Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
11 - Menschheitsdämmerung

11 - Menschheitsdämmerung

Titel: 11 - Menschheitsdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
Vom Netzwerk:
weitermachen und so tun, als wäre nichts geschehen. Gott hat mir gezeigt, was er davon hält. Ich müsste jede Sekunde an Jandro und meine Schuld denken. Ich liebe dich, Tom, aber ich werde dich verlassen. Wenn wir diese Observierung abgeschlossen haben, trennen sich unsere Wege.«
    Tom fühlte sich benommen. Er konnte nicht glauben, was er da hörte. »Aber – aber was willst du denn machen?«
    »Ich weiß es noch nicht.«
    »Ich werde den Schmerz, den du empfindest, nie von dir nehmen können. Aber wenn ich es könnte, würde ich es tun. Ich will nicht, dass du alleine deinen trüben Gedanken nachhängst. Ich will nicht, dass du mich verlässt. Wer weiß, wie viel Zeit uns noch bleibt? Sollte der Komet die Erde treffen, will ich in diesem Augenblick deine Hand halten, dir in die Augen sehen. Bitte, denk noch mal darüber nach! Bitte!«
    Sie antwortete nicht. Stattdessen wandte sie sich den Monitoren zu und verschwand wieder in ihrem Schneckenhaus.
    ***
    »Der Tag ist gekommen, an dem wir der Maschine die Kraft verleihen, die sie benötigt«, verkündete der Mann in Weiß. »Deshalb will ich euch etwas schenken – einen Vorgeschmack darauf, wie ich euch belohnen werde, wenn wir erfolgreich sind.«
    Die Augen der vier verbliebenen Brüder leuchteten erwartungsfroh. Sie hatten sich im Arbeitszimmer des jüngst verstorbenen Hausherrn versammelt. In unmittelbarer Nähe des Computers und somit des Zugangs zu nahezu unbegrenzten Informationen.
    »Voltan, tritt vor und knie nieder.«
    Der Indio gehorchte, ohne zu zögern.
    Mit einer Hand griff der Mann in Weiß in das DSL-Modem des Rechners und schickte sein Bewusstsein auf die Reise durch die Datenflut. Ohne dass Sicherheitssysteme ihn aufhalten konnten oder auch nur Alarm auslösten, drang er in das Netzwerk von CERN ein, durchsuchte die Verzeichnisse und stieß schließlich auf verschiedene Pläne der Anlage.
    »Empfange ein Stück der Glückseligkeit!« Mit der anderen Hand griff er dem Indio in den Kopf. Mit gezielten Impulsen stimulierte er die Hirnbereiche, die für das Empfinden von Lust, Glück und Zufriedenheit zuständig waren. Voltan seufzte wohlig auf.
    »Dies ist nur ein schwacher Abglanz dessen, was dich erwartet, wenn die Würdigen auf eine höhere Existenzebene steigen. Unsterblichkeit und ewig währende Glückseligkeit gehören euch. Doch nun empfange Weisheit!«
    Der Mann in Weiß leitete die Pläne von CERN in das Bewusstsein des Indios. Dort würden sie nicht lange Halt finden, höchstens zwei oder drei Tage, weil das menschliche Gehirn nur Selbstgelerntes auf Dauer verankerte. Auf diese künstliche Weise induzierte Erinnerungen jedoch waren flüchtig.
    Aber die kurze Frist reichte aus, um die Maschine an Ort und Stelle zu bringen. Dass mit jedem Eingriff, mit jeder Belohnung das Hirn einen Schaden davontrug, der die Indios auf lange Sicht als geistige Wracks zurücklassen würde, interessierte den Mann in Weiß nicht. Bald hätte er ohnehin keine Verwendung mehr für sie.
    Aber bis dahin …
    »Huracan, tritt vor und empfange eine Ahnung ewigen Glücks.«
    ***
    Spencer McDevonshire saß in Audric Guignards Büro und trank Kaffee. Er kam sich so schmuddelig vor wie noch nie in seinem Leben. Allerdings hatte er auch nie zuvor in seinem maßgeschneiderten Anzug auf einem Sofa in einem Nebenraum des Büros geschlafen. Die Hose sah genauso zerknittert aus, wie er sich fühlte.
    Alle drei Stunden hatte er sich mit seinem französischen Kollegen abgewechselt, um einen Monitor zu beobachten, auf den sie all ihre Hoffnungen setzten.
    Inzwischen waren wieder beide auf den Beinen. Vermutlich hielt Guignard die Nacht im Nachhinein genauso für Zeitverschwendung, wie McDevonshire es tat, doch keiner sprach es aus.
    Dabei war die Idee so gut gewesen! Bei dem digitalen Präsent , das Sanderson dem Mann in Weiß untergeschoben hatte, handelte es sich nämlich um einen Trojaner. Wann auch immer er sich in ein Netz loggte, ging eine Kopie seiner Tätigkeit automatisch an Guignards Computer.
    Zumindest hofften sie das.
    Doch mit jeder Minute, die verging, ohne dass sich auf dem Monitor etwas tat, wuchsen die Zweifel. Hatte man den Trojaner entdeckt? Ihn womöglich entfernt? Warteten sie auf ein Ereignis, das nie eintreten würde?
    »Ich hole mir ein Croissant«, ließ Guignard mit schläfriger Stimme vernehmen. »Willst du auch eines?«
    »Von mir aus dürfen es auch zwei sein«, entgegnete McDevonshire. »Gibt es in eurer Kantine so etwas wie Weingummis? Falls ja,

Weitere Kostenlose Bücher