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1094 - Der Mann aus Haiti

Titel: 1094 - Der Mann aus Haiti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Mutter.
    Als der Auskunftscomputer ihm erklärte, daß kein Anschluß auf den Namen Weidenburn in Portau-Prince existierte, nahm seine Angst panische Ausmaße an. Doch dann sagte der Computer, er wolle ihn mit dem positronischen Archiv verbinden.
    Dort erfuhr er, daß eine Eartha Weidenburn ihren Anschluß im Jahre 335 aufgegeben hatte, weil sie nach Terrania umgezogen war.
    Zuerst war Eric erleichtert, weil diese Auskunft bewies, daß seine Mutter nicht nur in seiner Erinnerung existiert hatte. Dann aber fühlte er sich wie vor den Kopf geschlagen, denn in seinen Erinnerungen fehlte der Umzug nach Terrania. Er war sicher gewesen, daß sie noch immer auf Haiti lebte. Außerdem konnte er im Jahre 335 erst vierzehn Jahre alt gewesen sein, und er wußte, daß sie damals nicht umgezogen waren. Erst mit vierunddreißig Jahren hatte er sich eine eigene Wohnung genommen.
    Dennoch, wenn sie jetzt in Terrania lebte, konnte sie bestimmt alles aufklären!
    Er wählte die Zentrale Computerauskunft Terrania und erkundigte sich nach seiner Mutter.
    Nach anderthalb Minuten erhielt er die lakonische Auskunft, eine Eartha „Bella" Weidenburn sei im Jahre 419 in Terrania verstorben und ihr einziger Sohn Eric, mit dem sie im Jahre 335 nach Terrania gezogen war, sei seit dem achtundzwanzigsten Januar 336 spurlos verschwunden und nie wieder aufgetaucht.
    Für Eric brach eine Welt zusammen. Der Schmerz über den Tod seiner Mutter kompensierte weitgehend das Grauen über die Erkenntnis, daß alle seine Erinnerungen an die letzten hundertneun Jahre falsch waren.
    Er wagte nicht daran zu denken, welche Art von Menschen mit falschen, synthetischen Erinnerungen lebten...
     
    *
     
    Wie viele Stunden er herumgeirrt war, er wußte es nicht mehr. Er wußte nur noch, daß er irgendwann in dieser alptraumhaften Zeitspanne von einer Visiphonzelle noch einmal die ZCT angerufen und nach der Grabstelle von Eartha Weidenburn gefragt hatte.
    Danach war er in einem Gleitertaxi zu einem Friedhof im Norden von Terrania gefahren und hatte wenig später vor der Verschlußplatte der Box in der großen Wand gestanden, in der die Urne mit der Asche seiner Mutter aufbewahrt wurde.
    Außer ihrem Namen, den Daten von Geburt und Tod und einer stilisierten Flamme gab es noch folgende Inschrift auf der Platte: Wir sind nicht auf Erden, um zu leben.
    Wir sind gekommen, um zu schlafen, nur um zu träumen.
    Diese Inschrift sagte ihm gar nichts. Aber zum erstenmal, seit er vom Tod seiner Mutter erfahren hatte, konnte er weinen. Das glättete die Wogen des Schmerzes und der Angst auf seiner Seele. Er faßte den Entschluß, alle seine falschen Erinnerungen zu vergessen und seine Vergangenheit ruhen zu lassen.
    Stunden später kehrte er in seine Wohnung zurück, aß etwas, kleidete sich um und fuhr zur Raumhafenstadt Terrania Freeport, um seine erste Aufgabe in der realen Welt in Angriff zu nehmen.
    Er hatte den Stadtteil Buitenvelder schnell gefunden und schlenderte ziellos durch die sauberen Straßen mit ihren nostalgisch wirkenden Hausfassaden und durch die Wege des Parks, der um einen künstlichen See herum angelegt worden war. Es mußte ein ganz besonderer Menschenschlag gewesen sein, der Buitenvelder erbaut hatte, doch die Menschen, die im Jahre 425 NGZ dort wohnten, waren ganz normale terranische Durchschnittsbürger. So sahen sie jedenfalls aus.
    Als die Nacht hereinbrach, stieß Eric auf einen seltsam anmutenden Gebäudekomplex - und die Menschen, denen er zuvor in Buitenvelder begegnet war: gelöster, legerer gekleidet und kontaktfreudiger.
    Er verwickelte zwei junge Leute in ein Gespräch und erfuhr, daß er sich im Gemeinschaftszentrum von Buitenvelder befand. Das erklärte die Anhäufung kleiner Gaststätten, Galerien, Erfrischungsstände und Säle für alle möglichen Veranstaltungen.
    Eric beschloß, eine der größeren Gaststätten aufzusuchen und sich anzuhören, über welche Probleme die Besucher diskutierten.
    Stirnrunzelnd stand er einige Minuten später vor dem Eingang einer Gaststätte, über dem ein Messingschild mit der Inschrift De Drie Fleschjes hing. Das war weder Englisch noch Interkosmo.
    Während er noch überlegte, in welcher Ursprache welches exotischen Planeten die Inschrift gehalten sein könnte, merkte er plötzlich, daß jemand neben ihm stand.
    Er wandte den Kopf und sah in das Gesicht einer schlanken jungen Frau mit dichtem schwarzen Haar.
    Sie lächelte.
    „Das ist keine exotische Sprache, sondern ein uralter terranischer

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