11 - Die Helden des Westens
zurück. „Mich murkst so leicht keen Roter ab.“
Er hielt sein Pferd um einen Schritt zurück, so daß er nicht getroffen wurde, und schnellte sich dann mit einem kühnen Schwunge aus dem Sattel und hinüber auf das Pferd des Ogellallah, den er sofort umschlang, um ihm die Arme an den Leib zu drücken.
Der Häuptling brüllte laut auf vor Wut. Er suchte seine Arme zu befreien, aber es gelang ihm nicht, denn Frank hielt aus Leibeskräften fest.
„So ist's recht!“ rief Jemmy. „Laß ihn nicht los! Ich komme schon.“
„Da schputen Sie sich een bißchen! So eenen Kerl zu zerquetschen, das is keene Kleenigkeet!“
Das war natürlich alles blitzschnell geschehen, viel schneller, als man es zu erzählen vermag. Der Ogellallah hielt in der Rechten sein Messer und in der Linken die Zügel von Baumanns Pferd. Er bäumte sich im Sattel empor; er wand sich nach rechts und links – vergeblich! Er vermochte nicht, sich aus Franks Umschlingung zu befreien.
Baumann war gefesselt; er konnte nichts zu seiner Befreiung tun; aber er ermunterte Frank, festzuhalten. Dieser antwortete, obgleich er vor Anstrengung keuchte:
„Schon gut! Ich umschlängle ihn wie eene Boabab conschtrictor und laß nicht eher locker, als bis die Lunge platzt.“
Der Ogellallah hatte jetzt sein Pferd nicht mehr in der Gewalt; es lief langsamer. Dadurch gelang es Jemmy, es einzuholen. Auch Davy gelangte nahe heran. Der Dicke trieb sein Pferd neben dasjenige Baumanns und durchschnitt mit Bobs Messer die Fesseln des letzteren.
„Hallo, gewonnen!“ rief er ihm zu. „Reißen Sie dem Roten den Zügel aus der Hand!“
Baumann versuchte es, hatte aber nicht die Kraft dazu. Jemmy wollte ihm das Messer geben, konnte aber nicht, denn einige vor ihnen herfliehende Sioux hatten bemerkt, in welcher Lage sich ihr Häuptling befand. Zwei von ihnen fielen den Dicken wütend an, und der dritte machte Miene, sich auf Frank zu werfen, welcher seine Arme nicht zur Verteidigung frei hatte. Da gab Davy seinem Pferd einen Fausthieb zwischen die Ohren, daß es in einigen Lançaden vorwärts schoß und sich nun neben diesem Indianer befand. Er packte denselben am Kragen des Jagdwamses, riß ihn aus dem Sattel und schleuderte ihn auf die Erde.
„Hurra! Halleluja!“ rief der Hobble-Frank. „Das war Rettung im letzten Teele des Oogenblickes! Aberscht nun nehmen Sie rasch ooch da den Häuptling bei der Parabel, denn ich kann es nich alleene mehr dermachen!“
„Gleich!“ antwortete der Lange.
Er streckte beide Arme nach dem Roten aus, um auch ihn aus dem Sattel zu ziehen; da aber tat es vor ihnen einen so fürchterlichen Knall, daß die Pferde erschrocken zurück- und aneinanderprallten. Davy hatte Mühe, sich im Sattel zu erhalten. Jemmy, welcher alle Kräfte aufbieten mußte, die beiden Roten von sich abzuwehren, wurde vom Pferd geschleudert, und Baumann, dem Bärentöter, erging es ebenso.
Die wirre Reitergruppe war jetzt vor dem ‚Maul der Hölle‘ angelangt; die Wasserfontäne hatte sich gesenkt, und die Schlammsäule war unter der Detonation, vor welcher die Pferde scheuten, emporgestiegen. Teile der heißen, schmutzigen Masse wurden weit umhergeschleudert.
Das Pferd des Häuptlings war vor Schreck in die Hacksen gesunken, raffte sich aber wieder auf und jagte, sich nach links wendend, auf den Fluß zu, gerade als Old Shatterhand die sich am Boden wälzende Gruppe erreichte.
Dieser letztere hatte zwar die Absicht, dem braven Frank zu helfen, mußte aber davon absehen, da er sah, daß die beiden Wilden sich von ihren Pferden herab und auf Jemmy geworfen hatten, um ihn zu töten. Der lange Davy hatte zu viel mit seinem scheu gewordenen Pferde zu tun, als daß er seinem dicken Freund hätte beistehen können, und so sah Old Shatterhand sich gezwungen, denselben aus der Todesgefahr zu befreien. Er hielt sein Tier an, sprang ab und betäubte die beiden Ogellallah mit zwei Schlägen seines Gewehrkolbens.
Winnetou hielt mit seinen Schoschonen noch immer die zwischen dem ‚Maul der Hölle‘ und dem Fluß liegende Strecke besetzt. Er hatte die Aufgabe, die Sioux-Ogellallah hier nicht vorüberzulassen, sondern sie in den Talkessel des Häuptlingsgrabes zu treiben. Das war ihm gelungen. Die flüchtigen Roten hatten, als sie seine Schar erblickten, sich nach dem Tal gewendet. Der Verlauf des Erzählten war ein so ungemein schneller gewesen, daß der Apache gar nicht Zeit gefunden hatte, selbsthandelnd mit einzugreifen. Und jetzt nun wurde er durch die
Weitere Kostenlose Bücher