11 - Menschheitsdämmerung
vorgeblicher Regisseur und würde ihnen mit seinen speziellen Fähigkeiten alle Türen öffnen, bis sie das Zentrum der Kraftquelle erreicht hatten. Dort mussten sie die Kugel nur noch verstecken und das Gelände auf Nimmerwiedersehen verlassen.
Auf den Einwand, man könnte die Weltuntergangsmaschine entdecken, zeigte ihnen ihr Herr Bilder der Kavernen, in denen die Teilchendetektoren ruhten: riesige Kathedralen unter der Erde, in denen sich unzählige Verstecke für ein fußballgroßes Gerät finden würden.
Alles ganz einfach also.
Zu einfach? Das würde sich zeigen.
So gefiel den Indios beispielsweise nicht, dass sie unbewaffnet das Gelände betreten sollten. Aber der Mann in Weiß ließ keine Diskussion zu. »Wenn man Waffen bei euch entdeckt, bevor wir unten sind, wird man euch festnehmen und unverzüglich hinausbringen.«
Als alle Brüder mit den theoretischen Grundzügen des Plans vertraut waren, machten sie sich daran, ihn in die Praxis umzusetzen. Mit dem Kleinbus fuhren sie bis zu dem Gelände, stellten ihn auf einem Besucherparkplatz ab und standen nun vor dem gläsernen Zugang der Rezeption.
Voltan musste sich eingestehen, dass ihn der Anblick des Areals enttäuschte. Die zahlreichen unterschiedlich hohen Gebäude, die Grünanlagen, die Zwischenwege und Straßen – all das erinnerte ihn an einen beliebigen Campus und nicht an das teuerste Forschungszentrum der Welt.
Die Tasche mit der Weltuntergangsmaschine, die an einem Riemen über seiner Schulter hing, schien ihn nach unten zu ziehen. Und das, obwohl sie nicht annähernd das Gewicht aufwies, das der Summe der vierzig aus Gold, Jade und Kristall gefertigten Einzelteile entsprach. Das einundvierzigste Teil, der fast gewichtslose Himmelsstein im Zentrum der Konstruktion war verantwortlich für dieses Phänomen.
Vermutlich waren es die neugierigen Blicke der wenigen Leute, denen sie begegneten – allesamt Wissenschaftler, wie Voltan annahm –, die ihm das Gefühl gaben, die Maschine müsse sich jeden Augenblick durch die Tasche brennen. Tatsächlich galten die Blicke aber eher ihnen als Filmteam und dem Mann in Weiß als dem extravaganten Second Unit Director .
Aus dem Rezeptionsgebäude trat jemand und strahlte sie an. Unzählige blonde Locken verliehen seinem Kopf eine kugelrunde Form. Er warf einen skeptischen Blick in den wolkenverhangenen Himmel, der die Schleusen erst vor wenigen Minuten wieder geschlossen hatte, und eilte mit ausgestrecktem Arm auf den Mann in Weiß zu.
Voltan atmete noch einmal tief durch. Zeit, seine Rolle zu spielen. Er schob sich dem Blondschopf in den Weg, schnappte sich dessen Hand und schüttelte sie zur Verblüffung des Mannes. Dann legte er ihm den anderen Arm um die Schulter, drehte sich mit ihm von seinem Herrn weg.
»Mein Name ist Rodrigo Cortez«, stellte er sich mit dem Namen vor, den ihr Herr im Computersystem von CERN hinterlegt hatte. »Rogelio Rivera, der Regisseur unseres Teams, ist ein wenig … nun, eigen . Er spricht nicht gerne mit Leuten, die er nicht kennt. Und berühren … oh, das geht gar nicht. Aberunser Boss schwört nun mal auf ihn. Wenn Sie also bitte dafür sorgen könnten, dass niemand sich ihm über Gebühr nähert.«
»Natürlich, äh … Mister … äh … Cortez.« Der Blondschopf wurde seiner Verwirrung erstaunlich schnell Herr. Wenn es ihn überraschte, es mit Indios zu tun zu haben, zeigte er es nicht. Er ließ Voltans Hand los, wandte sich dem vorgeblichen Filmteam zu und breitete die Arme aus. »Herzlich willkommen in unserer Anlage.« Geflissentlich versuchte er den Mann in Weiß nicht anzusehen. Er zeigte auf das Namensschild an seiner Brust. »Mein Name ist Professor Richard Martin.« Er sprach es französisch aus. »Ich werde die Führung leiten. Je nachdem, wohin es uns verschlägt, begleiten uns verschiedene Kollegen, die uns von ihren Aufgaben berichten.«
Nach den Anmeldungsformalitäten begleitete Professor Martin sie durch die einzelnen Stationen der Tour. Sie sahen Ausstellungen, miniaturisierte Versuchsaufbauten und ähnlichen Nonsens. Unterstützt von abwechselnden Professoren und Doktoren, die allesamt einen Gesichtsausdruck zur Schau stellten, als hätten sie Besseres zu tun, faselte Martin von Vakuumfluktuation, Antimaterie, dunkler Materie und Schwarzen Löchern. Er berichtete, dass das World Wide Web in CERN erfunden worden war, erzählte von den OPERA-Experimenten des letzten Jahres und von Neutrinos, die sich schneller bewegten als das Licht.
»Oder
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