry, und seine Gedanken eilten ihm voraus ins HQ-Hanse.
Er hatte Gesil bereits vergessen, als sich die Tür hinter ihm schloß...
*
„Da bist du ja endlich!" rief Atlan, als Perry sein Büro betrat. „Geoffry und Gal wollten dich schon vor zwei Stunden sprechen."
„So früh am Morgen?" antwortete Perry. „Was wollten sie?"
„Du siehst aufgekratzt aus." Seine Stimme bekam einen Anflug von eifersüchtigem Argwohn. „Hast du einen Waldlauf gemacht?"
„Als ob ich dafür Zeit hätte!" erwiderte Perry, ohne den Arkoniden anzusehen.
Geschäftig blätterte er einen Stapel neuer Hypergramme durch, ausnahmslos dringende Hilfeersuchen der Regierungschefs anderer GAVÖK-Völker. Er wußte, daß die meisten solcher Hypergramme ihm gar nicht vorgelegt wurden, sondern daß seine Mitarbeiter soviel wie möglich erledigten, aber solche persönlichen Ersuchen mußten im Interesse des politischen Klimas von ihm auch persönlich beantwortet werden.
„Ich habe mich übrigens nach unseren darghetischen Freunden erkundigt", sagte er, einer Eingebung folgend - und diesmal blickte er Atlan offen an. „Stell dir vor, sie befinden sich auf dem Weg der Besserung! Ich hätte vor Freude in die Luft springen können, als ich das erfuhr."
Er sah die Erleichterung in Atlans Gesicht und wußte,
Weitere Kostenlose Bücher