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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mir. Schon hatte ich Angst, daß er, der Grube entschprungen, schtehenbleiben werde, um mich zu belagern; aber kaum hatte er festen Fuß gefaßt, so sauste er von dannen nach der Richtung, aus welcher wir gekommen waren, und schwenkte um die Ecke, ohne mich nur eenes eenzigen Blickes zu würdigen. Farewell, big-muddy beast!“
    Hobble-Frank war im Eifer des Erzählens aufgestanden und hatte seinen Bericht mit so entsprechenden Gestikulationen begleitet, daß seine Zuhörer lachten, wie diese einsame Gegend noch nie ein Lachen vernommen hatte. Ob einer auch aufhörte, er mußte immer wieder von neuem anfangen; es war zu komisch.
    „Das ist allerdings ein höchst lustiges Abenteuer“, sagte endlich Old Shatterhand, „und das Beste bei demselben ist, daß es so ungefährlich für Sie ablief, freilich für den Bären leider auch!“
    „Für ihn ebenso?“ antwortete Frank. „Oho! Ich bin noch gar nich fertig. Als der Bär um die Ecke verschwunden war, hörte ich een Geräusch, wie wenn irgendeen Möbelschtück umgeworfen wird. Ich beachtete es aber nich, sondern war nur bemüht, mich aus der Grube herauszuarbeiten. Das kostete mich bedeutende Anschtrengung, denn der Lehm war gewaltig zähe, und ich kam nur dadurch frei, daß ich ihn im Besitze meiner Schtiefel ließ. Jetzt mußte ich mir vor allen Dingen das Gesicht reenigen. Ich ging also hinter das Haus, wo een Wässerchen vorüberfloß, dem ich alles freundlich anvertraute, was sich als überflüssig von meiner äußeren Individualität entfernen ließ. Dann eilte ich natürlich nach vorn, um an der Fährte zu sehen, nach welcher Richtung sich der Bär entfernt habe. Denn daß er verschwunden sei, das nahm ich als ganz sicher an. Aber der Kerl war gar nich fort. Er saß dort unter dem Hickoryboome und – leckte sich höchst eifrig ab.“
    „Den Lehm? Pah!“ meinte Jemmy kopfschüttelnd. „Soweit ich die Eigenschaft dieser Tiere kenne, ist er sofort ins Wasser gegangen.“
    „Das fiel ihm gar nich ein, denn er war gescheiter als Sie, Master Jemmy. Der Bär liebt bekanntlich Süßigkeeten. Und is der Ahornzucker nich ebenso süß wie jeder andere Zucker?“
    „Ich verstehe Sie nicht. Erzählen Sie weiter!“
    „Nun, ich habe doch die hölzernen Bottiche erwähnt, in denen der Zuckersaft verdunsten sollte. Der Bär war von dem Abenteuer so wenig erbaut gewest, daß er nur daran gedacht hatte, in höchster Eile davonzukommen. Eener der Bottiche hatte ihm im Weg geschtanden, und er hatte sich gar nich die Zeit genommen, um denselben zu biegen; er hatte im Gegenteele über ihn hinwegschpringen wollen, war aber, da een Bär ja nich wie een Tiger schpringt, nich drüber hinweg, sondern vielmehr hineingeschprungen und hatte ihn von den Unterlagen, auf denen er schtand, herabgerissen. Da der Saft bereits sehre dickflüssig war, so verbreitete er eenen schtarken Zuckergeruch, über welchen das leichtsinnige Tier den Schturz vom Boome, den Schprung in die Grube und mich sofort vergessen hatte. Anschtatt mein ‚farewell‘ zu beherzigen und die darin liegende Warnung zu reschpektieren, hatte sich der Bär unter dem Boome häuslich niedergelassen, um mit allem Behagen die Süßigkeet vom Lehme wegzulecken. Er war so sehr in diese angenehme Beschäftigung vertieft, daß er gar nich bemerkte, daß ich mich längs der Wand nach der Tür hin schlich und dann in das Haus schlüpfte. Jetzt war ich in Sicherheit und nahm meine Flinte vom Nagel. Sie war natürlich geladen. Da der Bär off den Hinterpranken saß und ich so lange zielen konnte, wie es mir beliebte, konnte ich gar keenen Fehlschuß tun. Die Kugel traf das Tier genau an derjenigen Stelle, an welcher nach Ansicht der Dichter die zarteren Gefühle schtecken sollen, nämlich grad ins Herz hinein. Der Bär zuckte zusammen, richtete sich weiter off, machte mit den Vorderpranken eenige Gestikulationen und sank dann tot zu Boden. Er hatte infolge seines Leichtsinnes und seiner Genußsucht offgehört, als lebendes Wesen zu existieren. Das Schicksal schreitet schnell, und jeglicher Unverschtand findet seine gerechte Schtrafe, und wem nich schon das Morgenrot zum frühen Tod geleuchtet hat, der kann dann am Nachmittag bereits an der Ahornzuckerkrankheet verscheiden.“
    „Das ist eine sehr ernste Nutzanwendung“, sagte Old Shatterhand. „Sie macht Ihnen alle Ehre. Überhaupt habe ich die Bemerkung gemacht, daß Sie sehr interessant zu erzählen verstehen. Ich habe noch keinen gehört, dem es so wie Ihnen gelungen wäre,

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