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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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der Panik passieren kann, der mit der Sprache nicht vertraut ist. Und als sie das laut weinend ausruft, umfasst Sarah-Jane Beckett den Türknauf und sagt: »Du Luder!«
    Mir scheint, dass sie in den Korridor hinausgehen will, wo der Lärm ist, aber das tut sie nicht. Vielmehr sieht sie sich nach dem Bett um, von dem aus ich sie beobachte, und sagt: »Nun werde ich wohl doch bleiben.«
    Bleiben, Gideon? Wollte sie denn weg? Wohin? Hatte sie vielleicht vor, in Urlaub zu fahren?
    Nein, ich glaube nicht, dass sie davon sprach. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass sie eigentlich vorhatte, ihre Stellung bei uns aufzugeben.
    Ist sie vielleicht entlassen worden?
    Das erscheint mir nicht logisch. Wenn sie wegen Inkompetenz, Unehrlichkeit oder irgendeiner anderen Verfehlung entlassen worden wäre, wieso hätte dann Sonias Tod etwas an der Situation ändern sollen? Aber so war es, Dr. Rose. Sarah-Jane Beckett bleibt bis zu meinem sechzehnten Lebensjahr meine Lehrerin. Zu diesem Zeitpunkt heiratet sie und zieht nach Cheltenham. Sie wollte also damals aus einem anderen Grund weg, der jedoch mit Sonias Tod hinfällig wurde.
    Heißt das, Sonia war der Grund für Sarah-Janes Absicht, zu gehen?
    Es scheint so. Aber ich habe keine Ahnung, was dahinter steckt.

6
    Im Doll Cottage, dem Häuschen, das Eugenie Davies bewohnt hatte, gab es einen Speicher, den Lynley und Barbara Havers ganz zuletzt aufsuchten. Durch eine Falltür im Flur neben dem Badezimmer zwängten sie sich in einen kleinen Raum unter dem Dach, in dem man sich nur kriechend fortbewegen konnte. Nirgends war ein Stäubchen zu entdecken; offenbar war jemand regelmäßig heraufgekommen, um sauber zu machen oder um die hier aufbewahrten Gegenstände durchzusehen.
    »Was meinen Sie?«, fragte Barbara, als Lynley an einer Schnur zog, die von einer Glühbirne an der Decke herabhing. Ein gelber Lichtkegel hüllte ihn ein, und der Schatten seiner Stirn verdunkelte seine Augen. »Wiley behauptet, sie hätte mit ihm sprechen wollen. Aber er brauchte doch nur die Zeiten, die er uns angegeben hat, ein bisschen zu manipulieren, und schon ist die Sache geritzt.«
    »Mit anderen Worten, Sie meinen, Wiley hat ein Motiv?«, fragte Lynley. »Hier ist nirgends auch nur eine Spinnwebe, Havers.«
    »Ich weiß. Staub ist auch keiner da.«
    Lynley strich mit der Hand über eine hölzerne Seekiste, die neben mehreren großen Kartons stand. Sie hatte eine Haspe zum Verschließen, aber kein Schloss. Er hob ihren Deckel an und warf einen Blick ins Innere, während Barbara zum ersten Karton robbte. »Drei Jahre lang bemüht er sich geduldig«, sagte er, »eine Beziehung aufzubauen, von der er sich mehr erhofft, als sie zu geben bereit ist. Sie bringt ihm widerstrebend bei, dass eine engere Bindung ausgeschlossen ist -«
    »- weil ihr Herz einem anderen gehört, der einen dunkelblauen oder schwarzen Audi fährt und mit dem sie sich auf dem Parkplatz gestritten hat?«
    »Möglich. Enttäuscht und wütend folgt er ihr nach London - Wiley, meine ich - und überfährt sie. Ja, so könnte es gewesen sein.«
    »Aber Sie glauben es nicht?«
    »Wir stehen noch ganz am Anfang, Havers. Was ist in dem Karton?«
    Barbara prüfte den Inhalt. »Klamotten.«
    »Von Eugenie Davies?«
    Sie nahm das erste Kleidungsstück heraus und hielt es hoch: eine Kinderlatzhose aus pinkfarbenem Cord, mit gelben Blumen bestickt. »Das wird der Tochter gehört haben.« Sie grub tiefer und hob einen ganzen Stapel Kleidungsstücke aus dem Karton: Kleidchen, Pullis, Schlafanzüge, Shorts, T-Shirts, Strümpfchen und Schuhe. Den Farben und Mustern nach alles Kleinmädchensachen. Sie packte sie wieder ein und wandte sich dem nächsten Karton zu, während Lynley sich über die Seekiste beugte.
    Im zweiten Karton fand sie Kinderbettwäsche und Spielsachen. Laken und Bezüge lagen ordentlich gestapelt zwischen einem Mobile, einer reichlich abgegriffenen Plüschente, sechs weiteren Stofftieren, deren Zustand verriet, dass sie entschieden weniger geliebt worden waren als die Ente, und der Seitenpolsterung eines Kindergitterbetts. Der dritte Karton enthielt Badeutensilien, von der Gummiente bis zum Kinderbademantel. Barbara wollte gerade eine Bemerkung darüber machen, wie makaber sie diese Andenken in Anbetracht des Schicksals des Kindes fand, als Lynley sagte: »Hier haben wir etwas Interessantes, Havers.«
    Sie blickte auf und sah, dass er ein Bündel Zeitungsausschnitte in der Hand hielt, den obersten bereits auseinander gefaltet, um ihn

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