11 - Geheimagent Lennet auf der Insel des Schweigens
offensichtlich mit größtem Vergnügen. Porticci erklärte, die Aufgabe sei bald gelöst, und dann könne man in umgekehrter Richtung die 17 333 846 776 Millimeter (»und ein paar Stäubchen«, wie er gewichtig hinzufügte) zurücklegen, die sie auf der Reise von Paris hierher hinter sich gebracht hatten.
»Aber wir beanspruchen doch auch ein paar Quadratmillimeter«, protestierte Liane.
»Ich spreche von der Mitte des Tisches, an dem wir sitzen«, antwortete er.
Liane warf Lennet auffordernde Blicke zu. Er schien nicht die geringste Neigung zu haben, etwas zu unternehmen. Und doch mußte in wenigen Augenblicken das Flugzeug hier sein.
Aber um 13 Uhr brachte Goffic eine enttäuschende Antwort auf eine Blitzanfrage: Die Insel Papeete meldete, daß die Panne des Wasserflugzeugs doch schwerer sei, als man angenommen habe. Die Schiffbrüchigen müßten sich bis morgen gedulden.
Lennet wußte schon vorher, was die Nachricht besagte, und er beobachtete aufmerksam Porticci, als dieser sie las. Er wurde rot im Gesicht und gab dann allgemein die schlechte Nachricht bekannt. Lennet spielte eine Mischung aus Überraschung und Erleichterung, wobei er die anderen nicht aus den Augen ließ, um ihre Reaktion zu sehen. Plana verbarg seine Unzufriedenheit nicht im geringsten. Auch Baret zog die Augenbrauen zusammen.
Nur Madeleine Terran lächelte.
»Das ist aber fein. Da haben wir Sie ja noch länger hier bei uns!« sagte sie.
Und Henry Goffic rief: »Da kann ich Ihnen mein Lieblingslied so oft vorsingen, wie Sie nur wollen.«
Der Chefingenieur stand auf und verließ ohne weitere Worte den Raum. Plana und Baret folgten ihm. Goffic dagegen brachte seine Gitarre und schickte sich an, die Gäste mit seinem Gesang zu erfreuen. Sein Lied war eigentlich sehr hübsch. Aber leider sang er fürchterlich falsch und wiederholte jede Strophe, wobei er beim zweiten Mal eine Reihe von Schluchzern und Seufzern anbrachte. Dadurch wurde das Lied gleichzeitig trauriger und drolliger, als es beabsichtigt war. »Monsieur Goffic«, sagte Liane höflich, »ich bedaure Ihre Verlobte, die Ihr Lied nicht hören kann.«
»Aber sie kann es bald hören«, rief der Künstler begeistert. »Und dann heiraten wir, und ich kann es ihr von morgens bis abends und von abends bis morgens vorsingen.«
Nachdem die musikalische Einlage beendet war, äußerten Lennet und Liane den Wunsch, die Reste ihres Floßes noch einmal zu sehen. »Wir gehen aber allein«, sagte Liane bestimmt. »Wir wollen niemanden am Arbeiten hindern.«
Plana, der plötzlich aus dem Nichts auftauchte, erhob keine Einwände. Ohne Zweifel sagte er sich, daß er die beiden ohne weiteres mit dem Fernglas beobachten konnte. Als sie allein waren, fuhr Liane Lennet an:
»Was bist du denn für ein Geheimagent? Jetzt sind wir vierundzwanzig Stunden auf der Insel. In weiteren vierundzwanzig Stunden schmeißt man uns hier raus. Und wir haben noch nicht den geringsten Hinweis gefunden!«
»Das ist richtig«, gab Lennet zu. »Aber ich weiß nicht, wie ich es anfangen soll. Hast du eine Idee?«
»Ja«, fuhr Liane auf. »Ich habe Ideen. Und die erste besteht darin, daß du dich über mich lustig machst. Die Verspätung der Maschine war doch eingeplant. Oder nicht? Und morgen wird man feststellen, daß die Panne noch schlimmer ist und daß man die Ankunft bis in die nächste Eiszeit verschieben muß.«
»Für einen Anfänger in dem Geschäft nicht schlecht«, meinte Lennet.
»Und im Zentrum der Festung liegen die Geheimlaboratorien? Und die Türen sind so gut verborgen, daß man überall nur Mauern sieht. Deshalb können die Leute plötzlich auftauchen und verschwinden, als wären es Gespenster.«
»Mein lieber Freitag, du hast die Gabe des Zweiten Gesichtes.«
»Das braucht man gar nicht, um festzustellen, daß du viel mehr weißt, als du zugibst, und daß du viel weniger gerissen bist, als du behauptest.«
»Du drückst dich so elegant aus…«
»Und was hast du tatsächlich bis jetzt getan?«
»Nicht viel.«
»Aber es eilt. Du hast gehört, daß die Arbeiten bald abgeschlossen sind. Und dann sind alle Geheimnisse der Atropisten in der Hand des Feindes!«
Zischend sauste ein Pfeil an Lennet vorbei und bohrte sich in den Stein
»Möglich!«
»Ist das alles, was du dazu zu sagen hast? Armes Frankreich, wenn es keine besseren Geheimagenten hat.«
»Aber es hat glücklicherweise Amateure wie dich!«
»Und ich schäme mich nicht, mich dazu zu bekennen.
Du wirst immer noch überlegen,
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