11 - Geheimagent Lennet auf der Insel des Schweigens
gewiß. Der Gang, durch den wir gekommen sind, führt doch um das Zentrum herum.«
»Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber wir haben uns diese Frage noch nie gestellt. Ich denke, da ist gar nichts. Vielleicht sind es architektonische Gründe, etwa wegen der Stabilität…«
Es folgte ein Augenblick betretenen Schweigens. Es wurde jäh unterbrochen durch Leutnant Plana, der plötzlich neben den Besuchern auftauchte, ohne daß man hätte sagen können, woher er gekommen war. Er schien an diesem Morgen besonders sauer zu sein. Das war keineswegs erstaunlich, denn der Befehl, den er erhalten hatte, nämlich die Besucher keineswegs zu behandeln, als hätten sie die Pest, erschien ihm wie ein Angriff auf seine Aufgabe als Sicherheitsoffizier.
Dies um so mehr, als die Forschungsarbeiten der Atropisten fast beendet waren. Bereits in wenigen Tagen sollte alles erledigt sein. Lennet wußte dies, aber er hatte Liane noch nichts davon erzählt.
»Nun, wie steht’s? Haben Sie genug gesehen?« fragte Plana. »Was halten Sie von einem kleinen Spaziergang auf der Insel?«
»Gern«, entgegnete Liane. »Vor allem, wenn Sie uns die fliegenden Fische zeigen. Sind sie zahm?«
»Die Chancen, sie zu zähmen, stehen null zu hundert«, antwortete Porticci, der ebenfalls aus dem Nichts aufgetaucht war. »Wir studieren nur die Wirkung von Unterwasserexplosionen auf die Fische.«
»Und warum ist das so wichtig?«
Baret mischte sich ein: »Weil die fliegenden Fische für das Gleichgewicht des Lebens im Meer besonders wichtig sind. Wie Sie vermutlich wissen, macht Frankreich gelegentlich Versuche mit Unterwasserraketen. Und wir müssen herausfinden, ob sich der Abschuß solcher Raketen negativ auf das Meeresleben auswirkt.«
»Gut«, sagte Plana. »Nun wissen Sie genausoviel wie wir. Wie ist es jetzt mit dem kleinen Spaziergang?«
Der Chefingenieur und sein Sicherheitsoffizier setzten sich in Richtung Ausgang in Bewegung, und Lennet und Liane hatten gar keine andere Wahl, als ihnen zu folgen.
»Wir müssen leider arbeiten«, verkündete Porticci. »Sie müssen uns entschuldigen. Mittagessen ist pünktlich um zwölf Uhr. Ich hoffe, daß spätestens um 13 Uhr das Flugzeug kommt, um Sie abzuholen.«
Die jungen Leute sahen sich brüsk vor die Tür gesetzt.
Henry Goffic, der im Augenblick angeblich keine wichtige Arbeit zu erledigen hatte, bot sich an, sie zu begleiten.
Ganz offensichtlich auf einen Befehl Planas.
»Ich bringe Sie zum Gipfel der Insel«, meinte er. »Man hat dort einen wunderbaren Blick.«
Eine halbe Stunde später standen sie nach einem Aufstieg, der nur durch die Hitze etwas beschwerlich war, auf dem höchsten Punkt der Insel.
Diesmal erkannte Lennet die Form der Insel sofort wieder. Das Griffbrett der »Gitarre« verlief in nordwestlicher Richtung. Die kleine Festung, die so gut getarnt war, daß man sie nicht erkennen konnte, lag zwischen dem Griffbrett und dem Punkt, an dem sie sich jetzt befanden.
Auf der entgegengesetzten Seite, die den unteren Teil der Gitarre bildete, lag dichter und anscheinend undurchdringlicher Dschungel. »Kommen Sie oft da hinunter?« fragte Lennet.
»Nicht oft. Ich bin kein Jäger. Porticci geht dort manchmal auf Jagd, und Baret sucht dort nach Schmetterlingen. Manchmal auch Leutn…. ich wollte sagen: Plana, der für unsere Sicherheit verantwortlich ist.
Er wacht darüber, daß niemand dort landet.«
»Und was machen Sie zu Ihrer Zerstreuung?« wollte Liane wissen.
»Ich spiele Gitarre und singe.«
»Was singen Sie?«
»Meist bretonische Volkslieder. Mein Lieblingslied ist: ,Wer wartet auf mich im Land der Bretonen.’ Wenn Sie wollen, singe ich es Ihnen nach dem Essen einmal vor.«
Lennet prüfte weiter die Insel. Der südwestliche Teil, der der Insel Saturnin am nächsten lag, war seiner Meinung nach am besten für heimliche Treffen geeignet. Oder aber auch, um optische Signale zu geben, denn eine Landung dürfte wegen der versteckten Radar- und Sonaranlagen kaum unbemerkt möglich sein. Dagegen wäre an ein optisches Signal, etwa mit weitreichendem Laser, ohne weiteres zu denken.
Nach einem kleinen Umweg über den südlichen Strand, wo die Schiffbrüchigen zuerst gelandet waren und wo noch die Reste ihres Floßes lagen, kehrten sie in die Villa zurück.
Das Essen, zubereitet von Madeleine Terran, war ausgezeichnet. Vor dem Essen schlug Plana ein Gläschen Wermut vor. Die Gäste lehnten höflich ab, doch Plana, der Chef und Monsieur Baret genossen den Aperitif
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