11 - Die Helden des Westens
nicht so!“ sagte Old Shatterhand. „Du mußt das Tier mit der Linken ergreifen und in die Rechte das Messer nehmen. Sobald du die Beute ergriffen hast, ziehst du sie heraus und kniest schnell darauf. Dann kann das Tier sich nicht bewegen und wehren, und du schneidest ihm schnell die Kehle durch.“
„Schön! Das ist sehr schön! Masser Bob werden es so machen, denn Masser Bob sein ein großer Westmann und ein berühmter Jäger.“
Er streifte nun den linken Ärmel auf, nahm das Messer in die rechte Hand und griff dann in das Loch hinein, erst vorsichtig und zögernd, bis er, als er nichts fühlte, den Arm weiter hinter schob. Dann aber ließ er plötzlich das Messer fallen, stieß einen lauten Schrei aus, zog heftige Grimassen und fuchtelte mit dem freien rechten Arm in der Luft herum.
„Heigh-ho, heigh-ho!“ rief er jammernd. „Das tut weh, sehr weh!“
„Was ist denn? Hast du das Tier?“
„Ob Masser Bob es haben? Nein, sondern es haben den Masser Bob.“
„O weh! Hat es sich in deine Hand verbissen?“
„Sehr, ganz sehr verbissen!“
„So zieh; zieh nur!“
„Nein, denn das tun sehr weh!“
„Aber drin lassen kannst du die Hand doch auch nicht. Wenn so ein Tier sich einmal verbissen hat, so läßt es nicht wieder los. Also zieh! Und wenn du es herausbringst, so greifst du schnell auch mit der anderen Hand zu, um es festzuhalten, während ich ihm den Gnadenstoß versetze.“
Er zog sein langes Messer aus dem Gürtel und trat zu Bob an den Baum. Der Schwarze zog jetzt den Arm zurück, freilich nur sehr langsam und unter Zähnefletschen und schmerzlichem Wimmern. Das Tier ließ wirklich nicht los und wurde bis an die Öffnung des Loches gezogen. Jetzt tat der Neger noch einen raschen Ruck. Das Tier kam heraus und hing mit dem Gebiß an seiner linken Hand. Er erfaßte es mit der Rechten schnell am hinteren Körperteile, in der Erwartung, daß Old Shatterhand nun das Messer gebrauchen werde. Aber anstatt dieses zu tun, sprang der Genannte schleunigst zurück und rief:
„Ein Skunk, ein Skunk! Fort, fort, ihr Leute!“
Mit diesem Namen wird das amerikanische Stinktier gezeichnet. Es ist ein etwa 40 cm langes, zu den marderartigen Raubtieren gehöriges Säugetier, hat einen fast ebenso langen zweizeilig behaarten Schwanz und eine aufgeschwollene Nase an dem spitzen Kopf. Das Fell ist schwarz und mit zwei schneeweißen, an den Seiten getrennt fortlaufenden und auf der Schulter zusammenfließenden Längsstreifen versehen. Es lebt von Eiern, kleinen Tieren, wird aber auch dem Hasen gefährlich, geht nur des Nachts auf Raub aus und bringt die übrige Zeit in Erdlöchern und hohlen Bäumen zu.
Dieses Tier verdient seinen lateinischen Namen Mephitis mit vollem Recht. Es hat nämlich unter dem Schwanz eine Hohldrüse, aus welcher es, wenn es angegriffen wird, zu seiner Verteidigung eine außerordentlich schlecht riechende, scharfe, gelb ölige Flüssigkeit ausspritzt. Der Gestank derselben ist wahrhaft furchtbar und haftet mehrere Monate lang an den Kleidern, welche von der Flüssigkeit getroffen wurden. Da das Skunk den Feind aus ziemlicher Entfernung mit diesem mephitischen Safte zu treffen vermag, so verhält sich jeder, welcher das Tier genau kennt, möglichst entfernt von ihm; denn wer von dem Safte betroffen wird, kann sehr leicht in die Lage kommen, wochenlang von aller menschlichen Gesellschaft ausgeschlossen zu werden.
Also anstatt eines Opossums hatte Bob ein solches Stinktier gefangen. Die anderen Männer waren alle von ihren Plätzen aufgesprungen und eilten davon.
„Wirf es weg! Schnell, schnell!“ rief der dicke Jemmy dem Neger zu.
„Masser Bob nicht kann wegwerfen“, jammerte der Schwarze. „Es haben sich einbeißen in seine Hand und – oh, au – – au, oh! Faugh, so shamefulness, pfui Teufel! Jetzt haben es Masser Bob anspritzen. O Tod, o Hölle, o Teufel! Wie stinken Masser Bob! Kein Mensch kann aushalten! Masser Bob müssen ersticken. Fort, fort mit Tier, mit Pestilenzviehzeug!“
Er wollte es von der Hand abschütteln, aber es hatte sich so in dieselbe verbissen, daß alle seine Mühe vergeblich war. „Wart! Masser Bob dich schon herunterbekommen, du swine-fell, du stinking racker!“
Er holte mit der rechten Faust aus und versetzte dem Tier einen gewaltigen Hieb auf den Kopf. Dieser Hieb betäubte den Skunk, trieb aber die Zähne desselben noch tiefer in die Hand des Negers. Vor Schmerz laut brüllend, riß dieser sein Messer vom Boden empor und schnitt dem Tier
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