11 - Menschheitsdämmerung
direkt zu euch geführt. Und nun stirb!«
Maria Luisa tauchte hinter Pauahtun auf, bewaffnet mit dem Brett, mit dem dieser den Commissioner ausgeschaltet hatte. Sie ließ es auf seinen Schädel niedersausen, doch der Glatzkopf spürte vermutlich den Luftzug und drehte sich im letzten Augenblick weg.
Erinnerungen an die Île de Ré flackerten in Tom auf. Dort war es der Spanierin gelungen, den Gegner mit einem Radkreuz auszuschalten. Diesmal jedoch war ihr kein Erfolg beschieden. Das Brett traf nur die Schulter des Indios und zersplitterte.
Pauahtun drehte sich um. Mit einer spielerisch leicht anmutenden Bewegung fing er Maria Luisas Hand ab, die nach ihm schlug. Er hob das Vibrationsmesser.
»Nein!«, schrie Tom. Auf dem Boden liegend, senste er dem Indio die Beine unter dem Leib weg. Die Klinge verfehlte Maria Luisa nur um Haaresbreite.
Pauahtun stürzte. Das Messer entglitt seinen Fingern und klirrte über den Asphalt. Dabei hinterließ es tiefe Furchen.
Tom sprang auf, ignorierte den Blitz, der durch seinen Schädel zuckte, und lief auf das Messer zu.
Er kam nicht weit. Der Griff des Indios schloss sich unbarmherzig um seinen Fußknöchel und brachte ihn zu Fall. Ehe er sich versah, stürzte sich Pauahtun mit vollem Gewicht auf ihn und presste ihm die Luft aus den Lungen.
Tom hob den Kopf, so weit es ging, da drückte der Indio ihn auch schon zurück auf den Asphalt. Er schmeckte Schmutz, atmete den Staub der Straße ein.
Das Vibrationsmesser! Es lag nicht weit vor ihm. Wenn er den Arm ausstreckte, konnte er es erreichen.
Fast.
Mit den Fingerspitzen berührte er den Griff, fühlte das Vibrieren, bekam die Waffe aber nicht zu fassen.
Da sah er über sich den Schatten. Gleichzeitig verschwand Pauahtuns Gewicht in Toms Rücken. Der Arm des Indios zuckte nach vorne wie eine beißende Schlange und schnappte sich das Messer.
Der Archäologe warf sich herum – und sah die Klinge auf sich zurasen. Im letzten Augenblick bekam er das Handgelenk des Indios zu fassen. Nur wenige Millimeter über seiner Nase verharrte das todbringende Ding.
Er glaubte die Vibration in jedem Körperglied zu spüren, doch dann fiel ihm auf, dass sie auf der Brücke lagen und ein Zug unter ihnen durchfuhr.
Toms Kraft ließ nach. Er versuchte den Indio von sich zu schleudern, aber er schaffte es nicht. Nicht mehr lange und die Klinge würde sich in seinen Schädel fressen.
Ein Schatten fiel über ihn.
Mit voller Wucht trat Maria Luisa Pauahtun in die Rippen und schaffte damit das, was Tom nicht vergönnt gewesen war. Der Indio überschlug sich zweimal und Tom hoffte, er würde sich dabei das Vibrationsmesser in den Bauch rammen.
Der Wunsch erfüllte sich nicht.
Stattdessen geriet die Spanierin durch den eigenen Schwung ins Straucheln. Sie stolperte und fiel Pauahtun, der sich gerade hochstemmte, direkt vor die Füße. Benommen blieb sie liegen.
Und Tom war zu weit entfernt, um noch etwas für sie zu tun. Er sah das hämische Lächeln im Gesicht des Indios, der die Klinge hob.
Tom hörte McDevonshires Ächzen, dann ein metallisches Scheppern und den Ruf: »Tom!«
Etwas Kaltes berührte seine Finger.
Die SIG Sauer, die der Commissioner ihm über den Asphalt zugeschleudert hatte. Sicher nicht der beste Umgang mit einer Waffe.
Tom schnappte sich die Pistole und feuerte einen Schuss ab, bevor der Indio mit dem Messer zustoßen konnte.
Dann noch einen.
Und noch einen.
Blut spritzte. Die Vibrationsklinge flog in hohem Bogen durch die Luft, über die Brüstung der Brücke hinweg und verschwand.
Genauso wie Sekunden später Pauahtun, der nach hinten taumelte und über die Begrenzung kippte.
Tom sprang auf und rannte zu der Stelle, wo Maria Luisa lag. Er starrte dem Zug hinterher, dem mit Autos beladenen Anhänger – und dem Indio, der verkrümmt auf der Motorhaube eines dieser Wagen lag – einem Jaguar.
»Ist er tot?«, hörte er McDevonshires Stimme neben sich.
Er wandte sich um und blickte in ein geschwollenes Gesicht.
»Ich weiß es nicht«, entgegnete er. »Warum haben Sie nicht selbst geschossen?«
»Eitelkeit«, gestand der Commissioner mit blutigem Lächeln. »Ich trage Kontaktlinsen. Durch den Schlag sind sie verrutscht, und ich hatte keine Zeit, sie zu richten.«
Tom half Maria Luisa auf die Beine. »Alles in Ordnung?«
Sie nickte stumm.
McDevonshire rief Guignard an. »Er schickt einen Einsatz- und Krankenwagen zum nächsten Bahnhof«, sagte er anschließend, »und lässt einen Trupp die Strecke
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