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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Eis um ihr Herz. Im dämmrigen Licht vom Eingang des Krankenhauses griff sie nach dem Bild und drehte es so, dass sie es ansehen konnte. Es zeigte ein kleines Mädchen - so blond wie ihr Bruder als Kind gewesen war -, das einen Plüschpanda an seine Wange gedrückt hielt. Sie lachte in die Kamera, als hätte sie keine Sorgen. Wahrscheinlich hat sie auch nicht gewusst, dass es anders war, dachte Jill, während sie das Bild betrachtete.
    Sie sagte: »Richard, du hast nie erwähnt, dass Sonia ... Warum hat mir das nie jemand gesagt? Richard! Warum hast du mir nicht gesagt, dass deine Tochter am Down-Syndrom litt?«
    Erst da sah er sie an. »Ich spreche nicht über Sonia«, erklärte er ruhig. »Ich spreche nie über Sonia. Das weißt du.«
    »Aber ich hätte es wissen müssen. Du hättest es mir sagen müssen. Das wärst du mir schuldig gewesen.«
    »Du hörst dich an wie Gideon.«
    »Ich bin aber nicht Gideon! Richard, warum hast du mit mir nie über sie gesprochen? Und was tut dieses Foto in meinem Wagen?« Der ganze Stress des Abends - das Gespräch mit ihrer Mutter, der Anruf aus dem Krankenhaus, die wilde Fahrt durch die Stadt - überwältigte Jill in diesem Moment. »Willst du mir Angst machen?«, schrie sie schrill. »Hoffst du, ich werde zustimmen, zur Entbindung ins Krankenhaus zu gehen und nicht zu meiner Mutter, wenn ich sehe, was mit Sonia los war? Legst du es darauf an, ja?«
    Richard warf das Bild nach hinten, wo es auf einer der Einkaufstüten landete. »Mach dich nicht lächerlich«, sagte er. »Gideon will ein Foto von ihr haben - Gott allein weiß, warum -, und ich habe das hier herausgesucht, um es neu rahmen zu lassen. Das ist notwendig, wie du bemerkt haben dürftest. Der Rahmen ist zerkratzt, und das Glas ... Du hast es ja selbst gesehen. Das ist alles, Jill. Mehr steckt nicht dahinter.«
    »Aber warum hast du es mir nicht gesagt? Ist dir denn nicht klar, auf was für ein Risiko wir uns da einließen? Wenn sie auf Grund eines genetischen Defekts am Down-Syndrom erkrankt war ... Wir hätten zum Arzt gehen können. Wir hätten Blutuntersuchungen machen lassen können, oder ich weiß nicht, was. Irgendwas auf jeden Fall. Stattdessen hast du mich schwanger werden lassen, und ich hatte keine Ahnung, dass eine Möglichkeit bestand ...«
    »Ich wusste es«, entgegnete er. »Es bestand überhaupt keine Gefahr. Ich wusste, du würdest die Fruchtwasseruntersuchung machen lassen. Und nachdem man uns gesagt hatte, dass alles in Ordnung ist - wozu hätte ich dich unnötig beunruhigen sollen?«
    »Aber als wir beschlossen, es darauf ankommen zu lassen, dass ich schwanger werde, da hättest du mich - ich hatte ein Recht darauf, denn wenn die Tests gezeigt hätten, dass etwas nicht stimmt, dann hätte ich entscheiden müssen ... Verstehst du denn nicht, dass ich von Anfang an hätte Bescheid wissen müssen? Ich hätte über das Risiko aufgeklärt sein müssen, um Zeit zu haben, darüber nachzudenken, falls ich gezwungen sein sollte, eine Entscheidung zu treffen ... Richard, ich kann es nicht fassen, dass du mir das verheimlicht hast!«
    »Fahr los, Jill«, sagte er. »Ich will nach Hause.«
    »Du glaubst doch nicht, dass ich das so einfach unter den Tisch fallen lasse!«
    Er seufzte und holte tief Luft. »Jill, mich hat eben ein Bus angefahren. Die Polizei vermutet, dass jemand mich absichtlich vor den Bus gestoßen hat. Das heißt, dass jemand mich töten wollte. Ich kann deine Erregung verstehen. Du behauptest, sie wäre berechtig, und ich bin bereit, das für den Moment so stehen zu lassen. Aber wenn du einmal einen Moment lang über deine eigene Nase hinausschauen könntest, dann würdest du begreifen, dass ich nach Hause muss. Mein Gesicht tut mir weh, ich habe Schmerzen im Arm und am Knöchel. Wir können jetzt hier im Auto eine Riesenauseinandersetzung starten, und ich lande wieder in der Notaufnahme, oder wir verschieben diese Diskussion auf morgen. Du kannst das halten, wie du willst.«
    Jill starrte ihn an, bis er den Kopf drehte und sie anblickte. Sie sagte: »Mir kein Wort von ihr zu sagen kommt einer Lüge gleich.«
    Sie ließ den Motor an, bevor er antworten konnte, und legte krachend den Gang ein. Er verzog sein Gesicht. »Wenn ich gewusst hätte, dass du so reagierst, hätte ich es dir gesagt. Glaubst du im Ernst, ich möchte, dass irgendetwas zwischen uns steht? Gerade jetzt, wo jeden Moment das Kind kommen kann? Glaubst du das? Mein Gott, Jill, wir hätten einander heute Abend beinahe

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