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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aufmerksam, daß man jetzt keine Zeit zu langen Erzählungen und Erklärungen habe, und schloß daran, indem er flußabwärts deutete, den Fingerzeig:
    „Dort kommen andere, welche viel mehr Dank verdienen als ich. Ich habe weiter nichts als meine Pflicht getan.“
    Baumann sah seine fünf Gefährten, welche mit ihm von den Sioux gefangengenommen worden waren, kommen. Vor ihnen ritten Martin, sein Sohn, Wohkadeh und Bob. Er eilte ihnen entgegen. Als der Neger seinen Herrn erblickte, sprang er vom Pferd, lief auf ihn zu, sank vor ihm auf die Knie; ergriff seine Hände und rief weinend:
    „O Massa, mein lieb, gut Massa Baumann! Endlich, endlich haben Masser Bob wieder sein von Herzen geliebten Massa! Nun Masser Bob gleich gern sterben vor Wonne. Nun Masser Bob singen und springen vor Freude und platzen und zerspringen vor Entzücken! Oh, Masser Bob sein froh, sein glücklich, sein selig!“
    Baumann hob ihn auf und wollte ihn in die Arme ziehen. Bob aber wehrte sich dagegen und erklärte:
    „Nein, Massa, nicht umarmen Masser Bob, denn Bob haben getötet schlimm Stinktier und sein noch immer nicht ganz gut von Geruch.“
    „Ach was, Stinktier! Du bist zu meiner Rettung ausgezogen, und ich muß dich umarmen!“
    Nun erst ließ der entzückte Neger sich diesen Dank seines Herrn gefallen. Dann aber sanken Vater und Sohn sich in die Arme.
    Die Anwesenden wendeten sich diskret ab. Die Wonne, welche diese beiden in diesem Augenblick empfanden, war ihnen heilig.
    „Mein Kind, mein Sohn!“ rief Baumann immer wieder. „Wir besitzen uns von neuem, und nichts soll uns wieder trennen. Was habe ich ausgestanden! Und was hast auch du seit gestern erduldet! Schau, wie deine Arme von den Fesseln zerschnitten sind!“
    „Die deinigen noch mehr, noch viel mehr! Doch das wird wieder heilen, und du sollst bald wieder gesund und kräftig sein. Jetzt mußt du vor allem denen Dank sagen, welche ihr Leben wagten, dich zu retten. Mit Wohkadeh, meinem Freund, hast du bereits seit gestern sprechen können, mit Jemmy und Davy ebenso. Hier aber ist Old Shatterhand, der Meister unter ihnen allen. Er und Winnetou sind es, denen das Gelingen unseres Unternehmens zu verdanken ist. Unser ganzes Leben würde nicht reichen, das quitt zu machen, was wir ihnen schuldig sind.“
    „Ich weiß es, mein Sohn, und es betrübt mich, daß ich jetzt nichts anders vermag, als nur einfach Dank zu sagen.“
    Er streckte Old Shatterhand beide Hände entgegen, wobei ihm noch immer die Tränen über die gebräunten, eingefallenen Wangen perlten. Old Shatterhand drückte ihm leise die von den Fesseln verwundeten Hände, zeigte dann zum Himmel empor und sagte im herzlichsten Ton:
    „Danken Sie nicht den Menschen, sondern danken Sie unserem Herrgott da oben, welcher Ihnen die Kraft gegeben hat, den unbeschreiblichen Jammer zu überstehen. Er ist es ja, der uns geleitet und beschützt hat, so daß wir gerade noch zur rechten Zeit hier eingetroffen sind. Uns haben Sie nicht Dank zu sagen. Wir sind nur seine Werkzeuge gewesen; zu ihm aber wollen wir alle unser Gebet emporsenden, wie es in unserem schönen deutschen Kirchenlied heißt:
    Ich rief den Herrn in meiner Not:
‚Ach Gott, vernimm mein Schreien!‘
Da half mein Helfer mir vom Tod
Und ließ mir Trost gedeihen.
Drum dank', ach Gott, darum dank' ich dir!
Ach, danket, danket Gott mit mir!
Gebt unserm Gott die Ehre!“
    Er hatte seinen Hut abgenommen und die Worte langsam, laut und innig wie ein Gebet gesprochen. Auch die anderen hatten ihre Häupter entblößt, und als er geendet hatte, erklang aus jedem Mund ein frommes, kräftiges „Amen!“.
    Der am Boden liegende, gefesselte Häuptling der Sioux hatte diesen Vorgang mit staunendem Blick beobachtet. Er wußte nicht, wie er sich denselben deuten sollte. Zu seinem Vorteil jedenfalls nicht – so dachte er –, denn nach seiner Ansicht war er nun unwiderruflich einem qualvollen Martertod verfallen.
    Er wurde vom Boden aufgehoben, um dahin getragen zu werden, wohin sie sich nun alle begaben, nach dem Eingang zum Tal des Häuptlingsgrabes, wo Winnetou mit den Schoschonen und Upsarokas ihrer wartete. Dort wurde er niedergelegt.
    Old Shatterhand ritt mit dem Apachen eine kleine Strecke in den Talkessel hinein, um die Feinde und die Anordnungen, welche diese getroffen hatten, zu überblicken. Man sah, daß sie einige wenige Worte miteinander gewechselt hatten. Beide verstanden sich ja so gut, daß es langer Auseinandersetzungen zwischen ihnen gar nicht bedurfte.

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